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Kommentar

Team B

18.08.2017 - Liebevoll das "Klassentreffen" der Branche genannt, steht auch in diesem Jahr die dmexco an. Nicole Rauch, Teamleiter Native Advertising bei Leap, stellt sich die Frage, warum die Messe so genannt wird. Wegen der Wiedersehensfreude von Kollegen oder doch eher wegen dem Konkurrenzgehabe, was bei jedem Klassentreffen irgendwann durchschlägt? Ein offener Brief an die Branche.

von Verena Jugel

Problem ist allerdings, dass diese zu vergleichen sind mit den Typen beim Klassentreffen, die den ganzen Abend von sich erzählen und was sie schon alles erreicht haben. Meist auch sehr von sich selbst eingenommen und besserwisserisch. Oft tauschen sich solche Personen innerhalb ihres Teams zwar aus, an eine echte Zusammenarbeit ist jedoch nicht zu denken, weil sich jeder selbst am nächsten steht und die Lorbeeren kassieren will. Ein Image muss schließlich gepflegt werden.

Stellt sich die Frage: Wissen die schon alles oder wissen sie eigentlich genauso viel wie Team A? Wie sonst lässt es sich erklären, dass nach schwer verdaulichen Vorträgen oft nur selten Fragen gestellt werden? Unsicherheit, weil sich Team B im Publikum nicht die Blöße geben möchte, eventuell peinliche Fragen zu stellen? Oder war der Vortrag inklusive Eigenvermarktung wirklich so gut und wir sind alle Genies, so dass nichts hinterfragt werden muss? Wie erklärt sich dann aber, dass die meisten Innovationen nur von einigen wenigen auch ansatzweise angetrieben und umgesetzt werden? Ist natürlich alles nur Spekulation und soll niemandem etwas unterstellen.

Bei einem Klassentreffen würde man hier wohl eher klassifizieren in Blender, Angeber oder auch Schwätzer. Vor längerer Zeit war der große Hype noch Mobile Marketing, was sich allerdings nie so wirklich richtig durchgesetzt hat? Oder warum hat Mobile-Traffic noch immer einen qualitativ minderwertigen Ruf und wird nur minimalistisch bezahlt? Es ist u.a. die Rede vom großen Trend User-Experience-Optimization. Wahnsinn, das klingt so trendy. Eingedeutscht heißt es Verbraucher-Erfahrungs-Optimierung. Nicht ganz so spannend oder? Ist das tatsächlich ein Trend über den man sprechen muss? Oder ist es vielmehr so, dass es selbstredend ist, jede Kampagne zu optimieren, um sowohl Werbetreibende als auch Verbraucher glücklich zu machen sowie gute und immer bessere Ergebnisse zu erzielen?

Auch die Customer-Journey (eingedeutscht = Verbraucher-Reise) soll künftig mehr berücksichtigt werden. Ja natürlich, warum ist die Branche auch nicht schon früher darauf gekommen?! Dann gäbe es sicherlich auch solch verrückte Sachen wie Produktproben, Gutscheine, Newsletter, Bewegtbildwerbung usw.. Ach stimmt, gibt es ja bereits, nur eben nicht anständig vernetzt und optimiert.

Content Marketing gilt aktuell als Heilsbringer für gutes Google Ranking, und damit verbunden, relevanten Traffic. Soweit ein guter Ansatz: Der Webseiten-Besucher bekommt wieder Inhalte, die ihn interessieren und informieren. Die Adblocker sind laut der Branche nämlich nicht entstanden, weil mit nervenden Bannern, Videos und sonstigen aufdringlichen Formaten die Besucher verscheucht wurden. Nein! Es lag einzig an der Relevanz der Werbung. Warum hat der Webseitenbesucher auch gerade nicht das Interesse an einem blinkenden, den Inhalt überladenden Banner? Selbst Schuld! Banner und PopUps sind doch super und erzielen enorm gute Klickraten, wenn sie denn relevante Inhalte liefern. Ja, na klar!

Der Ansatz der Profis aus Team B muss gut sein, das bezweifelt niemand. Schließlich haben sie oft jahrelange Erfahrung, eine große Brand (eingedeutscht = Marke) im Rücken oder einen bekannten Namen. Durch ebenso lange Finanzierung diverser Anzeigenschaltungen bekommen sie dann auch eine Seite in wichtigen Fachzeitschriften und genießen absolutes Vertrauen bei der Leserschaft. Nebenbei gefragt: Ist das eigentlich auch Content Marketing?
Wie dem auch sei. Der Ansatz Content Marketing ist super und scheint ein echter Trend zu sein. Da stellt sich dann allerdings die Frage, warum die dmexco dann nicht zum Motto hat "Content is King - this has always been the case and will remain so".

Native Advertising war der Heilsbringer im letzten Jahr. Wir platzieren im natürlichen Lesefluss, ohne den Besucher zu stören mit relevanten Inhalten auf thematisch passenden Seiten. Soweit zur Theorie. Die Praxis sieht dann so aus, dass sich automatisch Videos mitten im Text öffnen, die den Nutzer unterbrechen und mit dem eigentlichen Artikel, oft noch nicht mal mit der Seite an sich, etwas zu tun haben.

Oder man bekommt im zarten Alter von 30 Jahren auf einer Reise-Seite eine Werbung für Hörgeräte angezeigt. Nun möchte man denken, dass das sicherlich auf das Surfverhalten zurückzuführen sei. Nein, aus zuverlässigen und vertrauenswürdigen Quellen ist bekannt, dass dies nicht der Fall war. Wie war das noch mit Auslieferung in thematisch passenden Umfeldern? Man hat wohl schnell gemerkt, dass das die Reichweite einschränkt und geht dann einfach mal wieder auf Zielgruppe und kann damit mehr von dem Budget abstauben. Ob diese nun auch getroffen wird, ist ein anderes Thema. Warum liefert man nicht dort aus wo es auch funktioniert? Selbst wenn die Preise durch Verknappung der Reichweite steigen, dann haben doch aber alle Seiten das, was sie sonst predigen: Für guten Traffic gebe ich auch gerne höhere Preise aus.

Übrig bleibt Team C. Die bleiben zuhause und schwelgen in Erinnerungen an Zeiten, in denen man bei 290 Ausstellern tatsächlich noch gute und effiziente Gespräche führen konnte. An Zeiten, in denen auf der Bühne noch echte Mehrwerte innerhalb der Vorträge geliefert wurden und keine Verkaufsveranstaltungen stattfanden. An Zeiten, in denen man wirklich über Kooperationen sprach und sich auch Alternativen anhörte. An Zeiten, in denen wirklich wichtige Themen angepackt, nicht nur darüber philosophiert wurde.

Vergleichbar mit den coolen und ruhigen Klassenkameraden, die sich auch auf den Klassentreffen bedeckt halten oder gar nicht erst erscheinen, weil es ihrer Meinung nach sowieso immer auf das Gleiche hinausläuft. Warum sollten sich alte Hasen, die das Spielchen bereits kennen, auf ihre "alten" Tage das noch antun? Genau, es gibt keinen Grund. Statt 20 Termine auf der dmexco am Tag, kann man auch ganz bequem sehr viel günstiger vom Büro aus seine potentiellen Kunden anrufen oder besuchen und besprechen, wo Ansatzpunkte sind, welche individuelle Lösung man anbieten kann, wo Schwachstellen sind, wo man sich zum nächsten Mittagessen trifft usw..

Selbst bei den Termin-Einladungen ist das Wort Klassentreffen mehr als zutreffend. Beim Klassentreffen bekommt jeder aus der Klasse eine Einladung. "Er war ja schließlich ein Klassenkamerad und muss eingeladen werden". Die Aufforderungen zu Terminen bei der dmexco werden nach dem gleichen Prinzip oft einfach standardmäßig an alle Aussteller geschickt. Individuelle Ansprachen, bei denen man merkt, dass sich der Anfragende auch mit einem Aussteller vorab befasst hat, findet man sehr selten. Das Team C spricht hier von Reichweitenkampagne komplett ohne Zielgruppeneingrenzung und Targeting. Und was hat Team C mit jahrelanger Erfahrung gelernt? Richtig, es wird nicht funktionieren und ist unnötig. Hintergrund scheint bei solchen Termineinladungen wohl doch eher der Visitenkartenfang, anstatt wirkliches Interesse an einer Kooperation zu sein. Und bei so vielen Besuchern und Ausstellern macht das wenig Sinn. 0815-Anfragen werden nicht beantwortet. Oder man antwortet, macht einen Termin aus und die Grundwerte wie Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit und Pünktlichkeit werden nicht eingehalten. Termine kann man dank Mobilfunk zumindest absagen, was 80 % aller Besucher nicht machen, eben weil der Termin nur zur Sicherheit abgeschlossen wurde. Getreu dem Motto: Viel hilft viel, aber mal sehen, ob noch was Besseres nach kommt.

Die Branche hat schon immer gerne gefeiert und auch am liebsten sich selbst. Das ist nichts Neues. Allerdings hatten alle vor vielen Jahren auch Grund zum Feiern, weil wirklich etwas vorangetrieben wurde. Viele Premieren wurden gefeiert. Man hat probiert und einfach gemacht. Machertypen mit Risikobereitschaft ohne Scheu, sich in der Branche lächerlich zu machen. Klar war die Konkurrenz und damit die Möglichkeit noch nicht so groß. Das bedeutete aber auch mehr Zusammenhalt. Es wurden keine Kampagnen storniert, nur weil am ersten Tag noch kein Lead erzielt wurde und der nächste Partner zu noch niedrigeren Preisen getestet. Man hat sich nach 1 Woche zusammengesetzt und überlegt, wie man gemeinsam die Kampagne optimieren kann. Und beide Seiten haben ihr Möglichstes dazu beigetragen und waren nicht beidseitig beratungsresistent.

Team C hat wohl oft eher den Eindruck, dass heute einfach nur noch über Preisdumping Geschäfte gemacht werden. Vergleicht man, was Agenturen oder Kunden als TKP für eine Platzierung mit allen verfügbaren Targetings bezahlen möchten, dann ist das manchmal schon eine bodenlose Frechheit. Aber bei der dmexco auf der Bühne zum Besten geben, dass man für gute Qualität auch bereit sei, gute Preise zu bezahlen. Lediglich die Definition von "gut" fehlt. Umgekehrt gibt es auch große Publisher, die Preise jenseits der Schallmauer aufrufen. Warum? Einfach weil sie es können. Da zählen auch nicht die Ergebnisse sondern die Titel. Und genau damit rennen die meisten Anbieter raus und versuchen den Spiegel, Fokus oder sonstige Top100-AGOF-Seiten zu verkaufen, die sie in der direkten Anbindung gar nicht haben, sondern wie alle anderen auch, einfach nur programmatisch einkaufen...ohne Individualität der Umsetzung. Die Branche bescheißt sich selbst, wie will sie dann verhindern, dass der Kunde nicht beschissen wird?

Wenn man ein erfolgreiches Klassentreffen veranstalten möchte und den Zusammenhalt wie zu Schulzeiten, nennen wir diese New Economy, herbeiführen möchte, dann muss man alle Teams vereinen. Das gelingt allerdings nur durch

1. Offenheit
Man erzählt sich offen und ehrlich über Erfolg und Misserfolg! Echte und keine schön gerechneten Zahlen über Performance-Steigerung und Preise! So klassifiziert man Dinge, die wirklich funktionieren und dreht sich nicht unnötig im Kreis.

2. Erinnerung
Wie bei einem Klassentreffen könnte Team B und C in Erinnerungen schwelgen und Team A darüber berichten, wie man "früher" vorgegangen ist, damit diese sich ein besseres Bild machen können, wie Online Marketing gewachsen ist, was funktioniert hat und was nicht. Darauf ließe sich aufbauen.

3. Erfahrungswerte austauschen
Offen und ehrlich den Wein in neuen Schläuchen aufdecken und dazu stehen, dass es vieles schon einmal gab. Gegenseitig inspirieren und vor allen Dingen helfen. Denn davon profitiert der komplette Markt.

4. Freundschaften erhalten aber auch aufbauen
Klar, bei einem Klassentreffen erscheinen auch nur diejenigen, die man aus der Klasse kennt und nicht alle Schüler einer Schule. Dennoch sollten wir die dmexco eher wie eine Schule sehen, bei der Schüler niemals auslernen, offen sind für neues und sich austauschen. Nicht nur die Pausenbrote zwischen den Lieblings-Klassenkameraden hin und her schieben.

In diesem Sinne, getreu dem Motto, man lernt nie aus!

[/i]Die Autorin Nicole Rauch ist seit 2001 in der Online-Branche tätig. Bevor sie im April 2017 zu LEAP wechselte, war sie Geschäftsführerin bei evania MEDIA. Zuvor hatte sie leitende Positionen u.a. bei Econa, Erento und ClickDistrict inne. Während der Führung ihres eigenen Unternehmens Mediaarrow von 2013 bis 2016 war sie auch als gelistete Beraterin bei der KfW-Bank für Online-Marketing tätig. Derzeit baut sie bei LEAP, einer Agentur, die sich auf Suchmaschinen- und Conversion-Optimierung spezialisiert hat, den Bereich Native Advertising aus.[i][reflinks]Leap   [/reflinks]

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