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DM-Ausbildungsmisere: Und was tun die Agenturen?

12.12.1998 - Die herrschende Personalmisere in der Dialogmarketing-Branche beschäftigt derzeit vor allem die Agenturen.

Die Fluktuation innerhalb der DM-Schmieden ist hoch, die Abwerbemethoden sind abenteuerlich und zudem sind nur wenige junge Leute bereit, in die Branche einzusteigen. Qualifizierte Mitarbeiter sind also kaum zu bekommen. ONEtoONE hat bei 20 deutschen Dialogmarketing-Agenturen nachgefragt, wie sie Mitarbeiter rekrutieren, ob sie den Nachwuchs aus- und weiterbilden und wie die Mitarbeiter gehalten werden.

Die Resonanz auf diese Umfrage war so groß, daß die Redaktion in zwei Folgen über die Ergebnisse berichten wird. In Teil I lesen Sie, wie Agenturchefs neue Mitarbeiter rekrutieren, und ob und warum sie ausbilden. In der nächsten ONEtoONE werden wir Sie über Weiterbildungsmaßnahmen und Mitarbeitermotivation in führenden Dialogmarketing-Agenturen Deutschlands informieren.

Boris Kochan von der Münchner Kochan & Partner sucht zunächst mal nach den generellen Ursachen für die Probleme bei der Mitarbeiterrekrutierung: "Wir sehen keine Ausbildungs-, sondern eine Imagemisere. Und daran sind die Direct-Marketer selbst schuld. Noch immer müffelt die Branche nach Coupon-Zählerei und nach lauwarmen Kommunikationskonzepten. Welche jungen, begabten Menschen begeistern sich schon für nach alten Vorlagen gestrickte Muster? Dabei ist gerade die direkte Kommunikation eine der spannendsten Aufgaben, weil: individuell, persönlich, schnell, nachhaltig, wirksam und belegbar - im besten Sinne also modern und jung. Die New-Media-Youngsters haben das längst begriffen. Hier ist er, der Hype, der junge Menschen anzieht und frischen Wind in die Branche bringt."

Soviel zu Kochans Branchenschelte, die nicht jeder seiner Kollegen teilen dürfte und dennoch zeigt: Die DM-Branche braucht vielleicht einmal eine "Image"-Kampagne. Wie vermitteln die Agenturen nun, daß der Muff längst ausgetrieben ist? Wie rekrutieren sie ihre Mitarbeiter?

Der Großteil der befragten Agenturen sucht vorwiegend über Stellenanzeigen. Auch gute Kontakte zu Universitäten oder Akademien wie der Bayerischen Akademie für Werbung, BAW, oder der Deutschen Direktmarketing Akademie, DDA, stehen weit vorn im Bemühen um neue Kollegen. Allerdings räumt zum Beispiel Graffiti-Chef Holger Kalvelage ein, daß dieser Weg zunehmend schwieriger wird, denn: "Das Dialogmarketing gewinnt so rasant an Bedeutung, daß einfach mehr Leute gesucht werden als früher." Dem stehe entgegen, daß "der Ausbildungsstand der Bewerber, insbesondere der Hochschulabgänger, in Bezug auf das Dialogmarketing immer noch weit von dem gewünschten Niveau entfernt ist".

Agenturen wie zum Beispiel OgilvyOne, Wunderman Cato Johnson oder Scholz & Friends sind in der glücklichen Situation, eine Menge Initiativbewerbungen zu bekommen: "Ungefähr ein Drittel der Mitarbeiter, die wir einstellen, bewerben sich unaufgefordert bei uns. Darunter sind insbesondere junge Leute, die frisch von der Ausbildung kommen", sagt OgilvyOne-Chef Rolf-Dieter Hölzel. Die Frankfurter Agentur ist überdies Sponsor einer Nachwuchsagentur an der Berliner Hochschule der Künste - ein probates Mittel, um frühzeitig auf junge Talente zugehen zu können. Auch Dorfer Dialog pflegt direkte Beziehungen zu zwei Lehrstühlen.

Jenseits der Werbemetropolen haben es die Agenturen besonders schwer, neue Mitarbeiter zu bekommen. Beate Müller von Peter Reincke Direktmarketing klagt: "Insbesondere im Bereich Beratung haben wir es gar nicht so leicht. Aschaffenburg ist für einen Kontakter mit etwas Berufserfahrung nun mal nicht der Nabel der Welt. Konsequenz: Wenn wir Stellenanzeigen in Fachmedien oder überregionalen Tageszeitungen schalten, ist die Resonanz zwar o.k., aber die Qualifikation der Bewerbungen läßt entweder stark zu wünschen übrig oder ist derartig hoch, daß die Vorstellungen über das Aufgabengebiet und / oder das Gehalt nicht realisiert werden können."

Ulrich Brüggemann von Brüggemann & Freunde im westfälischen Borken hat ein ähnliches Problem - und eine neue Strategie, damit umzugehen: "Noch suchen wir unsere Mitarbeiter über Stellenanzeigen, Headhunter und Kontakte zu den Unis. Wir werden aber demnächst zumindest Führungskräfte nicht mehr über Anzeigen suchen. Wir sind schließlich Direktwerber und bauen deshalb jetzt unsere eigene Datenbank auf und sprechen die Leute direkt an. Wenn wir gute Kampagnen sehen, recherchieren wir, wer dafür verantwortlich ist und bauen unser eigenes Headhunting auf."

Generell werden in der Dialogmarketing-Branche eher selten Headhunter eingesetzt - es sei denn, es werden Führungskräfte gesucht. Wolfgang Kracht von Kracht & Woelky meint allerdings: "Über Headhunter an die Topleute zu gelangen, ist ein frommer Wunsch. Es sei denn, man setzt die Kopfjäger gezielt auf einen Wunschkandidaten an. Das ist aber nicht unser Stil." Auch Kracht moniert, daß Stellenanzeigen zwar Massen an Bewerbungen, darunter aber leider wenig qualifizierte, bringen.

Besonders erfolgreich in der Mitarbeiterwerbung ist die persönliche Empfehlung, die von eigenen Mitarbeitern, Kooperations- und Geschäftspartnern ausgesprochen wird. Für Manfred Dorfer von Dorfer Dialog ist dies "die ergiebigste Quelle". Auch Michael Horlacher von energy Werbung rekrutiert 90 Prozent der neuen Mitarbeiter über Tips von Mitarbeitern und Kollegen. Bei OgilvyOne wird sogar eine kleine Prämie für eine gute Empfehlung ausgelobt. Dies ist übrigens nur ein Grund, warum für die Mitarbeiterzufriedenheit gesorgt sein muß: Sind die Kollegen zufrieden, "ziehen sie ehemalige Kollegen nach", so Herbert Lenzner von Geis & Partner. Auch die elektronische Suche erhält zunehmend Bedeutung. So rekrutieren u.a. HM1 oder M-S-B+K Stuttgart ihre Mitarbeiter auch via Internet.

Neben der Werbung von berufserfahrenen Mitarbeitern bildet die Mehrheit der DM-Schmieden selbst aus, um sich langfristig Know-how in der Agentur aufzubauen. Uwe Middeke von HM1 sagt treffend: "Man kann nicht ewig über Nachwuchsprobleme klagen und nichts dafür tun." Das sehen viele seiner Kollegen genauso (13 von 20 befragten Agenturen beschäftigen Azubis) und bilden neben Werbekaufleuten und Druckvorlagenherstellern auch Trainees, Volontäre und Praktikanten aus.

Das Problem zum Beispiel bei Textern oder Kontaktern ist, daß es keinen geregelten Ausbildungsgang gibt. Scholz & Friends in Hamburg setzt deshalb auf Trainigsprogramme "on the job". Christoph Stadeler, Chef von Wunderman Cato Johnson, faßt das Problem zusammen: "Wir müssen unsere Mitarbeiter ausbilden, da wir die Qualifikation, die wir für unser Geschäft benötigen - Kommunikationsgeneralisten mit integrativem Denken - am Markt nicht rekrutieren können. Deshalb bringen unsere neuen Mitarbeiter die unterschiedlichsten Erfahrungshintergründe mit und haben gemeinsam nur: Talent und soziale Intelligenz."

"Learning by doing" steht auch bei Peter Reincke Direktmarketing im Vordergrund. Darüber hinaus werden aber auch Werbekaufleute ausgebildet. "Hier haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht und konnten bisher alle Auszubildenden in verantwortliche Jobs in der Beratung übernehmen", sagt Geschäftsführerin Beate Müller. Bei der Düsseldorfer Agenturgruppe BMZ!FCA mit den Töchtern More Sales, More Media und More Interactive können jährlich sechs bis zehn Azubis alle Disziplinen durchlaufen, "und dann entscheiden, in welchem Bereich sie sich am besten aufgehoben fühlen", so More Sales-Chefin Gabriele Bohn.

Einige Agenturen wie Graffiti, SAZ Dialog, energy Werbung oder Brüggemann & Freunde schicken ihre Mitarbeiter auch zu DDA- oder BAW-Studiengängen, um sie für das Dialogmarketing fitzumachen. Da dies allerdings eine kostspieligere Variante als die interne Ausbildung ist, - und viel Engagement von den Mitarbeitern erfordert - bleiben solche Ausbildungen meist den besten vorbehalten.

Engagement von seiten des Arbeitgebers fordern aber auch reguläre Ausbildungsgänge. Häufig werden Azubis zum Kaffee kochen und Kopieren verdammt - wenig motivierend für den Nachwuchs. Manfred Dorfer verspricht: "Wir sorgen dafür, daß die jungen Leute auch wirklich etwas mitkriegen und nicht als billige Mitarbeiter mißbraucht werden. Ganz entscheidend ist die Auswahl der richtigen Kandidaten. Denn ein gutes Abitur ist zwar hilfreich, aber nur eines von mehreren Kriterien."

Ein erstes Fazit der Befragung: Die Agenturen tun - im eigenen Interesse - einiges für den Nachwuchs der Branche. Was aber passiert, wenn die Mitarbeiter dann endlich da sind? Welche Weiterbildung wird den Youngsters geboten? Wie werden sie in der Agentur gehalten? Darüber lesen Sie in der nächsten ONEtoONE!

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