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Kundenmagazine: Dialog mangelhaft?

24.08.2001 - "Direktmarketer könnten aus einem Kundenmagazin ein perfektes Zielgruppenmedium machen"

Der Kunde ist König. Das war zwar schon immer so, gilt aber heute mehr je. Mit dem Fall von Rabattgesetz und Zugabeverordnung eröffnen sich bekanntlich ganz neue Dimensionen der Kundenbindung. Das dürfte auch Schwung in den Markt der Kundenzeitschriften bringen. "Da Produkte in vielen Bereichen austauschbar geworden sind und häufig nur über den Preis verkauft werden, wird Kommunikation immer mehr zu einem wichtigen Unterscheidungsfaktor. Kundenmagazine helfen in diesem Umfeld, die Marke nachhaltig zu po- sitionieren", sagt Manfred Hasenbeck, Präsident des Forum Corporate Publishing (FCP) und geschäftsführender Gesellschafter der Yukom Medien AG in München.

Bereits in den letzten Jahren befand sich das Kundenzeitungen-Aufkommen kontinuierlich auf Wachstumskurs. Von 1995 bis 2000 hat sich die Gesamtzahl deutschsprachiger Kundenzeitschriften von 1.716 auf insgesamt 3.032 erhöht, ermittelte das FCP. Rund die Hälfte der 500 größten Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz gebe bereits eigene Kundenmagazine heraus, wobei Finanzdienstleister, Versicherer sowie IT- und TK-Unternehmen derzeit die größte Dynamik zeigten.

Dass sich Kundenzeitschriften hervorragend für den zielgruppenspezifischen Dialog mit den Verbrauchern eignen und deshalb wichtiger Bestandteil im Marketing-Mix sein können, hat sich jedoch offenbar noch nicht herumgesprochen. Aus einer Studie des Forum Corporate Publishing jedenfalls geht hervor, dass viele Unternehmen das große Potenzial von Kundenmagazinen noch nicht ausschöp- fen: "Das Prob- lem liegt heute darin, dass die Unternehmen ihre Marketing- und Kommunikationsaktivitäten nur unzureichend mit- einander verzahnen", erklärt FCP-Geschäftsführerin Petra Tewes. Da fragt sich doch, warum die Unternehmen wertvolles Potenzial - und teure Ressourcen - ungenutzt lassen.

"Eines der Hauptprobleme des Cross Marketing, beziehungsweise integrierter Prozesse, ist die Tatsache, dass Kom- munikation und Integration in den Unternehmen noch nicht zur Chefsache gemacht werden. Alle modernen Konzepte scheitern an der Bunkermentalität einzelner Bereiche", sagt Hasenbeck. "Dabei verfügen die Direktmarketer über hervorragende Kundendaten, die aus einem Kundenmagazin ein perfektes Zielgruppenmedium machen könnten. Die Magazin-Leute sind andererseits sehr gut in der Lage, neue Adresspotenziale zu erschließen, Kundeninteressen zu erfassen und Mail-Aktionen mit konkreten Produktangeboten im Pre-Sales-Bereich strategisch anzuschieben."

Bislang lägen Konzepte, die eine Integration von Kundenzeitschriften in komplexe Dialogmarketing-Programme vorsehen, allenfalls in den Schubladen der Corporate Publisher. "Deutschland ist in Sachen Integration noch ein Niemandsland", lautet Hasenbecks Resümee.

Doch Ausnahmen bestätigen die Regel. So hat zum Beispiel die Commerzbank unlängst ihr Kundenmagazin Com- merzbank Journal überarbeitet und um eine personalisierte und individualisierte Variante, die an besonders gute Kunden ver- sandt wird, erweitert.

Das erstmals im August erschienene Journal soll künftig eine wichtige Rolle im Kommunikationsmix der Privatkundenabteilung spielen. "Wir haben drei Felder für Dialogmarketing definiert", berichtet Thomas Henrich, zuständig für strategisches Marketing im Privatkundengeschäft der Commerzbank in Frankfurt.

Zum einen würden potenzielle Kunden mit Angeboten aktiviert, zum anderen betreibe man spezielle DM-Aktivitäten, um abwanderungsgefährdete Kunden zu halten, und last not least gelte es natürlich, die besonders guten und treuen Kunden stärker an das Unternehmen zu binden. Eigens dafür sind so genannte "Thank-you-Programme" - inklusive Geschenke, Weihnachtskarten und Mailings - konzipiert worden. In dieses Programm ist auch das personalisierte Commerzbank-Journal integriert.

Das Besondere: Der Kunde wird nicht nur im Editorial namentlich angesprochen, das Magazin wartet sogar mit zielgruppenspezifischem Inhalt auf. Commerzbank Journal wird redaktionell von der Dierichs-Tochter Publikom Z in Kassel betreut. Redaktionsleiter Armin J. Noll erklärt: "Immer mehr Abteilungen der Commerzbank wollten ins Heft. Daraus ergaben sich zunehmend heterogene Themen, die nicht uneingeschränkt zur ursprünglichen Zielgruppe der Kreditkarteninhaber passten. So war es eine Aufgabe des Relaunch, ein Konzept zu entwickeln, das es ermöglicht, maßgeschneiderten Content für spezielle Zielgruppen auf Grundlage des Basishefts zu transportieren." Schließlich habe ja nicht jeder Bankkunde die gleichen finanziellen Interessen.

Neben Personalisierung und individuellem Inhalt werden der Premium-Zielgruppe der Commerzbank in der Sonderausgabe des Journals noch spezielle Angebote in Form einer "Call-in-Aktion" unterbreitet. Der Großteil der Kundenmagazine bleibt jedoch wie gehabt. "Es ist ja etwas Besonderes, ein personalisiertes Kundenmagazin zu bekommen", so Henrich.

Von der Idee des maßgeschneiderten Content indes ist man bei der Commerzbank sehr angetan. "Wir wollen künftig weitere Teilzielgruppen auswerten, sodass zum Beispiel Kunden, die Immobilien-affin sind, entsprechende Artikel in ihren Magazinen finden", berichtet Henrich.

Ob das personalisierte Kundenmagazin, das auf zielgruppenspezifischen Inhalt setzt und in komplexe Marketing-Prozesse integriert wird, auch wirklich effizienter ist - oder vielleicht nur teurer -, vermag man bei der Commerzbank freilich noch nicht zu beurteilen. Das kann sich vielleicht bald schon ändern. Anhand verschiedener Kontrollgruppen soll nun geprüft werden, ob der Aufwand auch wirklich den gewünschten Erfolg, nämlich verstärkte Kundenloyalität, bringt.

Auch der Kosmetikhersteller Johnson & Johnson tut einiges, um seine vornehmlich jugendliche und weibliche Zielgruppe für Gesichtspflege-Serien und andere Hygieneartikel zu begeistern. Das hauseigene Kundenmagazin girl friends wird via Response-Anzeige und DM-Beilage promotet und kann von den Teenagern gratis abonniert werden. Ähnlich wie Bravo und andere Jugend- magazine informiert girl friends über alle Fragen, die einen in jungen Jahren beschäftigen - und findet für alle Probleme und Problemzonen das passende Johnson & Johnson-Produkt. Der Dialog mit den Kundinnen kommt dabei nicht zu kurz, denn jede Ausgabe enthält Produktgutscheine und Gewinnspiele. Echten Mehrwert eben.

Dass Kundenzeitungen sich nicht nur als willkommenes Marketing-Instrument, sondern auch als zusätzlicher Vertriebskanal eignen können, hat der Starnberger Couponing-Dienstleister raba.tt erkannt und Anfang August seine Angebote erstmals auch der Offline-Welt präsentiert. Einmal monatlich liegt die raba.tt Zeitung der Berliner Zeitung sowie der B.Z. bei und bietet den Kunden branchenübergreifende regionale Coupons, die im Berliner Raum eingelöst werden können. Und diese gewähren - dem Ende des Rabattgesetzes sei Dank - bisweilen sogar Preisnachlässe von 50 Prozent.

"Die Zeitung ist stark eingeschlagen", freut sich raba.tt-Geschäftsführer Michael Timmermann. "Wir werden von Kooperationsangeboten derzeit geradezu überrannt." So hätten bereits einige überregionale Tageszeitungen ihr Interesse an der raba.tt Zeitung als Beilage bekundet. Innerhalb der nächsten vier bis sechs Monate werde die Kundenzeitung - die ja eigentlich eher eine DM-Beilage ist - voraussichtlich auch in anderen deutschen Städten präsent sein, berichtet Timmermann.

Dabei wird Reichweite künftig offenbar stärker im Vordergrund stehen als der zielgruppenspezifische Dialog. "Wir wollen ein ganzheitlicher Coupon-Dienstleister werden und langfristig unsere Angebote über alle Medien vertreiben", verkündet Timmermann und geht zuversichtlich davon aus, in den nächsten sechs Monaten Medien mit einer Gesamtauflage von 35 bis 40 Millionen Exemplaren auf den Markt zu bringen. In Sachen DM-Aktivitäten glänzt man hingegen mit vornehmer Zurückhaltung. Timmermann: "Momentan werben wir nur passiv - eben durch die raba.tt Zeitung."

Keine Frage, Kundenzeitschriften erfreuen sich wachsender Beliebtheit - zumindest vonseiten der Unternehmen. Doch wie beliebt sind sie beim Kunden selbst, wenn vielleicht bald unzählige, gut gemeinte Hefte seinen Briefkasten verstopfen? Timmermann zumindest sieht das unproblematisch und glaubt, dass künftig nicht mehr, sondern attraktivere Angebote auf die Verbraucher zukommen.

Auch Petra Tewes vom Forum Corporate Publishing befürchtet keine sinkende Akzeptanz der Kunden - sofern die Magazine eben auf Qualität setzen: "Wenn sie perfekt gemacht sind, verfügen sie über eine Zielgruppengenauigkeit, die kein anderes Medium bieten kann. Wenn zudem die drei wichtigsten Koordinaten moderner Kundenkommunikation wie journalistische Kompetenz, Nutzwert und Dialogfähigkeit stimmen, wird eine Kundenzeitschrift zu einem zentralen Werkzeug der One-to-one-Kommunikation und zur Speerspitze im Wettbewerb um den Kunden." sam

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