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Beate Rotermund 1919 - 2001

30.07.2001 - Uwe H. Drescher über die verstorbene Beate Rotermund, Gründerin der Beate Uhse AG

Von Uwe H. Drescher
Das erste Mal in meinem Leben erlebte ich Beate als Sprecherin auf der Direktmarketing- und Mail-Order-Konferenz im Luzerner Duttweiler-Institut. Walter Schmid, Mitbegründer dieser Konferenz, entwickelte seine Idee später zu dem legendären Montreux Symposium. Beate referierte über das Thema, das damals die Gemüter bewegte: Was war zuerst da - die Henne oder das Ei? Der Kampf um die Vormacht, Stationärhandel versus Versandhandel. Sie brachte die Unterschiede auf den Punkt. Stationär und Versand sind zwei unterschiedliche Welten, die nur schwer miteinander in Einklang zu bringen sind. Schon damals, Mitte der 70er Jahre, war sie eine der erfolgreichsten Unternehmerinnen in Deutschland.

Immer wurde sie in die Ecke der Schlüpfrigkeit gestellt, des Unanständigen. Basierend auf einer Prüderie, die auch bedingt durch die katholische Kirche bis heute jede Liberalisierung der Sexualität unmöglich machte. Vieles ist sicherlich auch nicht mein Ding, aber eines ist gewiss: Konrad Adenauer brachte den Deutschen ihren Stolz zurück, und Beate Rotermund reduzierte deren sexuelle Verklemmtheit.
Beate Rotermund war eine große unternehmerische Persönlichkeit. Sie führte ihr Unternehmen streng von der Zahl. Sie tat das konsequent unter wirtschaftlichen Prämissen. Nicht anders als Grete Schickedanz, die, als sie in ihrem Katalog Ehe-Hygiene-Artikel - Kondome - entdeckte, Herrn Bittlinger fragte: "Müssen wir derartige Artikel in unserem Sortiment haben?" Worauf Herbert Bittlinger antwortete: "Gnädige Frau, würden Sie bitte einen Blick auf die Zahlen werfen!" Und Grete Schickedanz antwortete: "Können wir nicht noch zwei weitere Doppelseiten mit diesem Sortimentsbereich bestücken?"
Derartige Bedenken hatte Beate Rotermund nie. Sie feilte Tag für Tag, Monate, Jahre an ihrem Sortiment getreu ihrer Maxime: "Der Kunde steht im Mittelpunkt meiner Überlegungen!"
Ihr Referat in Luzern war ein großer Erfolg. Nicht nur ich war begeistert und fasziniert, das ganze Auditorium spendete ihr minutenlangen Beifall. Beate Rotermund war eine der erfolgreichsten Unternehmerinnen Deutschlands. Eine Tatsache, die nur wenig gewürdigt wurde. Das Besondere ihres Sortiments, das Sichbedeckthalten, und der Versuch, immer etwas Anrüchiges in ihrem Angebot zu sehen, verwehrte ihr den Eintritt in die Gesellschaftsfähigkeit. Absolut zu Unrecht!
Sie hat schon sehr früh die Grundsätze des Harzburger Modells in ihre Unternehmensführung eingebaut. Hat Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konsequent gefördert und immer das unternehmerische Handeln in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen gestellt. Kaum eine andere Unternehmensführerin oder ein anderer Unternehmensführer hat sich so konsequent verhalten wie Beate.
Bis ins hohe Alter ist sie ihrem Spruch "Man lernt nie aus!" treu geblieben. Sie besuchte Symposien und Seminare. Aber sie hörte auch zu und setzte um. Gemeinsam waren wir sehr oft bei unserem amerikanischen Freund Herschell Gordon Lewis und seiner Frau Margo und diskutierten Direktmarketing-Wissen.
Beate war eine begnadete Texterin, mit klarer, unmissverständlicher Grundstruktur. Sie wusste mehr als alle anderen, was ihre Kundinnen und Kunden von ihr wollten. Sie hatte ein untrügliches Gespür für Bedürfnisse, Trends und Innovationen. Diese Latte, die sie sehr hoch gehängt hat, wird von ihren Nachfolgern nur schwer zu erreichen sein. Sie war eine Business-Woman der Sonderklasse.
Jahre später, nach ihrem phänomenalen Luzern-Auftritt, habe ich den Beate-Uhse-Etat gewonnen. Es entwickelte sich über Jahre eine Beziehung, die, basierend auf gegenseitigem Respekt, fruchtbare Erträge produzierte. Es entwickelte sich eine besondere Freundschaft. Ich lernte Beate Rotermund auch von einer ganz anderen Seite kennen. Wir hatten die gemeinsame Droge "Golf" entdeckt und spielten mindestens viermal im Jahr in Grömitz, Glücksburg, Fort Myers oder Marco Island. Beate - in den Siebzigern - liebte Golfen über alles. Wie im Geschäftsleben spielte sie Golf mit Ehrgeiz und ehrlich.
Aber nicht nur das Golfen war ihre Leidenschaft.
Mit 74 Jahren machte sie ihren Scuba-Diving-Schein und motivierte mich, mit ihr in den Keys von Florida zu tauchen. Mit Tauchlehrer im Gepäck fuhren wir nach Key West und erkundeten die Riffs rund um den südöstlichen Zipfel Nordamerikas. Beate im türkisblauen Tauchanzug war nicht zu bremsen. Ein Tauchgang nach dem anderen, und erst als ihre Lippen so blau waren wie ihr Anzug, stieg sie aus dem Wasser. Wir hatten enormen Spaß zusammen.
Im Geschäftsleben, im Wasser, auf den Golfplätzen, in der Luft - Deutschland hat eine Missionarin verloren. Der deutsche Versandhandel hat seine größte lebende weibliche Persönlichkeit verloren. Das deutsche Direktmarketing hat eine große Expertin verloren. Doch Christi und ich, wir haben eine Freundin verloren. Der letzte Satz in ihrer Biografie heißt: "Auf Beate ist Verlass!" Und nichts trifft ihre ganze Art, ihr ganzes Wesen, ihre ganze Persönlichkeit besser als dieser Satz. Ich kann bestätigen: Auf Beate war immer Verlass!
Uwe Drescher, früher u.a. Chairman von Bozell Direct Friends und Aufsichtsratsmitglied bei der Beate Uhse AG, lebt heute in Florida und berät US-amerikanische Versender.

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