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Omnichannel

Wie man eine Testing-Strategie für ein Omnichannel-Projekt aufsetzt

30.03.2021 - Die zunehmende Bedeutung von Omnichannel-Angeboten stellt Einzelhändler vor neue Herausforderungen, um einen reibungslosen Kaufprozess zu gewährleisten. Daher wird eine umfangreiche Testing-Strategie benötigt, die sowohl das physische als auch das digitale Erlebnis abdeckt. So geht's.

von Sebastian Halm

Omnichannel-Angebote haben sich während der Pandemie zu einer guten Möglichkeit für Kunden entwickelt, um sicher und bequem einkaufen zu können. Laut einer im November 2020 von Applause   erstellten Umfrage gaben 47 Prozent der 579 Befragten an, in der Vorweihnachtszeit auf Einkäufe in Einzelhandelsgeschäften verzichten zu wollen. Interessant dabei: 71 Prozent der Befragten gaben an, bei Händlern einkaufen zu wollen, die ein Omnichannel-Erlebnis - also ein Verschmelzen von Online- und physischen Kundenerfahrungen - anbieten.

Damit diese Angebote jedoch einen reibungslosen Ablauf des Shopping-Erlebnisses und somit eine perfekt aufeinander abgestimmte Customer Experience bieten können, werden umfangreiche Testing-Strategien benötigt. Services wie Click & Collect (sprich Dinge werden online bestellt und dann vor Ort abgeholt) mögen wie Selbstverständlichkeiten erscheinen, sind aber sehr schwierig zu implementieren und können ebenso schwierig zu testen sein. Der Grund? Digitale und physische Customer Journeys unterscheiden sich erheblich voneinander, deshalb können in beiden Kanälen unterschiedliche Probleme auftreten. Unternehmen müssen daher unterschiedliche Testing-Strategien für digitale und physische Erlebnisse anwenden.

Wer ist bei Problemen während der Customer Journey zuständig?

Der Erfolg von Omnichannel-Angeboten hängt dabei von mehreren Stakeholdern eines Unternehmens ab, da mehrere Abteilungen für unterschiedliche Schritte der Customer Journey verantwortlich sind. Ein Beispiel: Ein Kunde möchte ein Angebot für ein Produkt wahrnehmen und dieses zu den angepriesenen Bedingungen kaufen. Während des Kaufes stellt er fest, dass der Angebotscode nicht funktioniert und wendet sich daher an den Kundenservice. Nachdem dieser ihm geholfen und er den Kauf abgeschlossen hat, entschließt er sich, das Produkt in einem Einzelhandelsgeschäft des Anbieters zurückzugeben. Während des Kauf- und Rückgabeprozesses interagiert der Kunde also auf unterschiedliche Weise mit mehreren Abteilungen der Marke. Somit müssen diese Abteilungen bei Problemen automatisch benachrichtigt werden und die Probleme anschließend beheben. Bei Fehlern auf der Website oder der mobilen App sind dann zum Beispiel die Web-Design- oder Entwicklerteams zuständig, während bei Problemen mit der Warenrückgabe im Geschäft das Store-Management umgehend benachrichtigt werden muss.

Obwohl die Zuständigkeiten für die Behebung somit bei unterschiedlichen Abteilungen liegen, sind unter Umständen dennoch alle im gleichen Maße von einer Störung betroffen, da Probleme an einem Touchpoint auch Einfluss auf andere haben können. So kann auch ein Problem bei der Warenrückgabe durch missverständliche Informationen auf der Website auftreten.

Zur ganzheitlichen Qualitätssicherung sollte daher ein dediziertes Team aufgestellt werden, welches sich auf die komplette Customer Journey fokussiert. Auf diese Weise können individuelle und somit unterschiedliche Ansätze der Problembehebung verhindert werden, die in vielen Unternehmen nicht nur typisch sind, sondern oft durch organisatorische Vorgaben ungewollt begünstigt werden. Um nahtlose Übergänge zwischen den einzelnen Unternehmensbereichen zu gewährleisten, empfiehlt sich daher ein agiler, taskforce-orientierter Ansatz.

Quantifizierbare Indikatoren des Kundenerlebnisses messen

Während der gesamten Customer Journey kann dieses Team mehrere KPIs - beispielsweise die zum Abschluss der Customer Journey benötigte Zeit oder die Anzahl der abgebrochenen Transaktionen - messen. Noch wichtiger ist jedoch, das Kundenerlebnis während des gesamten Omnichannel-Erlebnisses zu erfassen. Somit wird sichergestellt, dass jeder Touchpoint die Erwartungen der Kunden erfüllt. Dabei können Teams zum einen direktes Feedback der Kunden sammeln. Dies ist vor allem durch Umfragen am Ende eines Website-Besuches beziehungsweise eines Anrufes beim Kundenservice oder durch Produktbewertungen möglich.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, das Kundenverhalten während der Customer Journey zu beobachten. Dadurch können Marken interessante Informationen über die Customer Experience erhalten, die sich durch Umfragen oder Bewertungen nicht erheben lassen. Marken können so zum Beispiel durch Website-Analysen Einblicke erhalten, wo Kunden ihre Customer Journey abgebrochen haben. Ferner können Tools wie Sprachdialogsysteme - sogenannte IVR-Systeme - oder Chatbots Aufschluss darüber geben, ob Kunden lieber ein automatisiertes System nutzen, anstatt mit einer Live-Person zu sprechen. Diese Arten von indirektem Feedback sind per Definition datengetrieben und geben Marken einen fundierten Einblick in das Kundenverhalten während der gesamten Customer Journey.

Nachdem nun also ein agiles und abteilungsübergreifendes Team zusammengestellt und die entsprechenden messbaren KPIs zum Kundenerlebnis während des gesamten Omnichannel-Erlebnisses definiert und festgelegt wurden, geht es nun ans eigentliche Testing. Vom ersten Versuchsobjekt bis hin zur finalen Implementierung sollten dabei folgende konkrete Testing-Schritte befolgt werden.

Digital: Prototype Usability Testing

Soll eine neue Dienstleistung wie das Click & Collect zu einem bestehenden Vertriebssystem hinzugefügt werden, muss in einem ersten Schritt die Nutzererfahrung am Prototyp getestet werden. Dabei wird sichergestellt, dass die Nutzer das Konzept verstehen, intuitiv navigieren können und in der Lage sind, das entwickelte Feature korrekt einzusetzen. Die Erstellung eines interaktiven Prototypen mit anklickbaren Pfaden ist ein unkomplizierter Prozess. Mit Tools wie InVision oder Axure können Teilnehmer von Usability-Tests über eine URL einen Prototyp auf ihrem Desktop-PC oder Smartphone ansehen - ganz so, als würden sie die tatsächliche Website oder App betrachten. Dadurch werden bereits in diesem frühen Entwicklungsstadium größere Funktionsstörungen des neuen Features erkannt und können behoben werben.

Digital: Functional und Usability Testing

Nach dem erfolgreichen Testing des Prototypen werden nun Beta-Versionen des Features funktionalen Tests unterzogen. Diese erfolgen im Live-Betrieb im Webbrowser oder in der App und werden von Beta-Nutzern - häufig bestehende Kunden oder Mitarbeiter - durchgeführt. Ergänzend eignen sich hierfür auch externe Tester, die dediziert geschult sind und gleichzeitig einen besseren Querschnitt der Gesellschaft repräsentieren. Der Vorteil: Diese können ein fundiertes und umfangreiches Feedback über die Funktionalität abgeben, da ihre Bedürfnisse denen der Zielgruppe entsprechen. Somit können alle für die Zielgruppe relevanten Faktoren der Customer Experience berücksichtigt werden. In dieser Testphase soll sichergestellt werden, dass das Feature intuitiv und einfach zu bedienen ist.

Vor-Ort: In-Lab Operations Testing

Selbst wenn Nutzer die digitale Experience des Online-Shops bereits kennen, ist es möglich, dass sie noch nicht mit dem physischen Erlebnis am Point of Sale vertraut sind. Zum Beispiel ist es möglich, dass Kunden zwar wissen, wie sie in einem Einzelhandelsgeschäft einkaufen, aber nicht, wie die Abholung eines online bestellten Produktes abläuft. Die Integration der physischen Experience birgt daher häufig Schwierigkeiten und sollte ebenso getestet werden. Manche Unternehmen führen solche Tests in Laboren durch. Diese sogenannten In-Lab Operations Tests ähneln dem digitalen Prototype-Testing. Operations Testing ist normalerweise eine praktische Tätigkeit und erfordert daher eine Laborumgebung sowie interaktive Situationen. Während des Tests werden möglicherweise einige Indikatoren für Usability-Probleme entdeckt. Beispielsweise ist es möglich, an dieser Stelle bereits festzustellen, ob implementierte Funktionen wie das Scannen eines QR-Codes korrekt funktionieren. Da In-Lab Operations Tests jedoch nicht durch die Zielgruppe durchgeführt werden, sollten alle potenziellen Probleme für weitere Untersuchungen protokolliert werden.

Vor-Ort: Usability und Operations Testing

Anschließend muss die Customer Experience an mehreren physischen Standorten diverse Usability und Operations Tests durchlaufen. Damit wird sichergestellt, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Szenarien getestet und somit herausgefunden wird, wie sich das gesamte Omnichannel-Angebot in verschiedenen Extremsituationen verhält. Was passiert beispielsweise, wenn Kunden ihre Bestellung ändern oder ergänzen wollen, wenn sie zur Abholung eintreffen? Was ist, wenn jemand ein Essen zur Abholung bestellt, dann aber zum falschen Ort fährt? Unternehmen sollten Extremfälle wie diese dokumentieren und testen, um eventuell auftretenden Problemen vorzubeugen. Das Ziel: Die komplette Customer Journey soll unter Realbedingungen überprüft werden, um eine ganzheitliche Sicht auf die Customer Experience zu erhalten.
Ein Beispiel aus der Praxis: ein Restaurant kann auf diese Weise testen, wann das Essen nach einer Bestellung über die mobile App zubereitet wird, wann der Kunde eine Benachrichtigung erhalten sollte, dass das Essen fertig ist, und ob es eine ausreichend klare Beschilderung gibt, um den Kunden erfolgreich zur Abholung der Bestellung im vorgesehenen Bereich zu leiten. Omnichannel-Angebote hängen sowohl von der Leistungsfähigkeit der Technologie sowie des Personals vor Ort ab. In-Field Testing analysiert die Customer Journey anhand der für die Bestellung notwendigen Zeit, der Genauigkeit der Bestellungen, der Kompetenz und Freundlichkeit der Filialmitarbeiter und der Benutzerfreundlichkeit. Um diese Daten sammeln zu können, müssen die Testteilnehmer Umfragen ausfüllen, in denen sie Feedback zur Customer Experience geben.

Testing als Schlüssel für eine nahtlose Omnichannel Customer Experience

Durch die steigende Anzahl von Möglichkeiten, wie digitale und physische Erlebnisse miteinander verschmelzen, variiert die gewünschte Customer Journey zusehends. Kunden erwarten jedoch in jedem Fall ein nahtloses Omnichannel-Erlebnis. Daher ist eine Kombination aus Qualitätssicherungs- und Usability-Tests für Einzelhändler, Restaurants und andere Unternehmen extrem wichtig. Unabhängig von den Testing-Tools - Unternehmen, die die Wünsche ihrer Kunden kennen, können so auch Extremsituationen berücksichtigen, die in realen Szenarien auftreten. So kann eine nahtlose Customer Experience entstehen, die wiederum die Kundenbindung stärkt.

Über den Autoren: Jan Wolter leitet als General Manager für Applause den europäischen Geschäftsbereich und ist verantwortlich für den Ausbau des Unternehmens im europäischen Markt. Seine Hauptaufgabe besteht darin, sicherzustellen, dass die Ziele von Applause Europe in Bezug auf das Umsatzwachstum und die Kundenakquisition umgesetzt werden. Außerdem sorgt er dafür, dass die Qualität und die Kundenzufriedenheit des Unternehmens auf höchstem Niveau bleiben.


iBusiness-Autor Jan Wolter ist General Manager EU beim auf Testings spezialisierten Unternehmen Applause   , er leitet den europäischen Geschäftsbereich und ist verantwortlich für den Ausbau des Unternehmens im europäischen Markt.

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