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Renaissance der Rechenzentren

16.04.2001 - Teurer Absturz: Website-Ausfälle kosten die deutsche Wirtschaft 350 Millionen Mark

Der deutschen Wirtschaft ist im letzten Jahr ein direkter Schaden von rund 350 Millionen Mark durch den Ausfall ihrer Websites entstanden. Das ergibt eine Studie, die das britische Marktforschungsunternehmen Schema im Auftrag des Web-Service-Providers hostmark durchgeführt hat. Bitterer Beigeschmack: 2001 wird sich diese Summe nochmals verdoppeln.

Die Zahlen sind allerdings ungenau: Zum einen wurden nur Unternehmen untersucht, die bereits Sicherheitsvorkehrungen für ihre Web-Auftritte getroffen haben, zum anderen geben sie lediglich den direkten Umsatzverlust wieder. Verdorbene Waren, auf Dauer abgewanderte Kunden und Imageverlust gelten als weitaus höher zu beziffernde Schäden. Der Online-Auktionsanbieter eBay zum Beispiel musste nach einem Tag Website-Ausfall 46 US-Dollar je Aktie als Kursverlust hinnehmen, was einem Marktwert von rund fünf Milliarden Dollar entsprach.
Als Hauptursache für die Ausfälle gelten laut Studie Server-Überlastung, Ausfälle von Hard- und Software-Komponenten, Probleme mit den Netzwerkverbindungen und Stromausfälle. "Das betrifft insbesondere den Mittelstand", weiß Andreas Schnitzer, Marketingchef des Münchner Applica- tion Service Providers Einsteinet. "Der Mittelstand hat meist nicht die personellen und finanziellen Ressourcen, IT-Systeme hoch verfügbar und sicher aufzubauen und zu betreiben. Aber gerade der Deutsche will alles selbst machen, um es unter Kontrolle zu haben."

So arbeiten dann auch 95 Prozent der deutschen Site-Betreiber komplett ohne Sicherheitsbetreuung.
Und wenn sie zumindest eine Firewall installiert haben, wird diese nicht laufend gepflegt. Eigentlich verständlich, ist doch die Pflege der Sicherheitsinstallationen circa 3,5-mal so teuer wie die Site selbst - allen voran die Personalkosten, denn um einen 365-Tage-drei-Schicht-Betrieb zu gewährleisten, benötigt man mindestens fünf IT-Mitarbeiter.

Darum ist wohl auch eine Renaissance der guten alten Rechenzentren zu beobachten. Galten sie Mitte der 80er Jahre noch als reine Verarbeiter großer Buchungsmengen, heißen sie heute Internet Data Center (IDC) und haben Sicherheitsstandards, von denen sich Fort Knox eine Scheibe abschneiden könnte.
Die Zugangsvoraussetzungen für ein Rechenzentrum gehen von Codes und Chip-Karten bis hin zur Iriserkennung. Höchste Sicherheit gilt auch in Sachen Stromversorgung. Zwei verschiedene Stromlieferanten, gepaart mit Notstromaggregaten sind Standard. Hinzu kommen Stromumwandler für garantierten Spannungsverlauf. Ausgeklügelte Techniksysteme, wie Kühlungen zur Sicherstellung einer optimalen Betriebstemperatur und die angepasste Programmstruktur, sind heute so selbstverständlich wie die Rund-um-die-Uhr-Bewachung der Systeme durch eigens ausgebildete Fachleute.

Diese Sicherheit und Technik aber kostet Geld. Allein Einsteinet hat laut Eigenangaben seit 1999 rund 600 Millionen Mark in den Aufbau seiner Infrastruktur gesteckt. Die Direkt Anlage Bank AG in München (DAB) investierte im vergangenen Jahr rund 28 Millionen Mark in die Informationstechnologie, den Hauptteil davon in die Sicherheit. "Sicherheit ist und bleibt in unserem weit gefassten Sinne eine der herausragenden Anforderungen. Der Aufwand hierfür wird absolut nicht sinken, auf Basis der einzelnen Transaktionen werden die Kosten dafür allerdings geringer", erklärt Vorstandssprecher Matthias Kröner. Kein Wunder, kann doch eine Stunde Ausfallzeit des Servers schon mal rund 13 Millionen Mark ausmachen.

Nicht viel anders sieht es beim Online-Broker Comdirect in Quickborn aus. Auch hier setzt man auf ein eigenes Rechenzentrum, derart aufgerüstet, dass Ausfälle quasi ausgeschlossen sind. Feuer- und Katastrophenschutz-Einrichtungen, ausgeklügelte Firewall- und Sicherheitssysteme sollen vor Eingriffen von außen schützen. "Anfang des letzten Jahres hatten wir schon mal Schwierigkeiten, weil einfach die Server überlastet und darum langsam waren", erinnert sich Sprecher Andreas Bartels. "Damals haben wir mit IBM eine Capacity-on-demand-Lösung entwickelt, damit so was nicht wieder passiert."
Seitdem steht ein Kapazitätspuffer von mindestens 60 Prozent zur Verfügung. In den Spitzenzeiten des Internet-Booms wurden bei der Commerzbank-Tochter sogar die verfügbaren Telefonleitungen für den Internet-zugang knapp. "Quickborn ist nicht gerade Deutschlands Telekommunikationshauptstadt", lacht Bartels heute darüber. Aber als es passierte - nämlich die Telekom einfach abschaltete, weil die Knotenpunkte wegen Überlastung zu heiß wurden - war dem Online-Broker ganz anders zu Mute. "Die Kunden können ihre Geschäfte ja nicht einfach woanders abschließen, weil es Depot-gebundene Transaktionen sind. Wer handeln wollte, musste dies per Telefon oder Fax tun. Das war eine enorme Zusatzbelastung für unser Call Center." Auf derartige Erfahrungen kann die DAB nicht zurückblicken. Aber auch hier setzt man für den Fall des Falles auf ein eigenes Call Center, sozusagen als Fall-back-Lösung, denn rein auf das Internet will man sich auch in München nicht verlassen.

Wie die Online-Broker werden künftig immer mehr Unternehmen ihre Daten in IDCs verlagern. So jedenfalls sehen es die Researcher von Forrester, Gartner Group und Co. Sie gehen von einem Marktvolumen bis zu 25 Milliarden US-Dollar im Jahr 2004 weltweit aus. "Wenn wir bis 2003 in Deutschland die Milliardengrenze überschreiten, haben wir schon viel an Überzeugungsarbeit im Mittelstand geleistet", sieht Schnitzer indes den Markt differenzierter.
Fakt ist aber, dass laut Verband der Application Service Provider, dem ASP Konsortium e.V., die Nutzung von IDC und ASP binnen der nächsten 18 Monate allein in Deutschland um rund 35 Prozent zunehmen wird. Der Verband geht von einer Umsatzsteigerung um 300 Prozent auf rund 600 Millionen Mark im Jahr 2003 aus. cb

Application Service Providing (ASP) ist ein Dienstleistungskonzept für das Bündeln von Diensten wie: Bereitstellen von Anwendungen als Dienst; Wartung und Update von Anwendungen; Einrichten und Pflege von Benutzern; Kontrolle des Zugangs zu Anwendungen und Daten; Sicherstellen von Speicherplatz; Datensicherung und Virenschutz; Netzzugang; Online-Support und Helpdesk und ggf. auch Datenerfassung und Vermarkten dieser Dienstleis-tungsbündel an größere Nutzergruppen

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