Weltfrauentag

Recruiting: Was sich Frauen von ihren Arbeitgebern wünschen

07.03.2023 - Der Arbeitskräftemangel verschärft sich, damit steigen die Anforderungen an das Recruiting. Wie Frauen sich die Zukunft der Arbeit vorstellen und worauf sich Arbeitgeber einstellen müssen, um sie zu gewinnen und zu halten, zeigen diese Studien:

von Frauke Schobelt

Was Frauen bei der Wahl ihres Arbeitgebers besonders wichtig sind, analysierte die Studie "What Women Want @ Work" von Personaldienstleister ManpowerGroup   , für die 4.000 Frauen in Deutschland, den USA, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Italien und Skandinavien befragt wurden.

Vor allem wünschen sie sich demnach

  • eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf,
  • eine faire Bezahlung
  • und verständnisvolle Führungskräfte

Frauen haben konkrete Vorstellungen von der Zukunft der Arbeit, Unternehmen könnten es sich nicht leisten, ihre Wünsche und Erwartungen zu vernachlässigen, betont Iwona Janas , Country Managerin der ManpowerGroup Deutschland, mit Blick auf die Studienergebnisse. "Frauen erwarten von ihren Arbeitgebern mehr als das, was ihnen bisher geboten wurde. Sie erwarten, dass sich die Arbeit stärker an ihren Lebensumständen ausrichtet. Darauf müssen Arbeitgeber reagieren." Unternehmen sollten daher ihre Recruiting-Strategien anpassen, um Frauen für sich zu gewinnen und an sich zu binden.

Bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben und 4-Tage-Woche

Mehr Flexibilität und Ausgewogenheit stehen ganz oben auf der Wunschliste der befragten Frauen. 80 Prozent wünschen sich eine bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben. 35 Prozent geben an, dass sie 5 Prozent ihres Gehalts gegen eine 4-Tage-Woche eintauschen würden.

Als "bedenklich" stuft der Personaldienstleister den sich weltweit abzeichnenden Trend ein, dass viele Frauen auch nach der Pandemie nicht in den Beruf zurückkehren. Dabei ist die Bedeutung der Arbeitsplatzsicherheit gerade bei Frauen gestiegen (20 Prozent). Die Pandemie-Jahre haben sich auf Frauen viel stärker ausgewirkt als auf Männer. Obwohl Frauen nur etwa 39 Prozent der weltweiten Erwerbsbevölkerung ausmachen, mussten sie 54 Prozent der Pandemie bedingten Arbeitsplatzverluste hinnehmen. Zudem entfiel auf sie auch ein hoher Anteil an der Kinderbetreuung.

"Gerade für Frauen werden flexible Arbeitszeitmodelle wichtiger. Wir stellen uns darauf ein, fördern Frauen und bieten spezielle Programme an. Mehr als 50 Prozent unserer Führungspositionen sind in Deutschland mit weiblichen Führungskräften besetzt", so Janas. Mit rund 11.000 Mitarbeitenden und bundesweit 160 Standorten zählt die ManpowerGroup zu den größten Personaldienstleistern in Deutschland.

Beim Thema "hybrides Arbeiten" fällt auf, dass Frauen motivierter als Männer sind, ins Büro zurückzukehren. Im Vordergrund steht dabei ihr Bedürfnis nach sozialen Kontakten und Teambindung (41 Prozent). Allerdings machen sich Frauen, die häufig remote/hybrid arbeiten, sich häufiger Sorgen um ihr berufliches Fortkommen als ihre männlichen Kollegen. Neben der geringen gemeinsamen Zeit mit Führungskräften (37 Prozent) befürchten Frauen, durch die Arbeit im Home-Office bei Beförderungen nicht berücksichtigt zu werden (29 Prozent).

Faire Bezahlung entscheidend für Produktivität und Kündigungsrate

Frauen erwarten gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Sie werden aber nach wie vor oft schlechter bezahlt als Männer in vergleichbaren Positionen. Das wirkt sich der Erhebung zufolge direkt auf Produktivität und Kündigungsrate aus. 50 Prozent der Frauen geben an, dass sie ihr derzeitiges Unternehmen für mehr Gehalt und Benefits verlassen würden. 30 Prozent der Frauen würden ihren Arbeitgeber für eine bessere Work-Life-Balance wechseln. Zudem sagten 46 Prozent der Frauen, dass sich ein höherer Verdienst am positivsten auf die psychische Gesundheit auswirken würde, gefolgt von Benefits und einer geringeren Arbeitsbelastung.

Mangelnde Anerkennung durch Führungskräfte

Aus den Ergebnissen geht außerdem hervor, dass 80 Prozent der Frauen sich empathischere Vorgesetzte wünschen, die sie besser verstehen. Mehr als 40 Prozent der Befragten glauben nicht, dass ihr Vorgesetzter ihre Fähigkeiten oder ihr Potenzial richtig anerkennt. Das wäre aber besonders wichtig, denn nach der Pandemie achten viele Frauen stärker auf ihr mentales Wohlbefinden. Jede Dritte wünscht sich, dass ihre Vorgesetzten die Auswirkungen der Arbeitsbelastung auf ihre psychische Gesundheit stärker berücksichtigen. Für 19 Prozent der Frauen ist es zudem wichtig, dass ihre Vorgesetzten Verständnis für die Herausforderungen einer berufstätigen Mutter haben.

Forsa: Frauen wählen Teilzeit für die Familie, Männer eher für das Hobby

Was Arbeitgeber tun können, um wechselbereite Frauen zu gewinnen oder zu halten, zeigen auch zwei Studien von Forsa   im Auftrag des Job-Netzwerks Xing   zur "Job Happiness" und der Recruiting-Marke Onlyfy by Xing   zur Wechselbereitschaft. Demnach ist die klassische Rollenverteilung zwischen Männern und Frauen im Arbeits- und Privatleben auch 2023 weiterhin Alltag: Während zwei Drittel der Frauen, die in Teilzeit arbeiten, diese Entscheidung treffen, um Beruf und Familie besser zu vereinbaren (67 Prozent), sind Hobbys oder Nebenprojekte bei den Männern der wichtigste Grund für diesen Schritt. Nur 38 Prozent der befragten Männer in Teilzeit reduzieren ihre Arbeitsbelastung wegen der Familie, für Hobbys dagegen nehmen sich 42 Prozent gerne ein bisschen mehr Zeit - bei den Frauen gönnen sich gerade einmal 22 Prozent mehr persönlichen Freiraum.

Die oft größere Resilienz von Frauen zeigt sich auch bei einem anderen Thema: 31 Prozent der Männer arbeiten aus gesundheitlichen Gründen wie Stressmanagement weniger, bei den Frauen ist das lediglich für ein Viertel der ausschlaggebende Grund. "Frauen stecken im Arbeits- und Privatleben weiterhin zurück. Als klassische Multitasker schultern sie neben ihrem Job auch einen Großteil der Care-Arbeit und organisieren den Alltag der Familie. Dabei haben sie viele gute Gründe, sich selbstbewusster zu positionieren und auch ihre Stärken im Job mehr auszuspielen", sagt Petra von Strombeck CEO der New Work SE, Betreiber von Xing. "Hier liegt es auch an Unternehmen, Bedingungen zu schaffen, in denen weibliche Fachkräfte nicht nur gefordert, sondern vor allem auch gefördert werden."

Frauen unzufriedener mit Arbeitssituation - aber weniger wechselbereit

All dies hat Auswirkungen auf die Jobzufriedenheit. 17 Prozent der Frauen sind eher unzufrieden bzw. sehr unzufrieden mit ihrer derzeitigen beruflichen Tätigkeit, bei den Männern sind es hingegen 13 Prozent. Trotzdem wollen Frauen öfter als Männer langfristig bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber bleiben - und ihre Wechselwilligkeit hat sogar abgenommen. Während sich die generelle Wechselbereitschaft deutscher Beschäftigter, die im letzten Jahr um vier Prozentpunkte deutlich gestiegen war, mit 37 Prozent auf hohem Niveau stabilisiert hat, zeigen sich Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Männer sind einem Jobwechsel gegenüber generell positiver eingestellt: 34 Prozent sagen, dass sie offen sind, aber noch keine konkreten Schritte unternommen haben, wohingegen mit nur 28 Prozent eine leicht sinkende Anzahl der Frauen dieser Aussage zustimmt (Vorjahr: 33 Prozent). 63 Prozent der Frauen wollen sogar langfristig bei ihrem jetzigen Arbeitgeber bleiben (Vorjahr: 59 Prozent), bei den Männern liegt der Wert bei 58 Prozent.

Frauen gegenüber Stress im Job resilienter als Männer

Während wechselwillige Männer überwiegend wegen des Gehalts einen anderen Arbeitgeber in Erwägung ziehen würden (Männer: 53 Prozent, Frauen: 40 Prozent), wäre für Frauen das Stresslevel der entscheidende Faktor: 42 Prozent der wechselwilligen Frauen sind offen für einen neuen Job, da sie zu viel um die Ohren haben (Männer 33 Prozent, 9 Prozentpunkte weniger). Darüber hinaus sind wechselwillige Frauen mit ihrer direkten Führungskraft (37 Prozent) unglücklicher als Männer (25 Prozent), aber auch mit ihrer derzeitigen Arbeitsaufgabe (Frauen: 32 Prozent, Männer, 26 Prozent).

"Frauen fühlen sich deutlich gestresster als Männer. Das ist bei der Doppelbelastung durch Job und Familie kein Wunder. Trotzdem scheinen sie offenbar resilienter beim Umgang damit zu sein", sagt Petra von Strombeck. "Denn Stress, aber auch die Unzufriedenheit mit schlechter Führung oder uninteressanten Aufgaben, ist für sie deutlich seltener als für Männer ein Grund, tatsächlich einen Arbeitgeber zu verlassen oder in Teilzeit zu gehen." Gerade arbeitende Mütter hätten ein hohes Stresslevel als Teil ihres Lebens akzeptiert. Für sie ist es oft aufwändiger, etablierte Prozesse wie Kinderbetreuung durch einen Jobwechsel neu organisieren zu müssen. "Die Corona-Pandemie hat hier für eine Menge zusätzliche Belastung gesorgt - viele fühlen sich einfach erschöpft und wollen sich nicht noch mehr aufbürden. Aber das darf keine Dauerlösung sein."

Frauen stellen ihr eigenes Licht unter den Scheffel

Dieses Engagement der Frauen für andere schlägt sich auch in der Berufswahl nieder. Deutlich mehr Frauen als Männer haben das Gefühl, mit ihrer Arbeit einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten (Frauen: 71 Prozent, Männer: 59 Prozent). Nur 41 Prozent der Frauen machen ihn vor allem wegen des Geldes, bei den Männern sind es über die Hälfte (53 Prozent). Allerdings schätzen sie auch den Wert ihrer Arbeit geringer ein: Nur 33 Prozent würden in diesem Jahr nach einer Gehaltserhöhung fragen, weil sich durch den Fachkräftemangel ihr Stellenwert erhöht hat, während Männer von sich deutlich überzeugter sind (42 Prozent). Und lediglich 22 Prozent der Frauen glauben, dass sie unter Marktwert bezahlt werden, bei den Männern ist es ein Drittel (32 Prozent).

Auf der Wunschliste von Frauen steht Flexibilität ganz oben


Die Forsa-Studien bestätigen die Umfrageergebnisse der Manpower Group. Danach befragt, was ihnen ein neuer Arbeitgeber bieten sollte, legen Frauen mehr Wert auf "weiche Faktoren" als Männer: Sie achten vor allem auf guten Zusammenhalt unter den Kollegen (Frauen: 77 Prozent, Männer: 65 Prozent), flexible Arbeitszeiteinteilung (Frauen: 69 Prozent, Männer: 62 Prozent), Remote Work (Frauen: 47 Prozent, Männer: 42 Prozent) oder Engagement für das psychische Wohlergehen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Frauen: 44 Prozent, Männer: 31 Prozent). Auch wenn es darum geht, was einen potenziellen Arbeitgeber für sie attraktiver machen würde, haben die Geschlechter unterschiedliche Prioritäten. Homeoffice wünschen sich 54 Prozent der Frauen, aber nur 48 Prozent der Männer. Auch mit Angeboten für die Kinderbetreuung können Unternehmen punkten: Sie stehen auf der Wunschliste von Frauen mit 21 Prozent deutlich höher als auf der von Männern (15 Prozent).

Die Liste der No-Gos, die Beschäftigte trotz besserer Bezahlung davon abhalten würde, sich bei einem Unternehmen zu bewerben, führt in beiden Fällen ein schlechter Führungsstil an. Frauen sind hier allerdings noch kompromissloser (82 Prozent) als Männer (77 Prozent). "Die Bedürfnisse von Frauen kommen auf dem Arbeitsmarkt weiterhin zu kurz. Dabei brauchen wir weibliche Fachkräfte und Beschäftigte, die in Vollzeit statt Teilzeit arbeiten, so dringend wie nie zuvor", so Petra von Strombeck. "Hier müssen Wirtschaft und Gesellschaft Mittel und Wege zum Gegensteuern finden - und zwar dringend."

Für die Wechselbereitschafts-Studie von onlyfy by Xing wurden im Januar 2023 3.216 volljährigen Erwerbstätigen (Arbeitende und Angestellte) in Deutschland sowie in Österreich (N = 501) und der deutschsprachigen Schweiz (N = 1.007) befragt. Für die Job-Happiness-Studie befragte Forsa für Xing im Oktober 2022 insgesamt 3.042 erwerbstätige Personen ab 18 Jahren in Deutschland.

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