Zwar haben sich die Entwicklungen der Wirtschafts- und Wohlstandsindikatoren wie z.B. des Börsenindex DAX
, der Inflationsquote oder des verfügbaren Einkommens im Vorjahresvergleich deutlich positiv entwickelt. Die für das Weihnachtsgeschäft maßgeblichen Handelsindikatoren, allen voran die Umsatzentwicklung in den Geschenke-relevanten Kategorien sind jedoch tiefrot. Das Beratungsunternehmen BearingPoint
und das Handelsforschungsinstitut IIHD
gehen im diesjährigen Weihnachtsgeschäft in den Geschenke-relevanten Produktkategorien zwar von einem geringen nominalen Wachstum (stationär und online) von 1,8 Prozent auf nunmehr 89 Milliarden Euro aus - unter Berücksichtigung der aktuellen Inflationsraten ergibt sich preisbereinigt damit jedoch erneut ein Umsatzrückgang von 1,4 Prozent (2022: -5,8 Prozent).
Infografik zum Kaufverhalten im Weihnachtsgeschäft 2023 in Deutschland.
Grafik: Bearing Point & IIHD
VerbraucherInnen zeichnen dystopisches Bild: Verschlechterung der Wirtschaftslage, der eigenen finanziellen Situation und deutlich steigende Preise
Der anstehende Jahreswechsel scheint für die Deutschen kein Grund zur Freude. So geht die deutliche Mehrheit (58 Prozent) der von BearingPoint in Zusammenarbeit mit dem IIHD-Institut durchgeführten Befragung am 1. Adventswochenende auf den 20 passantenstärksten Einkaufsstraßen Deutschlands mit Ängsten, negativen Gefühlen oder gemischten Gefühlen ins neue Jahr. 95 Prozent der befragten Konsumentinnen und Konsumenten erwarten für 2024 eine Verschlechterung der allgemeinen Wirtschaftslage in Deutschland. Die finanzielle Lage des eigenen Haushalts wird weiter kritisch eingeschätzt. 31 Prozent der Teilnehmenden der jährlichen Weihnachtsbefragung erwarten hier keine Verbesserung. 40 Prozent gehen sogar von einer weiteren Verschlechterung ihrer finanziellen Lage aus. Im Wesentlichen auch, da fast alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer davon ausgehen, dass 2024 ein weiterer Anstieg der Verbraucherpreise bevorsteht.
Kay Manke
, globaler Leiter Operations bei BearingPoint, resümiert:
"Die Umsatzaussichten für das diesjährige Weihnachtsgeschäft erscheinen nur auf den ersten Blick positiv. Die anhaltende Inflation sorgt für einen preisbereinigten Umsatzrückgang. Die Konsumzurückhaltung setzt den gesamten Einzelhandel unter Druck. Insbesondere der Online-Handel wird zunehmend herausgefordert. Das deckt sich mit der pessimistischen Stimmung der Konsumentinnen und Konsumenten im Hinblick auf das nächste Jahr."
Laut Befragung büßen nahezu alle Geschenkekategorien im Vorjahresvergleich an Beliebtheit ein. KonsumentInnen greifen vermehrt auf das Verschenken von Schmuck zurück, was laut den Studienautoren eine typische Investition in Krisenzeiten darstelle.
VerbraucherInnen passen aufgrund negativer Erwartungen ihr Ausgabeverhalten an
Bei knapp 45 Prozent der Befragten haben die negativen Erwartungen einen deutlichen, wenn auch ambivalenten Einfluss auf deren Ausgaben im diesjährigen Weihnachtsgeschäft. Davon plant die Hälfte in diesem Jahr weniger Geld für Weihnachtsgeschenke auszugeben, da es aufgrund der negativen Erwartungen aus ihrer Sicht ratsam ist, zu sparen. Die andere Hälfte gibt wiederum an, aufgrund der Erwartungen für 2024 dieses Jahr mehr Geld für Weihnachtsgeschenke auszugeben. Entweder um sich "nochmal" großzügig zu zeigen (13 Prozent) oder da sie davon ausgehen, dass im kommenden Jahr weniger Geld zur Verfügung haben werden (9 Prozent).
Angesichts der aktuellen Wirtschaftslage und der im Jahr 2023 gesunkenen Inflationsraten, dem Festhalten der EZB am Inflationsziel 2 Prozent im Jahr 2025 sowie der positiven Entwicklung des Börsenindex DAX oder des verfügbaren Einkommens scheint sich das persönliche Erleben der Verbraucherinnen und Verbraucher von tatsächlichen Fakten loszulösen.
"Themen wie ein Krieg im Nahen Osten, ein geplatzter Bundesfinanzhaushalt und möglicherweise die Sorge, dass zugesagte Energiezulagen im nächsten Jahr entfallen könnten, trüben die Konsumstimmung in Deutschland auch zum eher besinnlichen Weihnachtsfest", so Prof. Dr. Jörg Funder
, Geschäftsführer des Handelsforschungsinstituts IIHD.
Nachhaltiger und ökologisch korrekter Konsum spielt im Weihnachtsgeschäft eine wichtige Rolle
Die Studie von BearingPoint und IIHD legt offen: Nachhaltiger und ökologisch korrekter Konsum gewinnt an Bedeutung und wird auch nicht durch günstige Preise ausgehebelt. Laut Umfrage ergibt sich gegenüber dem Vorjahr eine signifikant gestiegene Zahlungsbereitschaft der KonsumentInnen für Nachhaltigkeit und Ökologie: Trotz der allgemeinen pessimistischen Stimmungslage und der Zukunftsängste haben beide Themen an Bedeutung gewonnen. KonsumentInnen sind bereit, Mehrausgaben bewusst in Kauf zu nehmen.
Für mehr als 70 Prozent der Befragten ist nachhaltiger Konsum auch beim Geschenkeeinkauf (z.B. dem Kauf von fair gehandelten Waren) wichtig. 55 Prozent der Befragten sind auch bereit, hierfür höhere Preise zu zahlen. Ein bewussterer Konsum und die Reduktion des Ressourcenverzehrs z.B. durch die Bündelung von Bestellungen oder der Abholung von Bestellungen in stationären Ladengeschäften sind für knapp 60 Prozent der Befragten wichtig. Immerhin knapp die Hälfte aller Befragten hat auch hierfür eine höhere Zahlungsbereitschaft. Manke schlussfolgert:
"Für den Einzelhandel bedeutet dies spätestens ab heute: Nachhaltigkeit und Ökologie bewegen die Mehrheit der Konsumentinnen und Konsumenten."
>h2>Günstige Angebote animieren zum Kauf - Ausgaben für Weihnachtsgeschenke über Monate gestrecktDas Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher an den Rabatttagen Black Friday und Cyber Monday ist weiter hoch. Durch günstige Angebote und Preise lassen sich die Verbraucherinnen und Verbraucher jedoch immer weniger zum Kauf animieren. Der Konsument plant genauer, was er kaufen möchte und übt sich vielerorts in Zurückhaltung beim Impulskauf. Das gibt auch die gemeinsam durchgeführte Studie wieder.
Erstmals wollen weniger Deutsche als im Vorjahr am kommenden Black Friday teilnehmen und mehr als doppelt so viele Befragungsteilnehmer geben an, sich nicht durch günstige Preise zum Kauf verlocken zu lassen (knapp 30 Prozent der Befragten). Zwar wurden auch dieses Jahr früh, bereits im Oktober, Weihnachtsgeschenke gekauft. Die bisher realisierten Umsätze sind im Jahresvergleich jedoch gering. Lediglich 51 Prozent des Weihnachtsbudgets (online: 57 Prozent, stationär: 44 Prozent) wurden bis zum ersten Adventwochenende ausgegeben. Zum Vergleich - im Vorjahr waren es bereits mehr als 64 Prozent der Weihnachtsausgaben. Die Verbraucherinnen und Verbraucher strecken ihre Weihnachtseinkäufe über mehrere Monate.
Es bleibt angesichts der aktuellen Stimmung schwierig abzuschätzen, inwiefern es dem Handel gelingt, das volle Potential für geplante Weihnachtsausgaben auszuschöpfen. Gerade der ohnehin schon im Jahresverlauf gebeutelte innerstädtische Einzelhandel scheint dabei das Problemkind zu sein. Mehr als die Hälfte der beliebtesten Einkaufsstraßen Deutschlands verzeichnet im Vorjahresvergleich zum Beginn der Adventszeit einen deutlichen Rückgang der Passantenfrequenzen. Darunter unter anderem München (-28,2 Prozent), Berlin (-18,2 Prozent) und Frankfurt am Main (-10,7 Prozent).