2001: Wenig Zeit für Euphorie

31.12.2001 - Schlagworte des Jahres: "Konsolidierung" und "Konzentration aufs Kerngeschäft"

sam/mac Rückblickend lässt sich das Jahr 2001wohl mit einem Begriff am besten zusammenfassen: Wandel. Und das gilt im positiven wie im negativen Sinn. Der Optimismus, der sich im Boom-Jahr 2000 in so manchen Chef-Etagen etabliert hatte, war noch zu Beginn dieses Jahres zu spüren: Investitionen wurden getätigt, Agenturen gegründet. Doch die wirtschaftliche Lage hat sich geändert. Einbrechender Werbemarkt, Börsenflaute, Terroranschläge in den USA und drohende Rezession - auch das waren Realitäten, denen sich die Branche in diesem Jahr stellen musste. Nicht allen ist es gelungen, sich in diesen schwierigen Zeiten zu behaupten - aber vielen eben doch. ONEtoONE präsentiert hier einen Überblick über einige Ereignisse, die den DM-Markt im Jahr 2001 bewegt haben.

JANUAR

Fortgeführt: Lettershop Schonard Letzte Rettung für den pleiteverdächtigen Lettershop Schonard in Dettingen: Die Bamberger GHP und die Stuttgarter DMFactory haben vereinbart, den Lettershop weiterzuführen und in ein Joint Venture namens LS Dialogmarketing umzuwandeln. Beide Unternehmen sind zu je 50 Prozent an der neuen Auffanggesellschaft beteiligt und wollen nun eine rund einjährige Konsolidierungsphase einleiten.

Aus der Taufe gehoben: Freihafen Frischer Wind für die Hamburger Agentur-Szene: Freihafen, benannt nach ihrem Firmensitz im Hafen der Hansestadt, wird aus der Taufe gehoben. Die 30-Mann-Agentur, die unter das Dach des DDB-Networks gehört, kann sich über einen namhaften Kunden freuen: Volkswagen. Den hatte Geschäftsführer Thomas Kramer von seinem Alt-Arbeitgeber FCB/Direct - neben einem Großteil der Mannschaft - mitnehmen können. Weitere Gründer von Freihafen sind Hartmut Kozok und Tobias Clairmont, die mit Wirkung zum 1. Juli in die Geschäftsführung berufen werden.

Gegründet: TBWALalla Marek Dialog Man munkelte seit Monaten, nun ist es amtlich: Andreas Lalla, ehemals Geschäftsführer von Fritsch Heine Rapp Collins, und Volker Marek, zuletzt Creative Director bei MSBK Proximity haben eine eigene - zum TBWA-Network gehörende - Agentur gegründet: die TBWALalla Marek Dialog in Hamburg. Schon bald können die Agenturgründer Talkline und Essilor auf ihre Kundenliste setzen.

Fusioniert: FHRC und Direct Friends Der Beginn einer kurz anhaltenden Freundschaft: Die Hamburger Agenturen Fritsch Heine Rapp Collins und Direct Friends geben in feierlichem Rahmen ihren Merger bekannt. Man will künftig als "Komplettanbieter" agieren und hat dafür bereits eine gemeinsame Geschäftsphilosophie, den so genannten "Total Communication Approach", ins Leben gerufen. An der Spitze der Agentur, die weiterhin Fritsch Heine Rapp Collins heißen und Direct Friends als Marke erhalten will, stehen nun Otfried A. Fritsch, Michael Klein, Georg Schuhmacher, Jürgen Fechner und Frank Kluge. Doch das junge Agentur-Glück währt nicht lange, schon im August beginnt das Management-Team auseinanderzufallen ...

Gekauft: PrimeResponse Geballtes CRM-Know-how: Der Software-Riese Chordiant mit Hauptsitz im kalifornischen Cupertino kauft den in Cambridge/Massachussetts ansässigen E-Business-Spezialisten PrimeResponse für 33 Millionen Dollar. Im Juli meldet Chordiant den erfolgreichen Abschluss der Fusion.

Gestartet: Dynamic CRM CRM-Consulting aus dem Hause Grey: In Hamburg wird Dynamic CRM eröffnet, eine zur Grey-Gruppe gehörende CRM-Unternehmensberatung. Geschäftsführer Martin Nitsche kann sich über Kunden wie Deutsche Bank 24, TUI und E.ON freuen.

Formiert: 800nass Kleine Agentur, einprägsamer Name: In Hamburg geht 800nass Dialogmarketing an den Start. Die Mannschaft besteht zunächst aus fünf Mitarbeitern und soll nach Angaben von Geschäftsführer Michael Dubick nicht größer als 15 Mann stark werden. Klein, aber fein lautet die Devise von 800nass, die sich primär auf den Print-Bereich konzentrieren will.

FEBRUAR

Ausgezeichnet: Caples Award für deutsche Agenturen Kreativität made in Germany: Die DM-Agenturen OgilvyOne, Fritsch Heine Rapp Collins und Knauer Rump Partner werden mit dem renommierten John Caples Award beehrt, der zum nunmehr 23. Mal verliehen wird. Zwölf weitere deutsche Agenturen haben es immerhin bis ins Finale geschafft.

Aufgegeben: DM-Lehrstuhl Siegen Zu viele Hürden für die Direktmarketing-Professur: Der ambitionierte Versuch, einen DM-Lehrstuhl an der Uni Siegen einzurichten, ist nach einem zweijährigen bürokratischen Spießrutenlauf nun endgültig gescheitert. Als zu problematisch erwies sich die Stellenbesetzung, der DDV und die Sponsoren stoppten letztlich ihr Engagement.

Absolviert: Erstes Database-Studium Eine Chance für den Nachwuchs: Die Düsseldorfer ECDM-Akademie verabschiedet die Absolventen des ersten Database-Studienganges mit großer Feier, vielen guten Wünschen - und einem Fachdiplom.

MÄRZ

Verlängert: Postmonopol Liberalisierung vorerst verschoben: Wirtschaftsminister Werner Müller kündigt die Verlängerung des Postgesetzes an, das dem gelben Riesen die Exklusivlizenz für die Beförderung von Briefen bis 200 Gramm zusichert. Unmut breitet sich in der Direktmarketing-Branche aus, die alternativen Postdienstleister sind in ihrer Existenz bedroht. DDV-Vize Bodo Mann spricht von einem "Schlag ins Gesicht des Direktmarketing". Doch bis es soweit ist, müssen noch zahlreiche Entwürfe angehört und abgestimmt werden, im Juli ist die letzte Anhörung im Bundesrat und dann wird es amtlich: Das Postmonopol wird Ende 2002 nicht fallen, sondern bis 2007 verlängert.

Etabliert: Internetnutzung nimmt zu Aufbruch ins virtuelle Zeitalter: Inzwischen sind bereits 24,2 Millionen Deutsche im Alter zwischen 14 und 69 Jahren online, wie die siebte Erhebungswelle des GfK- Online-Monitors ergibt. Das Internet entwickelt sich allmählich zum reichweitenstarken Medium - ein Trost also für die krisengeschüttelte New Economy?

Gekündigt: Patrick Palombo Abschied von der New Economy: Der WWL-Vorstandsvorsitzende Patrick Palombo verlässt die Nürnberger Agentur - zunächst mit unbekanntem Ziel. Erst im September lüftet er das Geheimnis seiner beruflichen Zukunft. Palombo wird Vorstand Marketing bei Photo Porst.

Abgesahnt: OgilvyOne beim ddp Kreativität, die sich lohnt: Bei der Verleihung des Deutschen Dialogmarketing Preises ddp führen OgilvyOne, MSBK Proximity und Publicis Dialog den Medaillenspiegel an. Ungeschlagen bleibt OgilvyOne, die dreimal Gold, dreimal Silber, dreimal Bronze und fünf Auszeichnungen einheimst.

APRIL

Ausgewechselt: Führung von Impiric Fluktuation in der Frankfurter Kreativschmiede: Nachdem sich Matthias Quadflieg, Chef von Impiric Deutschland, Ende März überraschend verabschiedet hat, wird die Führungsriege der größten deutschen DM-Network-Agentur neu formiert. Peter Karst, Wolfgang Haehn, Jörg Puphal und Dr. Horts Wettlaufer leiten nun die Geschicke von Impiric Deutschland.

Eröffnet: straight in München Vom Network in die Selbstständigkeit: Uwe Middeke, ehemals Geschäftsführer von BBDO InterOne hebt gemeinsam mit Ulrike Middeke und Roman Kretzer straight. agentur für brand consumer dialogue in München aus der Taufe. Von Network-Zugehörigkeit wollen die drei Geschäftsführer nichts mehr wissen, man will klein, fein und inhabergeführt bleiben.

Überraschend: Jung von Matt entdeckt den Dialog Ein Vorzeige-Klassiker entdeckt das Dialogmarketing: Jung von Matt eröffnet - sehr zum Erstaunen mancher Branchenteilnehmer - in Offenbach die DM-Agentur Jung von Matt 1:1. Die neue Niederlassung, die unter der Leitung von Sebastian Klever, Ex-Chef der Relationship Marketing Group, steht, will sich auf CRM und Database-Management spezialisieren.

Gewählt: Holger Albers wird FEDMA-Präsident DDV-Präsident Holger Albers hat einen zusätzlichen Job. Er wird zum Präsidenten der Federation of European Direct Marketing FEDMA in Brüssel berufen. Die Amtsdauer beträgt zwei Jahre.

JUNI

Ausgelassen: Heinz Fischer wird 80 Kein Zeichen von Müdigkeit: DM-Urgestein Heinz Fischer wird 80 Jahre alt! Das ist der Branche eine exklusive Feier auf der Elbe wert.

Rückbesonnen: Back to Wunderman Vorwärts und rückwärts? "Wir ändern den Namen, weil sich der Markt geändert hat", erklärte Matthias Quadflieg, Chef der Agentur noch vor eineinhalb Jahren. Doch der Markt wollte oder konnte mit dem Kunstwort Impiric nicht viel anfangen. Und darum heißt es jetzt Rückbesinnung auf alte Werte - oder Marken: Impiric nennt sich nun wieder Wunderman.

Angepasst: Datenschutzgesetz Die Mühlen der Politik mahlen langsam - aber sie mahlen: Der Bundestag verabschiedet die umkämpfte Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes. Direktmarketer müssen zwar doch nicht die Bezugsquelle ihrer Adressen offen legen, gleichwohl muss der Verbraucher auf sein Widerrufsrecht hingewiesen werden. Im November fordern Gutachter die Reform des BDSG - mehr Transparenz, weniger Vorschriften und die Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit moderner IT-Datenbanksysteme.

JULI

Gestorben: Beate Rotermund Sex sells! Das hatte Beate Rotermund in der biederen Nachkriegszeit der fünfziger Jahre frühzeitig erkannt. Erotik per Post war das Motto, und damit feierte der Beate-Uhse-Konzern, der 1962 auch in den stationären Einzelhandel einstieg, Erfolge bis hin zum Börsengang. 81 Jahre alt ist Beate Rotermund, als sie am 13. Juli in der Schweiz stirbt.

Ausgefeilscht: Rabattgesetz fällt Was haben sie nicht lamentiert, die Einzelhändler! Der Bundestag beschließt endlich die - von den Direktmarketern lang ersehnte - Abschaffung von Rabattgesetz und Zugabeveordnung. Doch die Deutschen wahren einmal mehr ihren Ruf der Bedächtigkeit, achten die Preise, bestürmen nicht die Verkäufer. Angesagt ist vielmehr Kundenbindung über Clubs und Bonuspunkte.

Verkalkuliert: Kabel ist insolvent Selten zuvor hat die Branche einen derartigen Absturz erlebt: Peter Kabels großartige Vision, seine Agentur als Avantgarde des digitalen Aufbruchs in Werbung, Kommunikation und Business zu etablieren, endet spektakulär im Insolvenzantrag. Dennoch erfreulich: Zwar ging der Kapitän von Bord, seine Mitarbeiter dürfen aber - zumindest zum Teil - als spätere BBDOler bleiben.

Aufgelöst: Aus für Post-Business-Club "Vielen Dank und tschüss" - und dazu ein kleines Give-away: Rund 2.000 Business-Club-Mitglieder staunen nicht schlecht, als sich die Post von ihnen verabschiedet: Der Business-Club, so die Post, werde aufgelöst. Dabei wollte der gelbe Riese im B-to-B-Bereich den größten und erfolgreichsten Club aufbauen.

Ausgeweitet: DetterbeckWider schluckt Klassiker Geschichte vom Aufstieg: Es war einmal eine Dialog-Schmiede, die ward ganz klein. Und wuchs und wuchs, und sammelte Etats und Auszeichnungen. Irgendwann sagten die Kunden: " Wir wollen noch mehr von euch als nur ein Mailing." Und so ziehen die Herren Detterbeck und Wider los und erwerben die Klassik-Agentur von Andreas Lühmann. Seitdem schmückt sich DetterbeckWider mit einer eigenen Klassik-Agentur.

AUGUST

Geschasst: Otfried A. Fritsch Die Revolution frisst ihre Kinder: Diese Erfahrung muss Otfried A. Fritsch machen, als er seinen Posten als Geschäftsführer von Fritsch Heine Rapp Collins/Direct Friends verliert. "Die Geister, die ich rief", fällt einem dazu nur ein, denn Fritsch hatte sich doch stark gemacht für die Fusion mit den Direct Friends um Michael Klein - der nun neuer starker Mann ist. Das Tohuwabohu endet - vorläufig - erst im November. Dann einigt man sich auf den Agentur-Namen Rapp Collins/Direct Friends. Außerdem verlässt Alt-Geschäftsführer Jürgen Fechner die Agentur, neu hinzu kommt Ex-Wunderman-Mann Thomas Funk.

SEPTEMBER

Betroffen: Terror lässt die Branche verstummen Plötzlich werden Response und Kreation vollkommen unwichtig: Die Anschläge in New York und Washington schockieren weltweit, die eigene Arbeit rückt in den Hintergrund. Erst mit dem zeitlichen Abstand traut man sich, die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die US-DM-Branche zu untersuchen. Auf erste Entwarnungen folgt aber im Oktober die Verunsicherung durch die Milzbrandattacken. Deshalb empfiehlt die DMA sogar, auf altbewährte Techniken wie Personalisierung zu verzichten. Inwieweit der 11. September auch die bald spürbare Rezession tatsächlich auslöst oder nur verstärkt, bleibt umstritten.

Konsolidiert: Die DIMA 2001 Stagnierende Besucher- und Ausstellerzahlen, doch zufriedene Organisatoren: Die DIMA, Branchentreff Nummer eins, gibt sich selbstbewusst und präsentiert in Düsseldorf einmal mehr Anbieter aus allen Bereichen des DM. Weniger ist mehr gilt diesmal für den Kongress. Für teures Geld dabei: Don Peppers, das Highlight. Der Guru des One-to-one-Gedankens füllt denn auch locker den Saal, muss aber anschließend feststellen, dass kaum ein deutscher Direktmarketer eine Fragen hat. Entweder hat seine Person die Zuhörer schlichtweg eingeschüchtert - oder er hat nichts Neues erzählt.

Berufen: Heinz Fischer in die Hall of Fame Spät, aber verdient: Anlässlich der DIMA wird DM-Altmeister Heinz Fischer in die DDV-Hall of Fame verdienter Direktmarketer aufgenommen. Auch die verstorbene Beate Rotermund wird posthum geehrt.

Erfolglos: PopNet insolvent Die New-Economy-Krise zieht weitere Kreise. Auch die Hamburger PopNet erklärt sich für pleite. Aus und vorbei für eine Firma, die E-Business machen wollte. Hoffnungsvoll war sie gestartet, die PopNet AG, die mit der Internetzeitung Gold gar zur Verlagsgröße aufsteigen wollte. Aus der Traum. Der Schrumpfprozess in der Interactive-Agenturbranche geht indes weiter, im November tritt eskatoo den Gang zum Richter an.

Eingegliedert: Knauer Rump Partner geht in BBDO InterOne auf Die kleine, feine Hamburger Dialog-Agentur KnauerRumpPartner schließt heimlich, still und leise einen Mega-Deal mit der Münchner BBDO InterOne - die seit ihrer Umfirmierung von HM1 und dem Management-Wechsel nicht so recht in Fahrt kommt. Weil sein Network aber aus starken Marken bestehen soll, hievt BBDO-Boss Rainer Zimmermann Detlef Rump und Thomas Knauer in die Chef-Etage der Münchner InterOne. Die Marke Knauer Rump Partner geht zum Jahreswechsel in BBDO InterOne auf. Knauer und Rump sind nun Mit-Geschäftsführer einer der größten deutschen Agenturen - in die just auch noch über 100 Ex-Kabel-Mitarbeiter integriert werden.

NOVEMBER

Konsumfreudig: Gartner glaubt an das Weihnachtsgeschäft Weltweit sollen im Weihnachts-Online-Handel 25,3 Milliarden Dollar umgesetzt werden. Das sagen die Analysten von Gartner: Der Umsatz soll um über 39 Prozent gegenüber dem Vorjahr ansteigen. Die Online-Einkäufer sitzen mehr und mehr außerhalb der USA, die nur noch 46,9 Prozent des Umsatzes generieren werden. Schöne Weihnachten also für die Versender?

DEZEMBER

Geschrumpft: Pixelpark Immer noch "Konzentration aufs Kerngeschäft": Pixelpark entlässt weitere 200 Mitarbeiter. Damit hat die Multimedia-Agentur ihren Mitarbeiterstab von ursprünglich 1.000 zum Jahresende mehr als halbiert. Nun verstehen sich die Berliner nicht mehr als Fullservice-Anbieter, -"Back to the roots" lautet offenbar das Motto: Pixelpark will sich wieder auf Websites konzentrieren.

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