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Coupons: Beziehungsgift mit Billig-Image

29.06.2003 - Nicht bloß Abverkauf zu Ramschpreisen - Couponing kann viel mehr, glaubt Dr. Ralf T. Kreutzer

Coupons - ob in Anzeigen, Mailings oder Prospekten, ob per SMS, E-Mail oder Kassenbon - sind nicht nur in aller Marketingmunde, sondern auch in vielen Verbraucher-Brieftaschen. Das Gefühl, einen Preis-, Mengen- oder Informationsvorteil zu ergattern, begeistert Kunden über alle Alters-, Geschlechter- und Einkommensgrenzen hinweg. Coupons sind also ein wunderbares Marketinginstrument. Eigentlich. Denn die Anwender schneiden sich mit Couponing-Aktionen gelegentlich ins eigene Fleisch. Über Couponing und dessen Tücken hat sich ONEtoONE mit Dr. Ralf T. Kreutzer unterhalten. Denn der Mann weiß, wovon er spricht: Der Geschäftsführer der Deutschen Post Direkt hat gemeinsam mit Wolfgang Hartmann, Vice President Customer Service von O2, und RBC-Consulting-Chef Holger Kuhfuß das brandneue und über 820 Seiten starke Handbuch Couponing herausgegeben, in dem über 40 Autoren über Theorie und Praxis des Couponing informieren.

ONEtoONE: Kaum eine Fachzeitung, die nicht übers Couponing berichtet, kein Kongress ohne einen Vortrag zu den bunten Rabattmarken - das Thema boomt, als sei es das allein selig machende Allheilmittel für den leidenden Einzelhandel. Ist es das tatsächlich?

Dr. Ralf T. Kreutzer: Zwei Entwicklungen haben dem Couponing in Deutschland Auftrieb gegeben: zum einen der Fall von Rabattgesetz und Zugabeverordnung. Der führt dazu, dass die Unternehmen Coupons jetzt erst richtig ausprobieren. Früher standen sie bei Coupon-Aktionen schnell vorm Kadi. Zum anderen sehen sich viele Unternehmen durch den "Käuferstreik" gezwungen, die Kunden über deutliche Preisnachlässe zum Kauf zu motivieren. Deshalb setzen die Unternehmen mit ihren Coupons vor allem auf die Begehrlichkeit des Kunden nach Schnäppchen. Nur wenige Anwender nutzen das Couponing als ein zusätzliches Instrument im Customer-Relationship-Management. Couponing wird derzeit in vielen Bereichen nur als ein weiteres, scharf wirkendes Mittel der Preisstrategie eingesetzt, aber es ist noch kein Bestandteil der Gesamtstrategie - leider! Da bleibt viel Potenzial ungenutzt.

OtO: Und das wäre?

Kreutzer: Coupons lassen sich zum Beispiel intelligent zur Gewinnung von Informationen nutzen. Sie bieten eine gute Gelegenheit, mehr über seine Kunden zu erfahren. Schließlich ist ein Kunde gerade dann bereit, etwas von sich preiszugeben, wenn ihm etwas geschenkt oder günstig angeboten wird. Sei es zum Beispiel seine Adresse, seine Produktvorlieben oder Kaufabsichten. Wenn der Kunde ein entsprechendes Feld auf dem Coupon ausfüllt, kann der Anwender nach Abschluss der Aktion zum Beispiel analysieren, wie das Profil des typischen Couponing-Nutzers ausschaut. Dies ist dann wiederum Grundlage für weitere erfolgreiche Couponing- und auch Direktmarketing-Aktionen. Wichtig ist, dass das Unternehmen den Customer-Lifetime-Value im Auge behält und weiß, ob sich die Maßnahme rechnet. Die Anwender sollten immer die Ökonomie des Couponing im Hinterkopf behalten!

OtO: Wo liegt denn überhaupt der konkrete Nutzen von Coupons?

Kreutzer: Die entscheidenden Vorteile von Coupons sind ihre starke Lenkungsfunktion und ihre hohe Wirksamkeit. Der Coupon wird als Bargeld wahrgenommen und landet deshalb direkt im Portemonnaie. Welcher Prospekt schafft es schon dorthin? Auch ich habe Coupons von Kaufhof und Obi immer griffbereit dabei. Die Kunden sind sogar bereit, wegen Coupons Marken und Einkaufsstätten zu wechseln. Für beides haben Unternehmen sehr viel Geld ausgegeben, um den Kunden daran zu binden. Coupons sind also Gift für bestehende Beziehungen! Dies ist auch eine Erklärung für den meist aktionistischen Einsatz von Coupons, um den eigenen Umsatz kurzfristig anzukurbeln. Dieser Aktionismus tut dem Instrument und auch seinem Image aber langfristig nicht gut. Irgendwann erwarten die Kunden Coupons, gewöhnen sich an sie, und dann lässt die Wirkung nach.

OtO: Eignet sich Couponing auch für Hersteller qualitativ hochwertiger und exklusiver Marken, sagen wir zum Beispiel Prada oder Gucci? Kreutzer: Ich sage ja! Aber dann spricht man meist nicht von Couponing, sondern verleiht der Aktion einen Namen, der die Hochwertigkeit widerspiegelt. So können Luxusmarken beispielsweise eine Einladung zur Vernissage inklusive einem handsignierten Bildband vom Künstler verschicken. Der Lenkungsmechanismus funktioniert allemal!

OtO: Mal abgesehen davon, dass die Endverbraucher ein Produkt oder eine Dienstleistung billiger einkaufen - wem nutzt eigentlich Couponing?

Kreutzer: Wenn es nur dem Kunden nutzt, machen wir etwas falsch. Kunden, Hersteller und Handel müssen gleichermaßen Spaß daran haben. Im Moment profitiert nur der Kunde. Der Handel hat zwar mehr Frequenz, verzichtet dafür aber auf Margen, die nur zum Teil von den Herstellern getragen werden. Ziel intelligenten Couponings kann langfristig nur sein, dass es über seine Preisfunktion hinaus sinnvoll eingesetzt wird. Und hier kommt insbesondere die Informationsfunktion des Couponing zum Tragen. Ausgehend von der eigenen Unternehmensstrategie sollte sich das Couponing an den langfristigen Marketingzielen ausrichten. Im Zusammenspiel mit anderen Marketing-Instrumenten kann es dann seine volle Wirkung entfalten. Und die geht mit Sicherheit über ein kurzfristiges Umsatzhoch aufgrund eines Schnäppchenpreises hinaus! vh

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