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Von Umsteigern, Aussteigern und Aufsteigern

29.06.2003 - In den Führungsetagen der Dialog-Agenturen bewegt sich was

Alles fließt, sagt Heraklit. Ganz sicher gilt das auch für die persönlichen Lebenswege von Agenturchefs. Bei denen nimmt die Fließgeschwindigkeit zeitweise schon mal rapide zu. So geschehen bei den Führungskräften einiger großer Dialog-Agenturen. Dort kam es in den letzten Wochen zu einer Welle entscheidender Personalwechsel.

Den Beginn hat Martin Wider gemacht. Der Mitgründer der Agentur DetterbeckWiderJuric verkündete nach fünf Jahren überraschend seinen Ausstieg aus der Agentur (ONEtoONE berichtete).

Wenige Tage später meldete Manfred Dorfer (54), Namensgeber der Agentur Dorfer Relationship Communication in Frankfurt, seinen Ausstieg. Während der eine sich künftig ausschließlich seiner Kernkompetenz - dem Dialogmarketing - zuwenden will, hat der andere, nämlich Dorfer, das dringende Bedürfnis, mal etwas anderes zu machen. Zwar hat Dorfer für die kommenden zwei Jahre noch einen Beratervertrag mit seiner Network-Mutter Euro RSCG, der aber ist nicht so zeitraubend, dass sich der gebürtige Österreicher nicht auch seinem neuen Lebenstraumziel widmen könnte: Brasilien. In Petrópolis, nahe Rio de Janeiro, hat sich Dorfer ein Haus gekauft und eine Firma gegründet. Der langjährige Agenturchef, der seit zwei Jahren fleißig portugiesisch lernt, will dort ein Trainingscenter für kulturellen Austausch gründen. Bevor er vollständig nach Südamerika übersiedelt, wird er aber noch einige Zeit in Deutschland als Berater arbeiten.

Und was passiert mit der 1988 gegründeten Agentur Dorfers? Die liegt jetzt zu hundert Prozent in den Händen der Euro-RSCG-Gruppe, wird von den langjährigen Weggefährten Manfred Dorfers, Dieter Langer und Ilona Freudenreich, geführt und wahrscheinlich in absehbarer Zeit in Euro RSCG Partners umbenannt. Womit eine etablierte Agenturmarke verschwindet.

Zeit, die Agenturmarke zu etablieren, hatte die Mannschaft der Münchner finish nicht. Nur rund fünf Monate, nachdem sich das Führungsteam der insolventen b.a.s. dialog für einen Re-Start mit finish entschieden hatte, mussten die Münchner erneut Insolvenz anmelden. Nun - zugegebenermaßen ein schlechter Scherz - haben die Münchner also ihrem Agenturnamen entsprochen. Die Agentur-Crew um Marcus Klemens, Wulf Henrichs, Frederique Vlasman und Peter Habersack will der Dialogmarketing-Branche aber erhalten bleiben.

Apropos "erhalten bleiben": Glaubt man zuverlässigen Quellen, so rumort es bei der Münchner D 1-2-1. Insidern zufolge will sich die Agenturmutter Heye von ihrer Dialogtochter trennen - oder zumindest von einigen ihrer Vertreter. D 1-2-1-CEO Gerhard Fleischer will dazu auf ONEtoONE-Anfrage absolut "nichts sagen". Also dürfte etwas dran sein am Gerücht. Dahingegen handelt es sich bei dem Abgang von Jens Konerding (45) um ein Fakt. Der langjährige CEO der Hamburger Proximity - Platz vier im aktuellen ONEtoONE-Ranking der Dialog-Agenturen - will jetzt erstmal "die Hamburger Schulferien genießen, entspannen und alles sacken lassen". Eine konkrete Vorstellung über seine berufliche Zukunft habe er noch nicht. Das kann man dem umtriebigen Agenturchef glauben, muss man aber nicht. Einige seiner Branchenkollegen wollen ihn jedenfalls schon in dem einen oder anderen Gespräch bei Top-Agenturen gesehen haben. "Der Jens," sagt einer "wird im Herbst bestimmt wieder in einer super Position auftauchen." Mitte August tritt Michael Schipper die Nachfolge Konerdings bei Proximity an. Schipper, bislang General Manager bei Wunderman in Frankfurt, kehrt damit zu der Agentur zurück, die er vor zwei Jahren verließ. So richtig vertraut dürfte ihm die 220 Mitarbeiter starke Agentur aber nicht mehr sein, denn in diesen zwei Jahren ist viel passiert - zum Beispiel die Integration von PopNet oder der Kauf von Multi M.

Und es soll weiterhin viel passieren: Schipper wird gemeinsam mit seinem Geschäftsführerkollegen Peter Figge das Leistungsspektrum der Agentur im Bereich Interactive, Promotions und Events ausbauen. Die Ziele sind ehrgeizig: "Mit unserer Wachstumsstrategie wollen wir mit Proximity in Deutschland perspektivisch in die Top drei. 2004 wollen wir um 15 Prozent wachsen", so Schipper.

Währenddessen sucht Wunderman-CEO Peter Karst nach Ersatz für Schipper; Gespräche laufen, eine Entscheidung steht noch aus. Überhaupt wird Schipper Peter Karst wohl fehlen, denn die beiden sind Freunde und arbeiten in verschiedenen Konstellationen schon lange zusammen. Die Frage, ob nun Herr Karst zwecks Pflege der Schipper-Connection über kurz oder lang wieder in Hamburg auftaucht, wird bei den Frankfurtern entschieden verneint.

Im übertragenen Sinne ist auch das, was Hansjörg Zimmermann gerade macht, eine Rückkehr: Der Mitbegründer der Münchner Agentur die argonauten, die gerade mit Hilfe ihrer Network-Mutter Grey zum argonauten360°-Netwerk ausgebaut wurde, hat sich zu seinem 44. Geburtstag selbst ein Geschenk gemacht - und in ein "Biotop mit zehn Kreativen" zurückgezogen. Start war am 2. Juni. Das Motto lautet "Kommunikation für die Sinne". Die Agentur heißt "Das Goldene Vlies". "Ich mache das, was ich am besten kann. Nämlich nicht in Meetings rumhocken, sondern Kampagnen ausdenken - vom Branding über Dialog bis hin zu Interactive", sagt er.

Schon der Name zeigt deutlich, dass Zimmermann nicht mit den argonauten gebrochen hat. Zwar hat er einige seiner Anteile an den argonauten abgegeben, dafür hält er nun "wesentliche Anteile" am Goldenen Vlies, die wiederum eine Tochter der argonauten ist. Die Kreativ-Combo, in der nur eine Etatdirektorin ein einsames Beraterleben führt, arbeitet sowohl für argonauten360° als auch für eigene Kunden, wie zum Beispiel IDG. Sie definiert sich als "Studio für Markenbeziehungen und Design". Wer hier arbeiten will, muss - sozusagen als Zwangsvoraussetzung - in einer Klassik-, einer Dialog- und einer Interactive-Agentur gearbeitet haben.

Zimmermann hat hautnah miterlebt, was es heißt, von einer Kleinst-Agentur zu einem hunderte Mitarbeiter zählenden Werbekoloss zu wachsen. Vielleicht sagt er deshalb heute mit Nachdruck: "Wir wollen nicht groß werden." Und: "Wir sind ganz einfach strukturiert." Beim Goldenen Vlies wird nämlich ausschließlich nach Tagessätzen abgerechnet, wobei alle Mitarbeiter den gleichen Tagessatz berechnen. Nur einer kostet doppelt so viel: Hansjörg Zimmermann. (Sag noch mal einer, Kreative könnten nicht rechnen ...) Sie sehen: Alles in allem kann man wohl mit Fug und Recht behaupten: Heraklit hätte seine wahre Freude an dieser Branche gehabt. vh

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