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Adressgeschäft

Die Wahrheit liegt in der richtigen Mischung

Ist die Postanschrift in Zeiten von Big Data und Digitalisierung verzichtbar? (Bild: 2012 - 2013 Apple Inc., Karten; zu sehen ist die Innenstadt von Hamburg)
Ist die Postanschrift in Zeiten von Big Data und Digitalisierung verzichtbar?

11.07.2016 - Was ist die postalische Adresse - einst wichtiges Glied in der Marketing- Kette - in Zeiten von Big Data und Digitalisierung noch wert? Nach wie vor spielt sie eine Rolle fürs Marketing, diese hat sich jedoch gewandelt. Eine Bestandsaufnahme.

von Verena Jugel

"Die Gewichtung der postalischen Adresse im Werbeeinsatz hat sich sicherlich etwas verschoben", sagt Sigrid Sieber, Geschäftsführerin von DataM- Services. Ihr Unternehmen mit Sitz in Würzburg zählt verschiedene Fachverlage zu seinen Kunden, für welche DataM-Services nach eigener Aussage das Adress- und Datenbankmanagement übernimmt. "Gerade in Zeiten von Digitalisierung und Big Data geht es um die Steigerung der Effektivität durch crossmediales Dialogmarketing. Da ist die postalische Adresse ein wichtiger Baustein", sagt Sieber. Konkret bedeutet das, dass die Anschrift heute nicht mehr nur als Grundlage für postalische Werbeschriften notwendig ist, sie fungiert vielmehr als Basis für die so wichtige Verknüpfung zwischen Offline und Online. Mit der postalischen Adresse als Ausgangspunkt können Mailings mit verstärkenden E-Mail-Newslettern und Bannerschaltungen beispielsweise überhaupt erst kombiniert werden und Multi-Channel-Kampagnen so ihre Wirkung entfalten. Der Vorsitzende des DDV List Councils, Berthold Büscher, schreibt der Adresse daher die Funktion einer "Brücken- beziehungsweise Klammerbildung" zwischen den einzelnen Kanälen zu.

Sigrid Sieber ist Geschäftsführerin von DataM-Services (Bild: DataM Services)
Sigrid Sieber ist Geschäftsführerin von DataM-Services



"Im Ergebnis geht es also darum, wie die postalische Adresse als wichtiger Ankerpunkt mit allen weiteren stationären und digitalen Datenpunkten ergebniswirksam ergänzt wird; wie sie also in den relevanten Datenstrom eingeordnet und vor allem bewertet wird", fasst CEO Ulrich Schober zusammen.
Für die Dienstleister, die sich einst nur mit Offline-Daten beschäftigt haben, stellt das eine Herausforderung dar. Die Wertverschiebung der postalischen Adresse in der Werbewirtschaft zieht für die Dienstleister auch eine Neuausrichtung ihres Geschäftsmodells nach sich - in Richtung Digitalisierung. "Unser Geschäft hat sich deutlich in Richtung Online verschoben"sagt Peter Liebetrau, Geschäftsführer von Liebetrau Listservice. Seine Agentur betreue mittlerweile viele Unternehmen, die neue Kunden per E-Mail gewinnen - "ein Werbeweg, der sich in den letzten drei Jahren gut entwickelt hat", sagt er. Die Online-Schwester seines Unternehmens, Adcologne, die sich schwerpunktmäßig mit SEA beschäftigt, existiert seit nunmehr neun Jahren, erzählt Liebetrau, und habe mittlerweile fast die Größe des Offline- Geschäfts erreicht.

Peter Liebetrau, Geschäftsführer der Liebetrau Listservice GmbH (Bild: 2012 - 2013 Apple Inc., Karten; zu sehen ist die Innenstadt von Hamburg)
Peter Liebetrau, Geschäftsführer der Liebetrau Listservice GmbH



Berthold Büscher glaubt ebenfalls an beide Kanäle - Online und Offline - und sieht die Zukunft in ihrer Verbindung: "Intelligente, an der Customer Journey des Zielkunden ausgerichtete Multi-Channel-Kampagnen sind der Weg in die Zukunft eines weiterhin erfolgreichen Dialogmarketings. In dieser Kom-
bination wird die postalische Adresse weiterhin ein relevanter Bestandteil im Dialogmarketing neben der stark zunehmenden Digitalisierung in Richtung E-Mail und Display-Marketing sein."

Wie so oft gilt also auch für das Adressgeschäft von heute: "Die Wahrheit liegt in der richtigen Mischung", wie Peter Liebetrau zusammenfasst. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob überhaupt noch von dem Begriff "Adressmanagement" im klassischen Offline-Sinn gesprochen werden sollte. Denn: "Reine Offline- Datenbanken sind mir nicht mehr bekannt", so Liebetrau.

Kann man also noch von Adressmanagement sprechen? "Kann man!", sagt Quadress-CEO Daniel Simon. "Da es in den meisten Unternehmen nach wie vor verschiedene Datensilos gibt, die nicht miteinander verbunden sind, gibt es auch meistens einen klassischen Datentopf mit den Offline-Daten. Und diese gilt es, egal ob nun mit anderen Datentöpfen aggregiert oder nicht, zu pflegen und zu aktualisieren. Und das ist Adressmanagement", so Simon. Dennoch verstehen die meisten Adressdienstleister ihr Geschäft heute mehr noch als ganzheitliches Datenmanagement: "Das klassische Adressmanagement ist mittlerweile ein wichtiger Teil eines sehr viel größeren Bereiches geworden - des Datenmanagements für Customer Audiences", sagt Ulrich Schober. Neben den Adressdatenbanken seien etwa die sozialen Netzwerke und Behavioral Targeting nur einige Beispiele für Quellen, aus denen sich Informationen über einen Kunden ziehen lassen. "Alle diese Datenpunkte zeichnen in ihrer Gesamtbewertung Muster, die Unternehmen dabei helfen, ihr Geschäftsmodell besser zu skalieren, ihre Produkte zu vermarkten und insgesamt ertragreicher zu werden", führt Schober aus. Professionelles Adressmanagement bleibe dafür einer der wichtigsten Bausteine - "denn wie sollen Werbetreibende sonst eine 360-Grad- Perspektive auf ihre Kunden erreichen und sie maximal über den Kundenlebenszyklus monetarisieren, wenn ihnen eine wichtige Ansicht fehlt - die aus der `realen Welt`?"

Nicht reines Adressmanagement, sondern "ganzheitliches Kundenbeziehungsmanagement" ist heute also im Adressgeschäft gefordert, und zwar "mit allen Profilen, Kontaktpunkten, Aktionen und Reaktionen", wie auch Sigrid Sieber, Geschäftsführerin von DataM-Services, sagt. Und für einen erfolgreichen Kundendialog ist wiederum eine gepflegte Adressdatenbank die zentrale Voraussetzung. "Wer professionell kommunizieren will, muss auch professionell pflegen", sagt Branchenkenner Karl-Heinz Mühlbauer. Auf dem Gebiet scheinen deutsche Unternehmen allerdings noch Nachholbedarf zu haben.

Der erfolgreiche Kundendialog beginnt mit der richtigen Anrede Tatsächlich ist jede fünfte Adresse in Deutschland fehlerhaft. Das hat der aktuelle Adress Report 2016 ergeben, eine Erhebung der Deutschen Post Direkt (das auf Adressmanagement und Dialogmarketing spezialisierte Tochterunternehmen der Deutschen Post). Insgesamt 21,77 Prozent von 100 Millionen untersuchten Anschriften im Jahr 2015 wiesen demnach Fehler auf. Die verteilen sich dabei nicht gleichmäßig auf die einzelnen Adressbestandteile; vielmehr
sind bestimmte Teile einer Adresse besonders fehleranfällig. Häufig verkehrt ist bei Anschriften etwa die Anrede "Frau" oder "Herr". Rund 6,3 Prozent der untersuchten Adressen weisen bei dieser einfachen, doch wichtigen Unterscheidung Fehler auf. Auch wenn eine Werbesendung trotz falscher Anrede zustellbar ist, kann die Kundenbeziehung getrübt werden, wenn eine Frau Müller mit "Herr" angeschrieben wird.

Vornamen sind laut Adress Report nur zu 1,65 Prozent falsch geschrieben, Nachnamen zu 1,81 Prozent. Fehleranfälliger sind wiederum Straßennamen (5,61 Prozent), Ortsnamen (3,82 Prozent) sowie Postleitzahlen (2,20 Prozent). Die Analyse erfolgte auf Grundlage der Postreferenz-Datei der Deutschen Post Direkt. In ihr sind eigenen Angaben zufolge mehr als 190 Millionen aktuelle und ehemalige Privatadressen gespeichert. Bereits in den Jahren 2010, 2012 und 2015 hat die Deutsche-Post-Tochter Studien zur Datenbankqualität deutscher Unternehmen durchgeführt. Die Adressqualität nimmt demnach von Jahr zu Jahr ab. Im Jahr 2014 änderten sich in Deutschland rund 300 Ortsnamen, 21.000 Straßen wurden neu angelegt, aufgeteilt oder umbenannt. Acht Millionen Umzüge, 890.000 Todesfälle sowie 380.000 Hochzeiten und 170.000 Scheidungen mit einhergehenden Namensänderungen erschweren die Beständigkeit der Adressen.

Untersucht wurden insgesamt zehn Branchen, darunter Automotive, Einzelhandel, Konsumgüter sowie jeweils der öffentliche und der gemeinnützige Sektor. Im Jahr 2015 lag der Wert an unzustellbaren Adressen im Branchendurchschnitt bei 14,2 Prozent. Für werbetreibende Unternehmen bedeuten ungültige Adressen, zum Beispiel aufgrund eines Umzugs, vor allem finanzielle Verluste. Produktions- und Portokosten für das Mailing werden unnötig ausgegeben. Eine Werbebotschaft, die ihren Empfänger nicht erreicht, kann zudem entgangenen Umsatz bedeuten - wie viel Umsatz dadurch nicht realisiert werde, ist laut Deutsche Post Direkt allerdings kaum möglich zu berechnen. Ist ein Mailing zum Beispiel an eine bereits verstorbene Person adressiert, leidet zudem
das Image des Unternehmens. "Diese Glaubwürdigkeit wieder herzustellen, ist eine mühsame, langfristige und vor allem teure Aufgabe", sagt Ulrich Schober, CEO der Schober Information Group. Denn laut der Deutschen Post Direkt kostet es ein Unternehmen fünf bis sieben Mal mehr, einen Kunden neu zu gewinnen, als einen Bestandskunden zu halten. "Das Problem fehlerhafter Anschriftendaten ist nicht neu, damit schlagen sich Versender schon seit jeher herum", sagt Peter Liebetrau. "Heute ist der Ein- fluss auf eine gewissenhafte Erfassung kleiner, da viele Daten vom Kunden selber online erfasst werden. Dafür müssen Automatismen der Bestellung nachgelagert werden, die die Daten überprüfen. Diese kosten Geld", sagt er. Die Post sei dabei besser als ihr Ruf, denn der größte Teil der Adressen sei trotz fehlerhafter Teilinformation zustellbar. "Deswegen scheuen viele Versender die zusätzlichen Kosten für Prüfungen und Korrekturen", sagt Liebetrau.

Das Bereinigen von Adressbeständen gehört wiederum zum Service der Adressdienstleister. Hierzu werden Kundendaten etwa mit Verstorbenen- und Umzugsdatenbanken abgeglichen. "Die Pflege von Adressbeständen beziehungsweise CRM-Daten hinsichtlich Zustellbarkeit, Umzug oder Verstorbener erfolgt bei uns - wenn gewünscht - tagesaktuell und automatisiert", erläutert Daniel Mundt, zuständig für das Adressmanagement der A+S DialogGroup. Der Dienstleister aus Ditzingen bei Stuttgart verfügt mit der "a+s Adresswerkstatt" über eine eigene Softwarelösung für das B-to-B und B-to- C zur Bereinigung und Anreicherung von On- und Offline-Daten, wie er sagt.

Daniel Mundt führt den Bereich Adressmanagement bei A+S (Bild: 2012 - 2013 Apple Inc., Karten; zu sehen ist die Innenstadt von Hamburg)
Daniel Mundt führt den Bereich Adressmanagement bei A+S



Der Trend der Dienstleistung gehe laut Berthold Büscher von AZ Direct aktuell hin zu tagesaktuellen Einzelsatzprozessen in Echtzeit. "Hier bieten wir hoch integrierte Online-Prozesse für unsere Kunden an und verzeichnen in diesem Segment relevante Umsatzsteigerungen", sagt er. Wer solche Kosten scheut, muss seine Kunden wiederum selbst auf etwaige Änderungen in seiner Anschrift ansprechen und die Aktualisierung der Daten selbst vornehmen. "Das ist natürlich auch mit entsprechendem Aufwand verbunden, und jeder muss für sich selbst schauen, welcher Mechanismus hier der kostengünstigere ist", fasst Quadress-CEO Daniel Simon zusammen.

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