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Dialogmarketing an die Uni!

15.02.2001 - Siegener Professur Database- und Direktmarketing weiterhin unbesetzt

1987 - 1993 - 2000: 13 Jahre nach den Anfängen des DM-Studiengangs an der Bayerischen Akademie für Werbung, BAW, und sieben Jahre nach Beginn der Vorlesungen an der Deutschen Direktmarketing Akademie, DDA, wäre der Start des bundesweit ersten Lehrstuhls für Database- und Direktmarketing an der Universität Siegen ein weiterer Etappensieg für die Aus- und Fortbildung im Dialogmarketing gewesen. Es hätte ein Signal für die unaufhaltsam wachsende Bedeutung des DM im Berufsbild der Studenten sein können. Hätte - denn es hat sich fürs Erste ausgeträumt: Das Studienprojekt, aus privaten Mitteln gesponsert und vom DDV gestützt und vorangetrieben, ist nach einem schwierigen Stapellauf auf Grund gelaufen.

Dabei hatte es so gut angefangen. Die Universität, so der Prodekan des Fachbereichs Betriebswirtschaftslehre, Dr. Gero Hoch, hatte sich von Anfang an dem Projekt gegenüber aufgeschlossen gezeigt, schließlich sei das Dialogmarketing ein viel versprechender und wichtiger Bereich. Nach dem Berufungsprozedere durch das Düsseldorfer NRW-Wissenschaftsministerium stand im vorigen Sommer eine Liste mit mehreren Kandidaten fest. Auch die heikle Frage der Finanzierung war durch das Engagement mehrerer Sponsoren geklärt. Doch noch bevor überhaupt eine Vorlesung geplant werden konnte, sprang Wunschkandidat Nummer eins ab. Und Kandidatin Nummer zwei, die Paderborner Gastdozentin Dr. Sigrid Bekmeier-Feuerhahn, nahm zwar den Ruf an die Universität an, hielt auch zweimal je zwei Vorlesungen zu fachspezifischen Themen, folgte aber anschließend einem weiteren Ruf Richtung Norden. Ihre Vorträge stießen nach Aussage eines Studentenvertreters ohnehin auf "mangelndes Interesse". Zudem, so eine Universitäts-interne Quelle, sei Bekmeier-Feuerhahn nicht die Wunschkandidatin des Fachbereichs gewesen. Kommentar von Hoch: "Wir arbeiten an dieser Sache weiter. Die Besetzung ist aber momentan nicht möglich."
Denn die Berufungsliste ist leer, es gibt keine weiteren Kandidaten. Die Folge: Das Berufungsverfahren muss neu aufgerollt werden. "Es gibt nun einmal in Deutschland nur eine Hand voll Experten für das Dialogmarketing unter den Wissenschaftlern", entschuldigt Hoch die für die Universität enttäuschenden Absagen. Das aber bedeutet eine Verzögerung von mindestens einem halben, wenn nicht sogar einem kompletten Jahr, bis wieder ein Seminarangebot durch einen Lehrstuhl DB & DM stehen könnte.
Das ist ein gefährlich langer Zeitraum, zumal das Projekt schon seit einigen Jahren vorangetrieben wird. DDV-Geschäftsführer Holger Albers: "Ich finde diese Entwicklung höchst bedauerlich und kann mich auch des Eindrucks nicht erwehren, dass verschiedene Teile an der Universität Siegen nicht an einem Strang ziehen."
Dieser Eindruck täuscht nicht. Hoch stimmt zu, dass das Projekt im Fachbereich nicht unumstritten sei, denn die Sponsorengelder sind nur als Anschubfinanzierung gedacht. Nach drei Jahren Lehrtätigkeit übernimmt das Land Nordrhein-Westfalen die Finanzierung. Weil aber das Land keine neuen Gelder bereitstellt, müssen innerhalb des Fachbereichs andere Planstellen gestrichen werden, was für erheblichen Unmut sorgt.
Doch Albers zeigt sich auch mit dem Wissenschaftsministerium in Düsseldorf unzufrieden, es habe in dieser Angelegenheit keine ruhmreiche Rolle gespielt. Auch Hoch schiebt den Schwarzen Peter zum Ministerium: "Uns ist kein Handlungsspielraum gegeben, weil das Ministerium keine weiteren Schritte zur schnellen Stellenbesetzung vorgenommen hat, obwohl das notwendig gewesen wäre. Frau Bekmeier-Feuerhahn verließ Siegen aus eigenem Entschluss." In Düsseldorf hieß es hierzu, das weitere Vorgehen sei in der Tat noch nicht geklärt, aber man sei an einer schnellen Lösung sehr interessiert.
Doch die Geduld, so scheint es, ist bei den Branchenvertretern erstmal erschöpft: "Der Verband und sicherlich auch die Sponsoren werden sich über ihre künftige Haltung zum Projekt Gedanken machen müssen", sagt Albers. Hoch kommentiert: "Die Enttäuschung bei Geldgebern und Verband ist verständlich, aber es besteht kein Anlass. Wir haben zu keinem Zeitpunkt eine negative Haltung in Bezug auf die Studienrichtung an den Tag gelegt. Ich glaube auch weiterhin an das Projekt." Anders ausgedrückt: Die Uni hatte Pech, dass ihr die Kandidaten davonliefen.
Es ist die Zeitschiene, die hier zum möglicherweise entscheidenden Faktor wird. Das Nachwuchsproblem ist unter den Dialogmarketern ein Dauerthema. Daran ändern auch die Weiterbildungsmöglichkeiten an BAW, DDA oder anderen Institutionen nichts. "Es gibt in diesem Bereich keine kurzfristige Lösung", urteilt etwa Birgit London, Marketingleiterin an der Akademie der European Centre of Database Marketing, ECDM, in Düsseldorf. Paradoxerweise, so Birgit London, beklagen zwar viele Unternehmen den mangelnden DM-Nachwuchs, sind aber im Gegenzug nicht bereit, ihre Angestellten für die Fortbildungsseminare von DDA, ECDM oder BAW freizustellen - weil diese Leute im Arbeitsalltag benötigt werden.
Es ist daher für die Branche unerlässlich, in Sachen Ausbildung ein zweites Standbein an den Universitäten und Fachhochschulen zu schaffen und frühzeitig Nachwuchs für sich zu gewinnen. Dabei ist Siegens Interesse am Dialogmarketing kein Einzelfall, auch andere Hochschulen erkennen den Trend zu mehr Kundenbeziehung in der Wirtschaft und bieten in unterschiedlicher Intensität Lehrgänge, Praxisseminare und Forschungsprojekte an. Robert K. Bidmon, Leiter des Drittmittel-Forschungsprojekts "Deutsche Forschungszentren Direktmarketing" an den Universitäten München und Rostock: "Meines Erachtens ist Direktmarketing viel mehr an den Unis und Fachhochschulen verbreitet, als es verschiedene Vertreter der Branche glauben. Heute wird sehr viel in DM-relevanten Spezialthemen wie E-Commerce, Database-Marketing, CRM und Kundenbindung geforscht. Quer durch Deutschland gibt es auch entsprechende Spezialisten. Da Branche und Wissenschaft häufig sehr unterschiedliche Sprachen sprechen, mag der Eindruck aufkommen, es gäbe zu wenig Direktmarketing an deutschen Hochschulen. An einem mangelt es aber heute sicher noch: Direktmarketing als Ganzes wird heute kaum ausführlich an den Universitäten und Fachhochschulen behandelt."
Und daher kann sich auch trotz aller Querelen die Uni Siegen noch Hoffnung machen. Nichtsdestotrotz dürfen ihre Wissenschaftler nicht vergessen, dass es noch genug Alternativen im deutschen Hochschulland gibt. Und wer weiß, manchmal entscheiden auch rein subjektive Dinge über den Erfolg eines Studienganges: Unter den Studenten jedenfalls galt die Stadt Siegen nicht gerade als attraktiver Studienort. Ihr damaliger Slogan: "Siegen heißt verlieren." [k] mac[/k]

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