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Kerstin Plehwe: "Rebellen tun einem Verband gut"

26.04.2004 - Interview mit der Präsidentin des Deutschen Direktmarketing Verbands

von Susanne C. Steiger

brö Auf einer turbulenten Mitgliederversammlung in Berlin wurde trotz starker Kritik fast der komplette Vorstand des DDV im Amt bestätigt. ONEtoONE fragte die alte und neue Präsidentin, wie es beim DDV weitergeht.

ONEtoONE: Sehen Sie Ihre Führungsposition nach Berlin eher gestärkt oder geschwächt?

Kerstin Plehwe: Das Abstimmungsergebnis war eindeutig. Die Mitglieder haben mir mit 187 zu 87 Stimmen ihr Vertrauen ausgesprochen und damit unterstrichen, dass sie den eingeschlagenen Kurs zur Erneuerung und Stärkung des DDV auch weiterhin befürworten. Dennoch nehme ich - und auch der Vorstand - Kritik aus den eigenen Reihen sehr ernst. Wir werden daran hart arbeiten, um aus konstruktiver Kritik, zum Beispiel an der Mitarbeiterkommunikation, positive Neuerungen zu generieren. Parallel werden wir den Weg weitergehen, aus dem DDV einen modernen, dienstleistungsorientierten Verband zu machen.

OtO: Sie haben in Berlin Fehler in der Öffentlichkeitsarbeit eingeräumt: Was wollen Sie in Zukunft anders machen?

Plehwe: Es wurde einmal mehr deutlich, wie wichtig ein kontinuierlicher Dialog ist, um Missverständnissen vorzubeugen und diese zu vermeiden. Dies gilt umso mehr in einem Umfeld, in dem politische Interessenlagen bestehen. Künftig wird die transparente, zügige Kommunikation mit den Mitgliedern und die aktive Information der Presse eine höhere Priorität haben. Das bedingt zwar einen beiderseitigen Willen zur Transparenz. Aber genau das war eines der für mich entscheidenden Voten aus Berlin: Die überwältigende Mehrheit unserer Mitglieder will Transparenz und geht auch mit unangenehmen Realitäten sehr professionell um.

OtO: Kritiker monieren, dass der Haushalt noch nicht verabschiedet wurde. Es sei lediglich die Umlage abgelehnt worden. Stimmt das? Und wenn ja: Wann holen Sie diese Verabschiedung nach? Muss die Mitgliederversammlung gar wiederholt werden?

Plehwe: Im Bereich Finanzen muss noch viel getan werden. Die Geschäftsstelle arbeitet derzeit mit Hochdruck an einem Sparhaushalt. Ende des Monats werden die Zahlen dem Vorstand vorgelegt, sodass dann einer kurzfristigen Verabschiedung nichts mehr im Weg steht. Unser Justiziar Hans-Jürgen Schäfer prüft zudem sämtliche Ergebnisse der Mitgliederversammlung. Für eine Wiederholung der Versammlung gibt es derzeit keinen Grund.

OtO: Was erwarten Sie vom neuen Geschäftsführer Michael Muth?

Plehwe: Zunächst einmal, dass die Mitarbeiter in der Geschäftsstelle dank seiner Präsenz wieder durchatmen können und gemeinsam mit den Gremien konstruktiv nach vorn gearbeitet wird, auch unter den erschwerten finanziellen Bedingungen. Gerade die Mitarbeiter standen in den vergangenen Monaten ganz besonders unter Druck. Insgesamt sind die Aufgaben, die vor ihm liegen, nicht leicht. Das wusste er aber schon nach seiner Initiativbewerbung im Januar. Und wir haben auch in den nachfolgenden Gesprächen nichts beschönigt.
Im Sinne aller unserer Mitglieder wünsche ich mir, dass es ihm gemeinsam mit Vorstand und Präsidium gelingt, den DDV finanziell wieder auf eine solide Basis zu stellen und mit uns die Weichen für den DDV in den nächsten Jahren zu stellen. Dazu müssen neue Ressourcen geschaffen und zum Teil alte Zöpfe abgeschnitten werden. Da auch die vielen anderen Themen des Verbandes nicht ins Hintertreffen geraten dürfen, baue ich auf das Engagement, die Teamfähigkeit, Kreativität und Service-Orientierung unseres neuen Geschäftsführers.

OtO: Wie werden Sie mit den ausgetretenen Mitgliedsunternehmen umgehen? Werden Sie versuchen, diese angesichts der finanziellen Misere zurückzugewinnen, oder ist ein gewisser Rebellen-Aderlass gut, um Ruhe in den Verband zu bekommen?

Plehwe: Jeder Verband hat viele Arten von Mitgliedern: Rebellen, Traditionalisten, Populisten, Aktivisten, Loyalisten und viele andere. Das ist auch gut so, und jede Gruppe hat ihre Berechtigung. Insbesondere Rebellen tun einem Verband gut, weil sie Veränderung wollen und Bestehendes in Frage stellen. Insofern wird unsere Tür für alle offen bleiben, die auf konstruktive und professionelle Art und Weise eine Veränderung wollen, die dem Gesamtinteresse des Verbandes dient.

OtO: Der Posten des Vizepräsidenten Finanzen wurde gut zwei Wochen nach Berlin neu besetzt. Der Posten des Vizepräsidenten Neue Medien ist dagegen immer noch vakant, obwohl schon im Februar feststand, dass Thomas Lammoth zurücktritt. Gibt es keine geeigneten Kandidaten?

Plehwe: Doch, die gibt es. Ich sehe Kandidaten insbesondere im Kreis der Agenturen. Da diese aber zunächst ihren Vorsitzenden wählen und der neue Vizepräsident aus den Reihen des Vorstandes gewählt wird, werden wir die Neuwahl des Vizepräsidenten auf der ersten Vorstandssitzung nach dem Council-Meeting der Agenturen vornehmen.

OtO: Kritiker werfen dem Vorstand vor, den Verlauf der Hauptversammlung von den Anträgen bis zu den Zwischenrufen minutiös geplant und kritische Debatten stets sofort direkt oder indirekt abgewürgt zu haben.

Plehwe: Wer das glaubt, unterschätzt die Mitglieder des DDV und die frei verfügbare Zeit der letzten Monate des Vorstands gewaltig. Selbstverständlich hat sich der Vorstand auf die Mitgliederversammlung gut vorbereitet. In Anbetracht der massiven Unkenrufe der "Kritiker" im Vorfeld der Versammlung wurde ja auch genau das erwartet: ein Vorstand, der Rede und Antwort steht. Und genau das haben wir getan. Ich kann auch in der Retrospektive nicht feststellen, dass kritische Debatten oder Einwände abgewürgt wurden. Im Gegenteil. Oft war es so, dass wir uns an manchen Stellen in der Diskussion im Kreis drehten und dann abgestimmt wurde, doch bitte in der Tagesordnung weiterzugehen und die unsägliche Polemik zu beenden.

OtO: Außerdem wird Ihnen vorgeworfen, sich bei der Akquise von Stimmenübertragungen einen einseitigen Vorteil verschafft zu haben, indem Sie die Anmeldeliste nutzten, die den Gegnern nicht zur Verfügung stand.

Plehwe: Es galt wie immer gleiches Recht für alle. Jeder konnte bis zu drei Stimmrechtsübertragungen wahrnehmen. Und jedes Vorstandsmitglied konnte die Anmeldelisten von der Geschäftsstelle erhalten, und einige Kollegen haben dies meines Wissens nach auch genutzt. Ich wüsste also nicht, wer wo benachteiligt gewesen sein soll. Jetzt - nach abgeschlossenen demokratischen Abstimmungen mit klaren Ergebnissen - die Leute Glauben zu machen, es wären Abstimmungsergebnisse durch eventuelle vorherige Telefonaktivitäten sichergestellt worden, ist ähnlich wirklichkeitsfremd und diskreditierend gegenüber Personen und Gremien wie die Inhalte der Gerüchteküche vor Berlin. Aber das ist Vergangenheit! Wir wollen nun alles daran setzen, ein produktives und erfolgreiches Jahr 2004 zu absolvieren.

OtO: Welche Themen stehen dabei im Vordergrund?

Plehwe: Besonders wichtig ist, dass wir einen Schlussstrich unter die Querelen der vergangenen Wochen ziehen. Wir haben wichtige Positionen in der Geschäftsstelle und im Vorstand neu besetzt, sodass wir voll durchstarten können. Zuallererst stehen an: neben dem Haushalt ein umfangreiches PR-Konzept, die Fortsetzung der DIMA-Vorbereitungen und weiteres Lobbying auf allen relevanten Ebenen.

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