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Digitale Transformation

Digitale Transformation: Warum nur agile Marketingabteilungen überleben werden

27.11.2017 - Vom Shitstorm bis zu neuartigen Methoden wie Newsjacking: Online-Marketing muss heute in Echtzeit reagieren können, sonst scheitert es. Der Schlüssel zum Erfolg ist agile Organisation. So geht's.

von Joachim Graf

Digitale Transformation lässt sich nicht an Agilität vorbeidenken: Will ein Unternehmen seine Prozesse und Produkte digitalisieren, so muss dem eine Innovationskultur zugrunde liegen, die von flexiblen agilen Strukturen getragen wird - oder mit anderen Worten: Will ein Unternehmen richtig digital werden, statt nur halbgar, muss es zuerst seine DNA agil machen. Das hat einen einfachen Grund.

Denn Digitalisierung ist kein abgeschlossener Prozess, sondern ein Fluss. Holt man sich also einen Experten ins Haus, der mal eben die digitale Transformation abwickelt oder beauftragt man damit eine interne Abteilung, so wird das Vorhaben scheitern. Denn die Transformation darf nicht an ein internes oder externes Expertenteam abgeschoben werden. Sie muss von einem durch und durch agilen Unternehmen ständig neu angestoßen werden, wie ein Perpetuum mobile. Und nirgendwo gilt dies so sehr wie im Marketing.

Deutschland steht noch am Anfang


Gerade der Bereich Online-Marketing, welcher eine Vielzahl von Kanälen umfasst, die sich je nach Kampagne und Strategie erheblich unterscheiden, "schreit förmlich nach Agilität und Flexibilität", sagt Eduard Wensler von der Agentur Cybay   gegenüber iBusiness. Für Andreas Dürr, Chief Marketing Officer Brandmaker   , Anbieter von Marketing-Resourcemanagement-Systemen, stellt "die inflationäre Zunahme von Kommunikationskanälen ganz neue Herausforderungen an die zielführende Allokation von Budgets und Ressourcen." Die zunehmende Bedeutung sozialer Medien stelle zudem das klassische Kommunikationsprinzip von Sender und Empfänger infrage. Schließlich seien "Unternehmen heute Sender und Empfänger zugleich". Für Eduard Wensler ist deshalb insbesondere Social-Media-Marketing prädestiniert für agiles Marketing : "Agiles Marketing ist quasi Pflichtprogramm bei Social Media". Schließlich erfordere es eine Real-Time-Kommunikationsstrategie, "um Problemfälle schnell zu lösen". Besonders bei Live-Kampagnen müssten Unternehmen auf das jeweilige Ereignis zügig reagieren.

Einen weiteren wichtigen Grund für Agilität im Marketing sieht Andreas Dürr in der besseren Messbarkeit von Ergebnissen, die immer schnellere Beurteilung der Erfolge einzelner Maßnahmen zulassen. Das führe letztlich dazu, dass "in immer kürzeren Zyklen geplant - und vor allem nachjustiert - wird", beschreibt es Dürr. Ins gleiche Horn bläst Alexander Holl, Geschäftsführer der Münchner Agentur 121WATT   , für den Daten der größte Treiber für das Thema Agilität in Unternehmen sind. Der Prozess vom Test zur Messung zur Analyse und zur Optimierung hat als Kernstück immer den Aspekt der Datenanalyse. "Und im Bereich Messung im Vergleich zu den 90er-Jahren sind wir vom Fahrrad in einen Jumbojet umgestiegen", meint Holl.

Die Amerikaner sind Vorreiter bei dieser Entwicklung. Dort wird über 'agiles Marketing' schon seit längerem gesprochen, in Deutschland, so Dürr, werde es seit ein, zwei Jahren zumindest diskutiert. Allerdings beruhe das Grundprinzip von agilem Marketing darauf, sich fortlaufend an geänderte Rahmenbedingungen und an das tatsächliche Kundenverhalten anzupassen. Bei genauerem Hinsehen umfasse Agilität auch "die Anpassung an lokale Marktverhältnisse und individuelles Kundenverhalten - das wiederum ist eine Domäne von uns Europäern mit unseren vergleichsweise heterogenen Heimatmärkten", ist sich Dürr sicher.

Für Wensler haben deutsche und langjährig etablierte Unternehmen "die ständige Geschäftserwartung eine 'sichere' Investition zu tätigen und eine 'garantierte' Rentabilität zu erwirtschaften." Genau diese Unternehmen besitzen eine verkrustete Struktur. Das zeichnet sich durch langwierige Prozesse, Entscheidungsunfreudigkeit und undefinierte Ziele aus. "Flexibilität, geschweige denn Agilität ist in diesen internen Unternehmensstrukturen nicht zu erwarten", prognostiziert Wensler. Aus seinem Tagesgeschäft berichtet er, dass Agentur-Kunden, insbesondere aus Konzernen, von Agenturen flexible Lösungen, smarte Arbeitsprozesse und knappe Deadlines erwarten. Die Erwartungshaltung gegenüber der Agentur ist überwiegend vorprogrammiert: "Agilität, Flexibilität, Schnelligkeit und Priorisierung wird eingefordert", ärgert sich Wensler. Kleine bis mittelständische Agenturen haben den Vorteil, die Abstimmungswege kurz zu halten und Entscheidungen schnell zu fällen.

Laut Einschätzung von Alexander Holl ist das Thema Agilität in Marketingabteilungen hierzulande bisher nicht wirklich von Bedeutung. Ihm zufolge arbeiten Marketingteams immer noch gerne deterministisch mit klassischem Projektmanagement. Das beste Beispiel für einen eher projektorientierten Ansatz sei im digitalen Bereich der Relaunch. "Digital agierende Unternehmen arbeiten auf Basis von agilen Philosophien wie Kaizen, um zu einer kontinuierlichen Optimierung, z.B. der Website oder AdWords zu kommen", so Holl.

Agilität kann ganz unterschiedliche Ausprägungen haben. Im ursprünglichen Verständnis der fortlaufenden Nachjustierung ist das Thema laut Dürr "bislang mehr in den B2C-Industrien angekommen als im Bereich B2B". Im B2B-Geschäft stehe eine andere Ausprägung von Agilität im Vordergrund: die flexible Anpassung der Kommunikation an die lokalen Bedürfnisse im jeweiligen Markt ist für Branchen wie den exportorientierten deutschen Maschinenbau schon ein "must have" gewesen, bevor das Wort "agil" in Mode kam. Aber auch alle anderen dezentralen Handelsstrukturen müssen sich agil an die Anforderungen der regionalen Marktverhältnisse anpassen. Stichwort sei hier Lokal-Area-Marketing, berichtet Dürr.

In der digitalen Kommunikation bedienen sich mittlerweile zahlreiche Unternehmen der Strategien agilen Marketings. Als Paradebeispiel aus dem Social-Media-Marketing gilt der Dunk in the Dark   -Tweet der Firma Nabisco/ Oreo. Das US-amerikanische Unternehmen reagierte innerhalb von acht Minuten auf einen Stromausfall beim Superbowl mit einer kreativen Twitter-Message ("Oreos kann man auch im Dunkeln tunken") und sorgte damit für eine enorm hohe Viralität im sozialen Netzwerk.

Ein weiteres Vorzeige-Beispiel für agiles Marketing ist für Klingberg die Viral-Wette einer deutschen Studentin, die das Unternehmen Neckermann Reisen   herausforderte, mit einem Facebook-Post 75.000 Likes zu erhalten. Für den erfolgreichen Abschluss der Wette forderte sie einen gesponserten Urlaub. Neckermann ging darauf ein. Das erstaunliche Ergebnis: in 14 Stunden erzielte die Studentin 133.000 Facebook-Likes und wurde von Neckermann zu einem bezahlten Urlaub eingeladen. "Aktionen wie diese sorgen für enorm viel Reichweite und sind für Unternehmen eine perfekte Option Werbung zu betreiben", beschreibt Klingberg. Ein sehr positives Feedback der Community und zahlreiche Nachberichterstattungen auf Onlinemagazinen zur Viral-Wette gradierten Neckermann zum Marketingprofi.

Die ersten Erfahrungen mit agilen Methoden sind für Alexander Holl "sehr positiv, aber auch noch relativ jung." Vorteile sind vor allem die Schnelligkeit, in der etwas umgesetzt werden kann und die Reduktion der Komplexität, da große Projekte in kleinere Schritte unterteilt werden. Im agilen Management nennt man ein jedes Teilprojekt einen Sprint. Für jeden Sprint werden klare KPIs festgelegt, sodass nach der Implementierung auch der Erfolg gemessen und Rückschlüsse gezogen werden können. Ein weiterer Vorteil sei die Option, effektiv zu priorisieren.

Erste eigene Erfahrungen mit agilen Methoden im Agenturgeschäft hat Wensler gemacht. Bei Cybay werden je nach Projektumfang und -verlauf die Projektmethoden Scrum und Kanban angewendet. Dabei eigne sich Scrum hervorragend für umfangreiche Projekte, bei wiederkehrenden Aufgaben sei die Kanban-Methodik die bessere Wahl. Die Teamgröße variiere zumeist je nach Projektvolumen und Priorität und erweitere sich flexibel.

Zentrale Voraussetzungen für Agilität sind "Transparenz, Flexibilität und Geschwindigkeit", beschreibt Dürr. Marketingpläne werden nicht im letzten Quartal des Vorjahres für das kommende Jahr in Stein gemeißelt, sondern in viel kürzeren Intervallen geprüft, hinterfragt und angepasst. Werbemittel werden nicht einmal erstellt und dann über einen Lebenszyklus hinweg unverändert verwendet, sondern geben nur einen Rahmen vor, der mit wechselnden Inhalten individuell befüllt wird. "Und zwar nicht in einer zentralen Marketingabteilung, sondern dort, wo das Unternehmen seine Kunden tatsächlich trifft", erklärt er weiter. Die Erfolgskontrolle passiert immer weniger in einer vorgegebenen Frequenz, sondern immer mehr fortlaufend in Echtzeit. Das sieht auch Eduard Wensler so: "Agiles Marketing kann nur dort stattfinden, wo Real-Time-Marketing zum Unternehmensprozess entwickelt wird". Um schneller auf aktuelle Ereignisse reagieren zu können sind Abstimmungsprozesse im Unternehmen zu vereinfachen, zu beschleunigen und den Mitarbeitern eindeutige Rollen, Kompetenzen und Freiheiten einzuräumen.

Und das gilt nicht nur für die Marketingabteilungen in Unternehmen. Ursprünglich kommt das Grundkonzept des agilen Managements aus der IT-Branche. IT-ler stellten einmal Regeln auf, wie Softwareentwicklung vonstatten gehen sollte, damit sie innerhalb eines für alle Seiten angenehmen Prozesses zu exzellenten Ergebnissen führt. "Dieses Konzept kann und muss vielleicht sogar auf jede Abteilung eines Unternehmens übertragen werden", erörtert Alexander Holl. So führe die Entwicklung von Produkten, Marketingkampagnen, Apps etc. in Silos und die Organisation in funktionalen Teams im Datenzeitalter zu lähmenden Projektlaufzeiten, während einen die technologischen Möglichkeiten und Anforderungen schon von links und rechts überholt haben.

Die vollständige Analyse ist bei iBusiness kostenfrei abrufbar.

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