Trends im Dialogmarketing

Mehr Sichtbarkeit für Dialogthemen

06.07.2023 - Wer die gesamte Klaviatur des Dialogmarketings bespielen will, muss breit greifen - reicht sie doch von postalischen Mailings bis hin zur Künstlichen Intelligenz. ONEtoONE hat ExpertInnen nach den Trends im Dialogmarketing befragt.

von Christina Rose

Auch durchweg positiv denkende Marketingverantwortliche würden das aktuelle Jahr 2023 als ein zumindest herausforderndes Jahr charakterisieren. Schließlich ist es geprägt durch anhaltende finanzielle und geopolitische Unsicherheiten auf allen Ebenen.

Die Herausforderungen wachsen auch durch einen zunehmendenNachwuchs- und Fachkräftemangel in den Unternehmen, gepaart mit Themen wie einer steigenden Erwartungshaltung bei KundInnen, ein deutlich komplizierter werdendes Kundenkontaktmanagement sowie einem wachsenden Trend hin zum Overmarketing. Denn kein Tag, keine Minute vergeht, ohne dass die KundInnen neue Mails, neue Posts, neue Pushnachrichten angezeigt bekommen.

Schon in den vergangenen Jahren haben sich die Entscheidungstragenden in der Dialogmarketingbranche - und damit auch die werbungtreibenden Unternehmen - mit einer wachsenden Zahl von herausfordernden Themen beschäftigen müssen. Und es werden mehr.

Eine wachsende Zahl von herausfordernden Themen für das Dialogmarketing


'Marketing-Automation, Fachkräftemangel und Regulierung beim permissionbased Marketing sind beherrschende Themen.' (Bild: Deutsche Bank AG)
'Marketing-Automation, Fachkräftemangel und Regulierung beim permissionbased Marketing sind beherrschende Themen.'

"Von der genderkonformen Ansprache - was ist gewünscht, ab wann wird es zu viel - über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz bis hin zum aktuellen Fachkräftemangel", fasst es Renata Dadic zusammen. Sie ist Head of MarTech, Media & Production bei der Deutsche Bank AG   und Vizepräsidentin Advertise des
Sie sieht eine multiple Problemlandschaft: "In Kombination mit einer stetig wachsenden Anzahl an komplexen Sachverhalten, die gefühlt alle gleichzeitig auf die Branche einwirken und teilweise mit manuellen Prozessen und Abstimmungserfordernissen verbunden sind, stellen sie eine echte Herausforderung für die Entscheidungstragenden in den Unternehmen dar."

Die eine einzige, die eine wahre Herangehensweise gebe es nach ihrer Erkenntnis für die Bewältigung dieser Fülle an Aufgaben nicht. Wichtig sei, den Überblick zu bewahren, die Punkte einzeln zu analysieren und Stück für Stück anzugehen, mahnt sie und gibt als zentrale Kriterien vor:

  • Welche Produkte/Formate sind betroffen?
  • Was sind die Wünsche und Erwartungshaltungen unserer Kundinnen und Kunden?
  • Zu welchem Zeitpunkt dürfen wir die einzelne Kundin, den einzelnen Kunden wo ansprechen und welche Voraussetzungen sind dafür zu erfüllen?
  • Wie können wir unsere Prozesse verschlanken und so für die Zukunft und die komplexe VUCA-Welt mit ihrer Volatilität, ihrer Ungewissheit, ihrer Komplexität und ihrer Mehrdeutigkeit (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity) besser gewappnet sein?

"Komplexe Themen führen zu großen Herausforderungen"


"In den kommenden Monaten erwarten die Dialogmarketing-Anwenderinnen und Anwender die Schwerpunkte weiterhin im Bereich Marketing Automation, verstärkt durch den anhaltenden Fachkräftemangel und der intensiven Regulierung im Bereich des permission-based Marketing", erklärt Renata Dadic.

Sie ist sich sicher: Ergänzt würden diese Themen etwa durch Identifikations-/Authentifizierungs-Möglichkeiten im EMail-Marketing, wie beispielsweise DMARC (Domain-based Message Authentication, Reporting and Conformance) beziehungsweise BIMI (Brand Indicators for Message Identification), um so "auch wirklich von den Kundinnen und Kunden wahrgenommen zu werden".

Ein weiterer Fokus der Dialogmarketingbranche werde sich in den Jahren 2023 und 2024 auf die modernen Datenplattformen richten. Renata Dadic: "Nur so ist es Unternehmen möglich, alle relevanten Informationen über Produkte, Themen und Kundinnen und Kunden zu sammeln, zu analysieren, zu visualisieren und in zielgerichtete Vertriebsmaßnahmen zu überführen." Mit der intelligenten Datennutzung würden konkrete Vertriebsmaßnahmen definiert, so dass die richtige Botschaft zum richtigen Zeitpunkt, über den richtigen Kanal an die richtige Zielgruppe ausgespielt werden könnten.

'Die Branche der Offline-Dialogdienstleister steht vor großen Herausforderungen. Es kommt zu Insolvenzen und Geschäftsaufgaben.' (Bild: Egro Direct Werbung GmbH)
'Die Branche der Offline-Dialogdienstleister steht vor großen Herausforderungen. Es kommt zu Insolvenzen und Geschäftsaufgaben.'

Wie bereits in den letzten Jahren nimmt die Transformation von einer reinen Offline-Welt hin zu einer Onlinewelt weiter Gestalt an, skizziert Martin Jacobi, Geschäftsführer der EGRO Direktwerbung GmbH   und Vizepräsident Reach des DDV. Die Gründe dafür sind
aus seiner Sicht vielfältig.

Zum einen verändere sich das Kommunikationsverhalten der Kundinnen und Kunden hin zu den digitalen (Dialog-)Kanälen. Aber auch steigende Preise im Offline-Geschäft würden den Wandel in der Branche treiben. Martin Jacobi sieht jedoch auch eine Entwicklung bei dem Verhältnis zwischen den Dialogmarketing treibenden Unternehmen und den Auftrag nehmende Dialogmarketing-Agenturen: "Hinzu kommt, dass Unternehmen Dienstleister verstärkt auf CPO-Basis vergüten wollen und damit ihr Geschäftsrisiko verlagern. Ein Großteil der Dialog-Dienstleister lehnt dies jedoch weiterhin ab", weiß er. Es bleibe also abzuwarten, ob sich diese Position gegen (noch) vereinzelte Abweichler halten wird.

Erste Insolvenzen unter den Offline-Dialogmarketern


Das Branchensegment der Offline-Dialogmarketer steht im Jahr 2023 und im kommenden Jahr 2024 vor großen Herausforderungen. Nach der wirtschaftlich schwachen Corona-Zeit kommt es jetzt mit etwas Verzug gefühlt zu ersten Insolvenzen und Geschäftsaufgaben. Martin Jacobi warnt: "Die Folgen des Ukraine-Kriegs und der steigenden Inflation tun ihr Übriges und führen dazu, dass einige Unternehmen jetzt wirtschaftlich am Ende sind."

Diese Entwicklungen werden sich nach seiner Einschätzung wahrscheinlich in den nächsten Monaten fortsetzen. "Auf Sicht fahren" sei das Gebot der Stunde vieler Unternehmen. Die Zustelldienstleister werden stark unter Qualitätsdruck geraten, da Personalressourcen hinten und vorne fehlen und die Kosten enorm weiter ansteigen. Gerade der angehobene Mindestlohn wirke hier als deutlicher "Neck Breaker".

"Auf Sicht fahren" ist das Gebot der Stunde für viele Unternehmen


"Um diese Hürden zu überwinden, bräuchte der Branchenzweig jetzt deutlich mehr Sichtbarkeit", so Jacobis Empfehlung: "Die Digital-Themen überfrachten alles, weshalb sich die exzellenten Vorteile der Hybrid-Werbeformen massiv den Werbetreibenden aber auch der Fachöffentlichkeit zeigen müssen." Er argumentiert: "Es braucht Werbeformate in eigener Sache ohne Tabus - von PRKampagnen über Messeauftritte und -formate bis hin zu digitaler Gattungswerbung."

'Die echte KI, die wir gerade erst kennenlernen, ist ein echter Gamechanger.' (Bild: Xing)
'Die echte KI, die wir gerade erst kennenlernen, ist ein echter Gamechanger.'

Apropos "alles überfrachtende Themen": Seit Jahren wird der Begriff der Künstlichen Intelligenz genutzt, um selbst einfache Algorithmen als Innovation zu bewerben. "Jetzt hat sie endlich ihren Durchbruch erlebt", jubelt Sebrus Berchtenbreiter, Geschäftsführer promio.net GmbH     und Vizepräsident Channels & Technologie des Deutschen Dialogmarketing Verbandes (DDV).

Er argumentiert: "Die echte Künstliche Intelligenz, die wir gerade erst kennenlernen, ist für viele Branchen ein Gamechanger. Im Digitalmarketing wird sie zunächst vor allem die Kampagnengestaltung und -steuerung beeinflussen." Oblag bis dato die Erstellung von Texten und dialogischen Werbemitteln den Kreativen, könne man mit algorithmenbasierten KI-Systemen wie ChatGPT oder Google Bard viele bisher nötigen Korrekturschleifen sparen und auf eine größere Datenbasis zurückgreifen, um die Performance der geplanten Kampagnen von Anfang an auf ein viel höheres Level zu heben.

"Künstliche Intelligenz ist im Dialogmarketing ein Gamechanger"


Er skizziert die KI-Zukunft des Dialogmarketings: "Die KI kann Kampagnen innerhalb von Sekunden konzipieren, zielgruppengerechter aussteuern, analysieren und die Performance damit um ein Vielfaches steigern." So entstehe ein Wettbewerbsvorteil für jeden, der mit ihr arbeitet. Das werde Auswirkungen auf die notwendigen Fähigkeiten aller Beteiligten haben. Wer die KI bedienen und mit ihr arbeiten kann, sei "klar im Vorteil", argumentiert der Promio.net-Geschäftsführer.

Anders herum werden Marketing-Automation-Anbieter, die meinen, ohne KI auszukommen, seiner Ansicht nach auf dem Markt keine Chance haben. Diese Entwicklung mache deutlich, welche grundlegende Veränderung es in den letzten Jahren im Dialogmarketing und dort insbesondere im EMail-Marketing - gegeben hat, die diesem Kommunikationskanal "einen zweiten Frühling beschert" habe.

"Viele aus der Marketingbranche haben in der Vergangenheit immer wieder das apokalyptische Ende der E-Mail prognostiziert. Passiert ist genau das Gegenteil. Warum? Aus meiner Sicht war die EMail-Branche den Fähigkeiten der Marketer immer ein Stück voraus", argumentiert Berchtenbreiter. Er klagt: "Die technologischen Möglichkeiten, die im Dialogmarketing in der Vergangenheit schon lange vorhanden waren, wurden kaum genutzt".

Das wird sich seiner Einschätzung nach künftig ändern. Er sieht eine Entwicklung bei der Anwendungskompetenz: Vielen Dialogmarketern seien in der Vergangenheit die Tools zu mächtig gewesen und zu komplex in der Bedienung. Die Digitalkompetenz der Marketingverantwortlichen habe allerdings in den letzten Jahren stark zugenommen, was das Problem auf Anwendungsseite entschärft habe.

Gleichzeitig haben Technologieanbieter ihre Software nutzerfreundlicher gestaltet. "Endlich agieren Technologie-Anbieter und Marketer auf Augenhöhe und können das Potenzial der neuen KI-Systeme auch ausschöpfen." Die breite Reaktion in der Branchenöffentlichkeit auf ChatGPT und die KI-Systeme von Google und Microsoft zeige augenscheinlich, "wie neugierig die Menschen darauf sind, Künstliche Intelligenz auszuprobieren und damit herumzuspielen."

Künstliche Intelligenz und der zweite Frühling des EMail-Marketings


Das angestaubte Image der E-Mail sei mittlerweile verflogen und ihre Möglichkeiten seien viel klarer geworden. Auch Corona habe diesen Trend unterstützt. Die Aktivitäten im Performanceund Content-Marketing hätten in den vergangenen Monaten und Jahren "massiv zugenommen."

Berchtenbreiter sieht einen positiven Trend für die Dialogmarketing-Branche und die in ihr arbeitenden Menschen: "All diese Maßnahmen führen am Ende zur Eins-zu-Eins-Kommunikation, um die Beziehung zu Leads und KundInnen zu intensivieren. Wir sehen, wie unsere Kundinnen und Kunden vermehrt auf die Automatisierung und Kombination der Kanäle setzen, wie E-Mail, Push-Notifications, SMS und Printmailings, für eine intensive Personalisierung ihrer Inhalte."

Was die Systeme der Künstlichen Intelligenz darüber hinaus noch alles können und in welchen Bereichen sie in den kommenden Monaten und Jahren Einfluss nehmen würden, sei schwer abzuschätzen und werde sich zeigen. "Sie wird diejenigen belohnen, die die technologischen Möglichkeiten im Sinne der Relevanz und des Mehrwerts für die empfangenden Zielgruppen ausschöpfen", so der Experte.

Im Jahr 2023 (und noch stärker im Jahr 2024) werden Dialogmarketing-Agenturen konfrontiert sein mit zunehmendem Wettbewerb, der Integration von Technologie, und Personalbeschaffung und -entwicklung, prognostiziert Sebrus Berchtenbreiter. Er ist der festen Überzeugung: Vor allem die Verwendung von Technologie fordere Dialog- und Kommunikationsdienstleister zunehmend heraus.

Agenturen und Dienstleister müssten zukünftig in der Lage sein, Daten effektiv zu nutzen, KI-basierte Tools zu implementieren und innovative Technologien einzusetzen, um ihre Arbeit effizienter und effektiver zu gestalten.

"All diese Herausforderungen eint das Thema 'Mensch sein'"


'Alle technologischen Themen vereint die Herausforderung, dem Faktor Mensch entsprechend Rechnung zu tragen.' (Bild: Kirsten Gabriel)
'Alle technologischen Themen vereint die Herausforderung, dem Faktor Mensch entsprechend Rechnung zu tragen.'

Alle diese herausfordernden Zukunftsthemen für die Jahre 2023 und 2024 vereint das Thema "Mensch sein", fasst es Kirsten Gabriel zusammen. Die Vorständin der Dialogmarketingagentur Jahns and Friends AG     und DDV-Vizepräsidentin für den Bereich Create ist überzeugt: Um talentierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen und sich somit der großen Herausforderung Fachkräftemangel zu stellen, müsse man als Agentur ein attraktiver Arbeitgeber sein.

"Das bedeutet nicht nur, einer ansprechenden Arbeitsumgebung inklusive aller Entwicklungen nach der Pandemie Rechnung zu tragen, sondern auch, Möglichkeiten zur persönlichen und fachlichen Weiterbildung, ein angenehmes Betriebsklima und eine gelebte Unternehmenskultur, die auf Wertschätzung und Empathie basiert, zu schaffen", zählt sie auf.

Zudem zeigten Studien, dass viele Prozesse der Personalrekrutierung nach wie vor zeitraubend und umständlich sind. Sie entsprechen weder den Anforderungen potenzieller BewerberInnen noch denen der potenziell einstellenden Unternehmen hinsichtlich Schnelligkeit, Agilität und einfacher Handhabung.

"Empathische Zusammenarbeit mit Kundenunternehmen sorgt künftig für Erfolg"


Bei zunehmendem Wettbewerb stehe auch eine partnerschaftliche, vertrauensvolle und empathische Zusammenarbeit mit den KundInnen im Fokus, um gemeinsam am Markt erfolgreich zu sein, argumentiert Kirsten Gabriel.

Die so wichtige kundenindividuelle Kommunikation könne nur mit einem tiefen Verständnis der Zielgruppe und einem echten Bauchgefühl kreativ umgesetzt werden. Gabriel: "Dabei sollte nicht nur auf Daten und Fakten vertraut werden, sondern auch auf die Erfahrung und Intuition des kreativen Teams gemeinsam mit den Kundinnen und Kunden. Nur so können Kampagnen entstehen, die wirklich zu den Bedürfnissen und Wünschen der Zielgruppe passen und diese auch emotional ansprechen."

Automatisierung und Algorithmen könnten zwar helfen, Daten zu analysieren und Prozesse zu optimieren, aber Empathie und kreatives Denken könnten sie nicht ersetzen. Am Ende seien eben die beteiligten Menschen entscheidend. Denn: "Auch KI-Tools sind kein Ersatz für Empathie", betont sie. Der iterative Prozess, das menschliche Feedback und der Austausch seien wichtig, damit die Empathie nicht verloren gehe und die Werbebotschaft auch wirklich bei KundInnen ankomme.

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Vorträge zum Thema:

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