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"Ein Schlag ins Gesicht des Direktmarketing"

30.07.2001 - DDV-Vizepräsident Bodo Mann zur Verlängerung der Exklusivlizenz der Deutschen Post

ks Zyniker dürften von einem "schwarzen Freitag" in der Geschichte postalischer Liberalisierungsbestrebungen reden: Am Freitag, den 13. Juli, hat der Bundesrat das "Gesetz zur Änderung des Postgesetzes" gebilligt. Auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses hat der Bundesrat mangels nötiger Mehrheit verzichtet. Damit behält die Deutsche Post - die sich immerhin als der Motor des Direktmarketing positioniert - die Exklusivlizenz für die Beförderung von Briefen unter 200 Gramm und Massen- drucksachen. Und zwar bis zum Jahr 2007. ONEtoONE fragte DDV-Vizepräsident Bodo Mann nach Frustpegel, Hoffnungen und Wünschen für das Direktmarketing, denn: Der Aktionsradius für die alternativen DM-Dienstleister wird weiterhin eingeschränkt sein, bis das so genannte Postmonopol fällt.

ONEtoONE: Hatten die alternativen Dienstleister je eine Chance?
Bodo Mann: Eine Chance haben sie immer noch. Das Direktmarketing braucht nach wie vor originäre Dienstleistungen, die ein Unternehmen von der Größe der Deutschen Post nicht unbedingt alleine liefern kann. Gerade weil Direktmarketing darauf abzielt, dass der Empfänger etwas erlebt, haben Nischen-Dienstleister bei der Zustellung unkonventioneller Direktmarketing-Angebote eine Chance.
OtO: Wie beurteilen Sie die Bundesratsentscheidung zu Gunsten der Gesetzesverlängerung?
Mann: Das war ganz klar ein Schlag ins Gesicht des Direktmarketing. Selbst für die Deutsche Post, denn wer wie sie regulierte Preise hat, der kann eigentlich kein Marketing betreiben. Wenn Sie so wollen, hat man auch dem Motor eins reingewürgt. Marketing-Interessen wurden bei der politischen Entscheidung der Gesetzesverlängerung einfach nicht berücksichtigt.
OtO: Haben die Verbände alles in ihrer Macht stehende getan, um die Entscheidung zu verhindern?
Mann: Uns blieben nur rund drei Monate Zeit, zu reagieren. Wir mussten Termine mit Entscheidern in den Parteien arrangieren, um unseren Standpunkt zu vertreten und um zu informieren. Dabei war uns bewusst, dass wir das nicht allein schaffen, und wir haben sofort Verbündete gesucht und beschlossen, ein Forum zu gründen - die Arbeitsgemeinschaft "Mehr Farbe im Postmarkt".
OtO: Dieses Forum ist offensichtlich gescheitert. Waren die Gegner zu stark?
Mann: Als wir erfahren haben, dass der Wirtschaftsminister diese Sache ins Kabinett einbringt, war die Entscheidung bereits gefallen. Wirtschafts- und Finanzminister hatten beschlossen, im nächsten Jahr die zweite Tranche der Postaktien auszugeben. Das wurde mit den Gewerkschaften abgesprochen und vor der Sommerpause durchgezogen ...
Die konnten da relativ cool rangehen, weil sie wussten, dass wir bis dahin nicht in die Gänge kommen. Die Wirtschaftsminister der Länder hatten genau das gleiche Problem wie wir - nämlich, dass die von der Regierung vorgegebene Zeit zu kurz war, um Argumente und Standpunkte zu formulieren.
OtO: Was werden die nächsten Schritte sein?
Mann: Jetzt muss man sich ernsthaft überlegen, ob man Verfassungsbeschwerde einlegt. Das können Verbände nicht machen, sondern nur Einzelfirmen.
OtO: Und dann?
Mann: Rechtlich ist ja nur das Liberalisierungs-Datum verschoben worden. Es gibt einige Paragraphen des Postgesetzes, die überhaupt noch nicht geregelt sind, zum Beispiel die Regulierung, die nach der heutigen Gesetzeslage am 31.12.2002 ausläuft. Nur unter der Voraussetzung, dass dort nachgebessert wird, haben die Länder so abgestimmt, wie sie abgestimmt haben.
OtO: Und wie forcieren Sie eine Nach- besserung?
Mann: Für die Nachbesserung gibt es zwei Strategien: Einmal Verfassungsbeschwerde einzulegen und den Politikern eins vor den Bug zu knallen, damit sie wissen, dass sie sich übernommen haben. Und zum andern, Alternativen aufzubauen - etwa, dass es spätestens im nächsten Jahr, vor der Wahl, eine zweite Runde geben muss. Dann ist die Regierungspartei vielleicht offener und hat mehr Zeit, das eine oder andere nachzubessern. Diese Hoffnung haben wir und auf dieses Ziel werden wir auch hinarbeiten.
OtO: Wie wird künftig die Lobby-Arbeit betrieben?
Mann: Nach wie vor fordern wir gemeinsam mit unserem DDV-Verbandsmitglied Deutsche Post, den Werbemarkt komplett freizugeben. Das Fass ist noch nicht endgültig zu. Wir werden dran bleiben.
OtO: Die Liberalisierung wird sechs Jahre auf Eis gepackt ...
Mann: Der eigentliche Frust bei der Liberalisierung des Werbemarktes war - keiner ist dagegen! Niemand, auch die Regierungspartei nicht. Hätte man sich zusammengesetzt und eine gemeinsame, vernünftige Lösung gefunden, wäre dies das absolute Non-plus-Ultra gewesen. Aber offensichtlich wollte das die Politik nicht. Das ist schade, da wir alle, der Verband und die "gelbe" Post, an das Direktmarketing glauben.

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