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Virtuelles Märchenland -- theoretisch betrachtet

15.05.2000 - Das Internet: Risiken und Hoffnungen für die Adressbranche

Wie gewinne ich Adressen? Jahrzehntelang war der traditionelle Postweg das entscheidende Mittel, um Adressen zu generieren. Nun erfährt die Adressbranche eine Erweiterung Richtung digitale Welt. ONEtoONE befragte Branchenexperten zu den aktuellen Trends im Bereich Online und EDV. "Kunden und Interessenten reagieren auf Mailings und klassische Werbung zunehmend per E-Mail oder direkt mit Bestellungen und Anfragen per Internet", so Roland Repp, Sprecher der Geschäftsführung des Hoppenstedt Verlags in Darmstadt. Die Konsequenz für die Adresshändler: "Internet und E-Commerce bieten theoretisch hervorragende Möglichkeiten, neue, qualitativ verbesserte Adressen zu generieren", so Dr. Walther Ludwig vom Vogel Verlag und Druck in Würzburg.

Auch der Geschäftsführer von AZ Bertelsmann Direct in Gütersloh, Dieter Schefer, schließt sich dieser Meinung an: "Die theoretischen Möglichkeiten der Adressgenerierung über das Dialogmedium Internet sind schon heute immens und werden noch weiter ansteigen, wenn man bedenkt, dass noch längst nicht jeder Haushalt über einen Internetanschluss verfügt." Das hat seinen guten Grund: Das Medium Internet, seiner Anonymität wegen geschätzt, ist für den E-Commerce extrem transparent. "Sie müssen dazu lediglich analysieren, welche Seiten der eigenen Homepage mit welchen Inhalten sich der Benutzer angeschaut hat. Aufgrund dieses Verfahrens beim Surfen kann vollautomatisch ein relativ genaues Interessenprofil des Surfenden erstellt werden. Wenn Sie dann auch noch in der Lage sind, die geographische Adresse via Geocoding mit kleinräumigen statistischen Informationen und Marktdaten anzureichern, haben Sie ein exaktes Bild ihres Kunden und damit eine bestens qualifizierte Adresse", so Roland Pfeiffer, Geschäftsführer des Adressmanagementsoftware-Anbieters Uniserv in Pforzheim.

Eröffnet sich hier für die Anbieter detaillierter Zielgruppendaten ein gigantisches Geschäft? Norbert Stankus von KOOP Direktmarketing in Düsseldorf: "Nach unseren Erfahrungen sind diese Adressen sehr wertvoll und erzeugen gute Response-Werte bei allen Angeboten, die in irgendeiner Form mit dem Internet zusammenhängen, zum Beispiel Angebote aus den Bereichen Telekommunikation und Suchmaschinen. Bei Angeboten aus den üblichen Versandbereichen reagieren Internetnutzer zum Teil sehr empfindlich." Den Grund hierfür kann Boris Vöge von Marketic Deutschland in Hamburg nennen: "Adressen aus Internet und E-Commerce stammen von high-involved Personen, die an themenspezifischen Informationen ein überproportionales Interesse besitzen und somit als Highresponder beurteilt werden können." Auch er ist überzeugt, dass Internet und E-Commerce hervorragende Möglichkeiten bieten, Kaufhistorien und Kundendaten direkt mit Kundenadressen in Bezug zu setzen und so hoch qualifizierte Profile zu bilden.

Noch allerdings sind die so generierten Datenbestände klein. Die Branchenexperten wissen, dass es noch dauern wird, bis die über das Internet generierten Stückzahlen die "klassisch" gewonnenen Mengen erreichen oder gar überschreiten. "Von daher sind im Augenblick die normalen Postkäufer noch die wichtigste Adressgruppe", so Norbert Stankus. Das Internet verheißt aber nicht nur Positives. Kerstin Plehwe, Geschäftsführerin von iCentric in Hamburg, mahnt an, "sich den Problemen der kurzen Lebenszyklen von E-Mail-Adressen in punkto Aktualität zu stellen". Und Bernhard A. Allzeit von der Hamburger Adressmanagement & Services ist skeptisch: "Es können neue Kunden gewonnen werden, wobei abzuwarten ist, ob es sich tatsächlich nur um eine Verschiebung des Bestellmediums handelt." Sein Fazit: "Das Internet wird nicht unbedingt zur Generierung neuer Adresspools beitragen." Auch Heinz Fischer, Chef von Fischer & Partner in Hamburg, zeigt sich reserviert: "Über E-Commerce oder Banner-Klick gewonnene Adressen fehlt häufig die Qualifikation, fehlen wichtige Selektionsmerkmale."

Eine Sache ist es, Adressen via Internet zu generieren. Eine andere, sie über das Internet auch zu verkaufen und zu liefern. Der Hoppenstedt-Verlag in Darmstadt plant bereits die Online-Übermittlung, so Roland Repp. Auch andere Branchenexperten sehen einen Markt für die Online-Lieferung von Adresslisten. Ein Problem ist jedoch hier der Datenschutz, denn theoretisch können im Web an den Verbindungskanälen Wegelagerer auflauern: Roland Pfeiffer macht der oftmals unbekümmerte Umgang mit dem Schutz der Daten beim Transport Sorgen: Die Bestände seien recht einfach elektronisch zu kopieren, ohne das es jemandem auffallen würde.

Auch Norbert Stankus hält eine Lieferung nur in geschlossenen Benutzerkreisen für machbar: "Postkäuferadressen unterliegen bestimmten Regularien. Die Nutzung erfolgt im Rahmen der Auftragsdatenverarbeitung, das heißt, der Listeigner muss der Vermietung zustimmen und er muss EDV-Verarbeiter und Lettershop sorgfältig auswählen beziehungsweise akzeptieren, da das Bundesdatenschutzgesetz eine Übermittlung der Daten an Dritte verbietet. Deswegen wird ein direkter Online-Datenbankzugriff zur Zeit nur schwer zu realisieren sein." Wenn es jedoch darum geht, die Datenbanken abzufragen, um zum Beispiel einen Überblick der vorhandenen Listen zu erhalten, ohne sie direkt online zu liefern, sieht die Sache anders aus. So erlaubt AZ Bertelsmann Direct seit 1997 den Online-Zugriff auf die komplette Firmendatenbank und der Hoppenstedt-Verlag steht dem nicht nach.

Roland Repp: "Unsere Online-Firmendatenbank bietet die Möglichkeit zu Adressanfragen über das Internet." Auch Heinz Fischer sieht ein zunehmendes Geschäft für diese Datenbankanbieter. Und Boris Vöge ist vom Nutzwert des Internet zur Informationsbeschaffung ohnehin überzeugt: "Das Internet lässt sich für Unternehmen hervorragend zur Anreicherung von Kunden- und Interessentendaten nutzen. Zum Beispiel können neben dem Einkauf von Adressen, die einem gewünschten Profil entsprechen, auch sehr schnell und effizient mikrodemographische Daten von Anbietern zur Profilerweiterung herangezogen werden."

Aber auch hier gilt: Das Internet ist eben noch ein junges Medium. "Eine Zielgruppenselektion, wie sie von den Offline-Datenbanken angeboten wird, ist noch nicht in vollem Umfang möglich", so Heinz Fischer. Nach seinen Angaben fehlen die wertvollen Consumer- und B-to-B-Zielgruppen, die im Listbroking-Markt zur Verfügung stehen. So sind 1.800 dieser Listen in Deutschland und mehr als 40.000 weltweit nicht online verfügbar. "Für den klassischen Listbroker spielt zumindest zum jetzigen Zeitpunkt das Medium Internet als Vertriebsweg noch keine Rolle", so Bernhard A. Allzeit. "Das Internet stellt hier lediglich die Plattform für die eigene Leistungsdarstellung sowie für den Informationsaustausch dar. Da das Listbrokinggeschäft sehr beratungsintensiv ist, steht das persönliche Gespräch im Vordergrund."

Das weltweite Netz - es hat sogar in der Entwicklung der EDV-Systeme für das Database Management seine Finger im Spiel: "Die Trends stehen natürlich in starkem Zusammenhang mit der Entwicklung des Internet", so Dieter Schefer. Es sei wichtig, dass der Dienstleister technisch unabhängig bleibe, um seinen Kunden einen bequemen und unkomplizierten Zugriff auf die Datenbanken zu ermöglichen. Denn: "Schließlich sind Kundenorientierung und -zufriedenheit für uns als Dienstleister das Maß aller Aktivitäten!" Auch Nils Ulrich von 3D-Direktwerbung in Elmshorn meint: "Das Internet muss an die bestehenden Vertriebswege angebunden werden." Eine künftige Internetanbindung des Datenbanksystems erlaube es zudem, schnell Datenbestände zu referenzieren und vollautomatisch falsche Adressbestände auszusteuern, so Roland Pfeiffer. Doch mal ganz abgesehen von den neuen Möglichkeiten der Adressgenerierung via Internet gibt Dirk Steffke von DS Direkt in Hamburg zu bedenken: "Es gibt zu viele Trends ... die aber alle nutzlos sind, solange User angefangen vom kleinen Zwei-Mann-Betrieb bis zu Großverlagen bei der Adresserfassung und Pflege keine Datendisziplin einhalten."

Eines übersieht so mancher Adresshändler bei all der positiven Grundstimmung zugunsten des Internet: Die Kunden, so Dr. Walther Ludwig, bauen verstärkt eigene Adressdatenbanken auf. Das Marketing bewegt sich weltweit auf den Kunden zu, und hier spielen Customer-Relationship-Management-Systeme bei den Unternehmen eine zunehmende Rolle. Ingo Jürgens, Geschäftsführer von iCentric: "Die Zukunft gehört den eCRM-Programmpaketen und Campaign-Management-Tools. Sie ermöglichen die Individualisierung des Dialogs mit dem Kunden." Wer braucht da noch Adresshändler, fragt sich Heinz Fischer: "Das Internet ist kein gigantisches Geschäft für die Adressverlage, eher ist das Gegenteil zu beobachten: Ein Übergang zur Selbstnutzung ohne Hilfe der Dienstleister.“

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