CO2-Fu�abdruck berechnen - darauf sollten Unternehmen achten

Bild: Gerd Altmann/Pixabay

13.06.2023 - F�r viele Unternehmen ist ein Nachhaltigkeitsbericht mit CO2-Bilanz k�nftig Pflicht. Entscheidend f�r die Aussagef�higkeit sind anerkannte Methodenstandards, qualitativ hochwertige Daten, ausreichend Ressourcen sowie ein Dienstleister, der sich auskennt und praktikable L�sungen anbietet.

von B�rbel Edel

Bis zum Jahr 2050 will die Europ�ische Union klimaneutral werden und nimmt daf�r auch die Unternehmen in die Pflicht. Im November 2022 verabschiedete das EU-Parlament die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) . Demnach m�ssen ab 2025 alle in der EU b�rsennotierten Unternehmen f�r das Gesch�ftsjahr 2024 einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen. Zu den obligatorischen Angaben geh�rt auch eine Bilanz der Treibhausgasemissionen.

Die Berichtspflicht gilt au�erdem f�r alle nicht b�rsennotierten Betriebe, die zwei dieser drei Kriterien erf�llen: Eine Bilanzsumme �ber 20 Millionen Euro, Nettoumsatzerl�se �ber 40 Millionen Euro sowie mehr als 250 Besch�ftigte. Die Wirtschaftspr�fungs- und Beratungsgesellschaft KPMG sch�tzt, dass in der EU circa 50.000 Unternehmen betroffen sein werden, davon 15.000 allein in Deutschland. B�rsennotierte KMU k�nnen bis 2028 eine Ausnahmeregelung in Anspruch nehmen.

ExpertInnen gehen davon aus, dass die gesetzlichen Regelungen in Zukunft noch versch�rft werden. J�ngstes Beispiel ist der Gesetzentwurf der EU-Kommission gegen Greenwashing . Er sieht vor, dass Unternehmen Werbe-Claims zur Klimaneutralit�t k�nftig wissenschaftlich belegen und unabh�ngig pr�fen lassen m�ssen. F�r viele Unternehmen ist es k�nftig unerl�sslich, den eigenen CO2-Fu�abdruck zu kennen.

Der CO2-Fu�abdruck wird auch CO2-Bilanz oder Carbon Footprint genannt. Er gibt an, wie viele Tonnen an klimasch�dlichen Emissionen ein Untersuchungsobjekt verursacht - das kann zum Beispiel ein Mensch, ein Produkt oder ein Unternehmen sein. Dabei ist der Begriff CO2-Fu�abdruck eigentlich nicht ganz korrekt, denn zu den relevanten Treibhausgasen geh�ren neben CO2 zum Beispiel auch Methan oder Lachgas. Bei der Berechnung spricht man deshalb von CO2-�quivalenten (CO2e).

Anerkannter Standard: Das Greenhouse Gas Protocol

Viele Betriebe orientieren sich bei der Ermittlung des CO2-Fu�abdrucks am Greenhouse Gas Protocol (GHG-Protokoll) . Dieser Standard wurde von der UN im Nachgang des Kyoto-Klimaschutzabkommens definiert und ist laut Bayerischem Landesamt f�r Umwelt der am h�ufigsten genutzte Methodenstandard. Es unterteilt CO2-Emissionen in drei Bereiche, die so genannten Scopes:

Scope 1: Direkt erzeugte Emissionen, die durch die Nutzung eines Produktes entstehen. Dazu geh�ren zum Beispiel die Abgase des eigenen Fuhrparks oder Emissionen, die durch das Verbrennen von �l in einer Heizung entstehen.
Scope 2: Indirekte Emissionen aus eingekaufter Energie wie zum Beispiel Strom aus der Steckdose oder Fernw�rme.
Scope 3: Indirekte Emissionen innerhalb der vor- und nachgelagerten Wertsch�pfungskette. Hierbei handelt es sich um Emissionen, die zwar im Zusammenhang mit der Produktion entstehen, aber vom Unternehmen selbst nicht kontrolliert werden. Dazu geh�ren zum Beispiel eingekaufte Waren und Dienstleistungen, Pendelverkehr der Besch�ftigten oder die Entsorgung verkaufter Produkte.

Prinzipiell ermittelt man den CO2-Fu�abdruck eines Unternehmens, indem man alle Emissionen eines Jahres aus den drei Scopes erfasst und addiert. Zur Berechnung werden Verbr�uche wie zum Beispiel der j�hrliche Stromverbrauch in Kilowattstunden oder der Kraftstoffverbrauch in Litern mit dem jeweiligen Emissionsfaktor multipliziert. Der Emissionsfaktor gibt das Verh�ltnis zwischen der Masse eines emittierten Stoffes und der Masse eines Ausgangsstoffes an. Ergebnis ist der Aussto� an CO2-�quivalenten in Kilogramm bzw. Tonnen. Die Emissionsfaktoren wiederum sind in diversen Datenbanken zu finden. Als anerkannte Datenbanken gelten die GEMIS, die IPCC Leitlinien und ProBas. Viele Tools und Tabellen findet man auch auf der Website des Greenhouse Gas Protocols.

CO2-Fu�abdruck ermitteln: Make or buy?

Diese Berechnungen k�nnen prinzipiell auch in Eigenregie, nur mit einer Excel-Tabelle, durchgef�hrt werden. Franziska Kramer von der Nachhaltigkeitsberatung Plant Values nennt in einem Blogbeitrag die Vorteile einer solchen Vorgehensweise: Das Wissen bleibt im Unternehmen, dieses bleibt unabh�ngig von Dritt-Anbietern und die Mitarbeitenden werden f�r die Klimathematik sensibilisiert. Nachteile sind ein hoher zeitlicher und personeller Aufwand, vor allem wenn das n�tige Know How �ber die anerkannten Methodenstandards und die Beschaffung der Daten erst erarbeitet werden muss.

Der Outdoor-H�ndler Bergzeit erstellt seit vier Jahren eine Klimabilanz und hat daf�r bereits mit verschiedenen Dienstleistern zusammengearbeitet. Nachhaltigkeit ist schon seit Jahren ein Thema bei Bergzeit. Unter anderem besch�ftigt das Unternehmen mit Sitz in Otterfing bei M�nchen eine eigene Nachhaltigkeitsmanagerin. Im Jahr 2020 wurde Bergzeit durch EMAS , das Eco-Management and Audit Scheme der Europ�ischen Union, zertifiziert. "Im Rahmen unserer EMAS-Zertifizierung haben wir bereits viele Kennzahlen, wie zum Beispiel den Strom-, Gas- oder Wasserverbrauch, aber auch das Abfallvolumen ermittelt", erz�hlt Holger Cecco-Stark , Head of Facility & ECO Management bei Bergzeit und verantwortlich f�r die CO2-Bilanzierung. Auch Dienstfahrten wurden damals bereits erfasst. Diese Erhebungen hatten allerdings noch nicht den Umfang einer kompletten Klimabilanzierung, denn im Gegensatz zu Scope 1 und Scope 2 kann Scope 3 mit EMAS nur zu einem relativ kleinen Teil abgedeckt werden. Die erste vollst�ndige Klimabilanz hat Bergzeit im Rahmen eines Pilotprojektes mit "einem bekannten Klimabilanzierer" erstellt, doch Cecco-Stark war entt�uscht von der oberfl�chlichen und intransparenten Vorgehensweise des Dienstleisters, der seine Berechnungen vor allem auf Durchschnittswerte st�tzte: "Die Ergebnisse waren in vielen F�llen nicht nachvollziehbar f�r uns."

Diese Emissionen sollten Unternehmen ermitteln (Beispiele)

	als Onlineh�ndler	als Digital- und Marketingunternehmen
Scope 1: Direkte Emissionen	Gas- oder �lverbrauch f�r Heizung der B�ror�ume, Gas- oder �lverbrauch f�r Heizung der Lager, Treibstoffverbrauch des eigenen Fuhrparks	Gas- oder �lverbrauch f�r Heizung der B�ror�ume, Gas- oder �lverbrauch f�r Heizung der Lager, Treibstoffverbrauch des eigenen Fuhrparks
Scope 2: Indirekte Emissionen	Strom f�r B�ro- und Gesch�ftsr�ume (auch Klimaanlagen f�r Lager) Fernw�rme	Strom f�r B�ro- und Gesch�ftsr�ume (auch Klimaanlagen f�r Serverr�ume) Fernw�rme
Scope 3: Vor- und nachgelagerte Emissionen	Produktionsmittel und Investitionsg�ter Pendeln der Besch�ftigten Gesch�ftsreisen M�ll Eingekaufte Waren Paketversand zum Kunden Retourenversand Nutzung und Entsorgung der verkauften Produkte durch die Kundschaft	Produktionsmittel und Investitionsg�ter Pendeln der Besch�ftigten Gesch�ftsreisen M�ll Eingekaufte Waren Energieverbrauch durch vermittelte Dienstleistungen

Danach entschied sich Bergzeit f�r eine Excel-L�sung eines freien Anbieters. Nachhaltigkeits-Experte Cecco-Stark sch�tzt die "maximale Transparenz" einer solchen L�sung: "Ich gebe meine Verbrauchsdaten ein, sehe die zugeh�rigen CO2-Faktoren und erhalte dann mein Ergebnis." Allerdings wurde die Excel-Liste aufgrund der vielen Werte bald zu un�bersichtlich. Au�erdem w�nschte sich der H�ndler ein regelm��iges Reporting, wo er auf einen Blick sehen konnte, ob die jeweiligen Emissionen sanken oder stiegen und ob man dem Ziel einer Reduktion n�herkam.

Inzwischen arbeitet Bergzeit mit dem Dienstleister Gobal Climate mit Sitz in Stra�lach bei M�nchen zusammen. Dessen L�sung enth�lt unter anderem ein regelm��iges Reporting mit einer grafischen Aufbereitung der Ergebnisse. Cecco-Stark ist zufrieden: "Jetzt haben wir ein Tool, mit dem wir sehr einfach und gut arbeiten k�nnen. Es liefert uns auf Knopfdruck genau die Auswertungen, die wir brauchen und die uns nach vorne bringen."

Wichtig sind anerkannte Standards, hochwertige Daten und gen�gend Ressourcen

Worauf sollten Unternehmen, die noch ganz am Anfang stehen, achten? "Wichtig ist, dass man eine Logik hat, die sich an anerkannten Standards orientiert", sagt Florian Abel , Sustainability Officer beim Logistiker Hermes . "Das Greenhouse Gas Protocol gibt dabei den groben Rahmen vor", erkl�rt Abel. "Dar�ber hinaus gibt es noch industriespezifische Standards. In der Logistik ist das zum Beispiel des Global Logistics Emissions Council (GLEC)." Anerkannte Standards stellen sicher, dass die Berechnungen plausibel sind - und vor dem Hintergrund der Corporate Sustainability Reporting Directive der EU auch einer externen Wirtschaftspr�fung standhalten.

Eine weitere Herausforderung ist die Erfassung der jeweiligen Verbrauchsdaten und ihre Qualit�t. Online-Tools, die bei der Berechnung in erster Linie Durchschnittswerte heranziehen, sind Abel zufolge f�r eine konkrete Steuerung der CO2-Emissionen eher ungeeignet: "Mit Durchschnittswerten kann ich zwar grunds�tzlich meine CO2-Bilanz berechnen. Betrachte ich aber nur den Durchschnittswert, sehe ich nicht unbedingt, an welcher Stelle ich nachbessern muss oder wo eine Ma�nahme zur CO2-Reduktion erfolgreich war." Er nennt ein Beispiel: "Wenn ich meine CO2-Emissionen auf der letzten Meile in Berlin oder Hamburg nicht separat erfassen w�rde, w�rde ich nicht sehen, welchen Effekt es genau hat, wenn ich E-Transporter oder Lastenr�der einsetze."

Holger Cecco-Stark von Bergzeit betont, dass man f�r eine seri�se Klimabilanz nicht um eine sorgf�ltige Erhebung der Daten herumkommt: "Kein Dienstleister befreit mich davon, die Daten zu erfassen." Wichtig ist auch, dass die Unternehmensf�hrung dem Thema Nachhaltigkeit eine hohe Priorit�t einr�umt und ausreichend Ressourcen zur Verf�gung stellt. Bei Hermes sind etwa sind mehrere Personen f�r die CO2-Bilanzierung zust�ndig. Abel: "Nur, wenn sich alle im Unternehmen daf�r verantwortlich f�hlen, wird es klappen."

Amin Neises ist Gesch�ftsf�hrer der Nachhaltigkeitsplattform Waves . Seiner Ansicht nach sollten Unternehmen im Rahmen ihrer Klimabilanz unbedingt Ziele und geeignete Umsetzungsma�nahmen definieren - und die Ma�nahmen dann auch umsetzen sowie kontinuierlich die tats�chlich entstandenen Verbesserungen aufzeigen, zum Beispiel: "Alle unsere Logistik-Dienstleistungen sind ab dem Jahr 2030 klimaneutral. Dazu werden die erforderlichen Ma�nahmen festgelegt, budgetiert und zu den definierten Zeitpunkten verbindlich umgesetzt. Die Auswirkungen auf die Verringerung der CO2-Emissionen werden fortw�hrend aufgezeigt."

Im Onlinehandel spielt Scope 3 eine wichtige Rolle

Die Emissionen aus den Scopes 1 und 2 sind f�r Unternehmen relativ einfach zu ermitteln und auch zu beeinflussen. Anders sieht es mit den Emissionen aus Scope 3 aus, den indirekten Emissionen. Hier ist ein Betrieb auf die Daten Dritter angewiesen und auch die Einflussm�glichkeiten sind begrenzt.
Vor allem f�r Onlineh�ndlerInnen, die ihre Ware mit einem Versanddienstleister verschicken, spielt Scope 3 eine gro�e Rolle. �ber 90 Prozent der CO2-Emissionen fallen im Onlinehandel in Scope 3 an, sch�tzt Florian Abel von Hermes. Der Paketdienst hat ein eigenes Berechnungstool, mit dem er den CO2-Aussto� jeder einzelnen Paketsendung ermitteln kann - unter Ber�cksichtigung der jeweiligen Transportabschnitte. Seinen Gesch�ftskundInnen stellt Hermes dann den gesamten CO2-Aussto� ihrer verschickten Pakete zusammen. Hermes ist dabei nicht der einzige Paketdienst: Auch DHL erstellt f�r seine Kundschaft einen CO2-Report.

Digitalagenturen und Marketingdienstleister haben bei der Ermittlung ihres CO2-Fu�abdrucks und den Ma�nahmen zur Reduktion andere Schwerpunkte als H�ndler, die physische Waren versenden. Nachhaltigkeitsexperte Armin Neises erkl�rt: "Bei Agenturen stehen andere Fragen im Vordergrund: Wie schnell kann ich meine IT-Dienstleistungen konsequent mit erneuerbaren Energien betreiben oder wie kann ich meine Daten so komprimieren, dass die Verarbeitung weniger Energie verbraucht?"
"F�r uns als Onlineh�ndler war es erwartbar, welch gro�en Anteil die Versand-Emissionen ausmachen", sagt Holger Cecco-Stark von Bergzeit. Doch die Mitarbeiter-Mobilit�t spielt bei Bergzeit eine noch gr��ere Rolle: "Das ist ein Bereich, den viele andere nicht bilanzieren. F�r uns aber die gr��te Spielwiese, denn prozentual gesehen haben wir hier die meisten Emissionen."

F�r die Erfassung der Daten stellt Gobal Climate dem H�ndler eine App f�r die Mitarbeitenden zur Verf�gung. Dort k�nnen diese eintragen, wie lang der Arbeitsweg in Kilometern ist und wie sie zur Arbeit kommen: mit dem Fahrrad, dem Auto oder mit �ffentlichen Verkehrsmitteln. Um die Klimabilanz in diesem Bereich zu verbessern und den Umstieg auf alternative Verkehrsmittel zu erleichtern, setzt Bergzeit zum Beispiel auf Ma�nahmen wie einen Zuschuss zum 49-Euro-Ticket oder Rad-Unterst�nde mit Reparaturm�glichkeit. Von CO2-Kompensation - etwa durch Wiederaufforstungsprojekte - h�lt Cecco-Stark nicht viel: "Wir stecken jeden Cent in die eigene Optimierung."

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Bild: Benjamin Gebauer

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