Marketingmanagement

Holistische Attribution: Wie Unternehmen mehr aus ihrem Werbebudget herausholen

21.02.2023 - Als Marketingverantwortlicher steht man regelmäßig vor der Herausforderung, das oft hart ausgehandelte Werbebudget möglichst effizient einzusetzen. Leicht hat man es dabei nicht: Die Möglichkeiten werden immer vielfältiger, die Grenzen zwischen offline und online verschwimmen. Hilfreich wäre es, bereits im Vorfeld zu wissen, wie das Budget am wirkungsvollsten eingesetzt werden kann. Warum ein holistisches Attributionsmodell dafür die richtige Lösung bietet:

von Torben Seebrandt

Ein Attributionsmodell ist ein Verfahren, das die Wirkung von Einflussfaktoren auf eine Zielkennzahl quantifiziert. Eine holistische Attribution hilft dabei, die Wirkung von Media im Zusammenspiel mit anderen Einflussfaktoren zu verstehen, und bietet damit die Grundlage, um den Einsatz des Werbebudgets zu optimieren. In einem holistisches Attributionsmodell werden möglichst alle relevanten Einflussfaktoren berücksichtigt. Mit dem entstandenen Modell können dann Prognosen für verschiedene Szenarien erstellt werden, sodass die Verantwortlichen das jeweils wirkungsvollste Szenario auswählen können.

Warum sollten Unternehmen auf ein holistisches Attributionsmodell setzen?
Ein holistisches Attributionsmodell quantifiziert im Gegensatz zu anderen Modellen die Wirkung aller relevanten Einflussfaktoren. Mithilfe aussagekräftiger Prognosen für unterschiedliche Szenarien lassen sich fundierte Entscheidungen hinsichtlich der wirkungsvollsten Szenarien treffen. Zusätzlich bietet es die Möglichkeit, die Prognosen im Vergleich zur tatsächlichen Entwicklung kontinuierlich zu monitoren und damit zeitnah reagieren zu können.

Wie wird ein holistisches Attributionsmodell aufgesetzt?
Als Marketer sollte ich mir dafür zunächst ein übergeordnetes und sehr ambitioniertes Ziel setzen. Beispiel: die maximale Werbewirkung aus einem festgelegten Budget herausholen. Daraus wird dann ein leichter zu erreichendes Etappenziel abgeleitet, zum Beispiel die Werbewirkung um zehn Prozentpunkte zu steigern.
Um dieses erste Etappenziel erreichen zu können, gilt es, diese sieben Schritte zu durchlaufen.

  1. Eine Zielkennzahl zur Messung der Werbewirkung festlegen
    Es empfiehlt sich, eine für den Unternehmenserfolg wichtige und bereits vorhandene KPI zu nutzen. Ein Beispiel: Ein Multi-Channel-Händler betreibt einen Webshop, eine App und mehrere stationäre Geschäfte. Ziel-KPIs, die mit Sicherheit bereits erfasst werden, könnten demnach sein:
    • Anzahl der Webshop-Aufrufe
    • Anzahl der App-Öffnungen
    • Anzahl der Besucher der stationären Geschäfte
  2. Faktoren erfassen, die Einfluss auf die Entwicklung der Zielkennzahl haben
    Hier reicht es bereits aus, einige wenige Faktoren zu definieren. Es geht lediglich darum, eine erste Basis zu schaffen, um den Prozess der Datenbeschaffung zu strukturieren. In unserem Beispiel nutzt der Multi-Channel-Händler als Zielkennzahl die Anzahl der Besucher der stationären Geschäfte in München. Mögliche Einflussfaktoren sind zum Beispiel:
    • Soziodemografie der Region (Einwohner der Region, Altersstruktur etc.)
    • Wetter (Sonnenstunden, Tagestemperatur etc.)
    • Werbe- und Marketingmaßnahmen (Marken- und/oder Performance-Kampagnen)
    • Produktsortiment (Sortimentsbreite, Preise etc.)
  3. Historische Daten für die Zielkennzahl und deren Treiber beschaffen
    Grundsätzlich gilt: Je mehr Messungen der Zielkennzahl vorliegen, desto besser können aussagekräftige Modelle trainiert werden. Liegt die Zielkennzahl also täglich vor, ist das besser, als wenn nur wöchentlich Zahlen analysiert werden können. Zurück zum Beispiel: Der Multi-Channel-Händler verfügt über die Daten der täglichen Besucher der letzten drei Jahre. Daten zum Wetter bekommt er aus dem Netz. Infos zu den Werbe- und Marketingmaßnahmen erhält er von den entsprechenden Abteilungen im Unternehmen. Zum Training hat der Händler somit 3 Jahre * 365 Tage = 1095 Messungen pro stationärem Geschäft vorliegen.

  4. Die Daten zu einem einheitlichen Datensatz kombinieren
    Alle Daten müssen in einem konsolidierten Datensatz vorliegen. Die Struktur wird durch die Zielkennzahl definiert. In unserem Beispiel sähe das so aus: Dem Händler liegen die täglichen Besucherzahlen als Zielkennzahl vor. Er erweitert den Datensatz für jeden vorliegenden Treiber um eine weitere Spalte.

  5. Modell zur Bestimmung des Einflusses der Treiber auf die Zielkennzahl entwickeln
    Liegt der konsolidierte Datensatz vor, können mit den Daten via Machine-Learning-Verfahren die ersten Modelle trainiert werden. Die Ergebnisse umfassen bei den meisten Verfahren:
    • die Modellgüte (wie gut bildet das Modell den tatsächlichen Verlauf der Zielkennzahl ab?)
    • die Wirkbeiträge der einzelnen Treiber auf die Zielkennzahl
    • ein Modell, das sich zum Prognostizieren der Entwicklung der Zielkennzahl eignet
    Je besser das Modell den tatsächlichen Verlauf der Zielkennzahl abbilden kann, desto eher eignet es sich dazu, die Entwicklung zu prognostizieren und verschiedene Szenarien zu berechnen. Bei den ersten Iterationen des Modells sollte die vorhandene Expertise im Unternehmen genutzt werden, um die Modellergebnisse kritisch zu hinterfragen. Bis ein Modell brauchbar ist, sollten die Verantwortlichen mehrere Iterationen einplanen.
    Hier bezogen auf unser Beispiel: Die erste Iteration bringt das Ergebnis, dass das Wetter einen entscheidenden Einfluss auf die Zahl der Besucher in den stationären Geschäften hat. Während sie an kalten Regentagen und heißen Tagen niedrig ist, steigt sie an trockenen Tagen mit moderaten Temperaturen. Um zunächst ein besseres Modell zu entwickeln, sollten in der nächsten Iteration auch die Werbe- und Marketingmaßnahmen berücksichtigt werden.

  6. Entwicklung der Ziel-KPI unter Berücksichtigung der aktuell favorisierten Planung prognostizieren
    In dem Moment, in dem ein brauchbares Modell vorliegt, können Aussagen zur Entwicklung der Ziel-KPI getroffen werden, zum Beispiel unter Berücksichtigung der aktuellen Medienplanung. Die Bedingung: Es müssen Informationen vorliegen oder Annahmen darüber getroffen werden, wie sich die Treiber im Planungszeitraum entwickeln werden. Für das Wetter kann zum Beispiel angenommen werden, dass es wie im Vorjahr sein wird. Die geplanten Marketingmaßnahmen gibt es wieder bei den jeweiligen Abteilungen. Unser Beispiel: Der Multi-Channel-Händler kommt zu der Erkenntnis, dass er mit der aktuellen Mediaplanung die Vorgaben aus der Unternehmensplanung nicht erreichen wird. Die Folge: Es werden zwei weitere Mediaplan-Szenarien erstellt und über das Modell bewertet.

  7. Unterschiedliche Szenarien unter Veränderung der Einflussfaktoren berechnen
    Für das holistische Attributionsmodell gibt es vielfältige Einsatzmöglichkeiten, zum Beispiel die Optimierung der Mediaplanung. Mit einem solchen Modell können Unternehmen aber auch Rabattaktionen effizienter gestalten. Zum Beispiel: Der Händler berechnet die Entwicklung der Besucher für zwei weitere Szenarien. Das Ergebnis: Die Gleichschaltung von Werbung und Rabattaktionen an Tagen mit moderater Temperatur führt zu besonders vielen Besuchern. Entscheidung: Für Zeiträume ohne attraktive Rabattaktion wird die Werbung zurückgefahren. Im Frühling wird verstärkt geworben, da jetzt viele Tage moderate Temperaturen haben.
Fazit
Ein holistisches Attributionsmodell ist eines der stärksten Instrumente, um die Werbewirkung zu steigern und das Werbebudget effizienter einzusetzen. Dabei ist es nicht wichtig, schnell ein sehr gut funktionierendes Modell zu haben. Entscheidend ist es, damit anzufangen, ein solches Instrument aufzubauen und einzusetzen.


Torben Seebrandt (Bild: Mercury Media Technology GmbH)
Torben Seebrandt

ONEtoONE-Autor Torben Seebrandt entwickelt seit mehr als zehn Jahren Datenprodukte in verschiedenen Unternehmen aus den Branchen Retail, FMCG, E-Commerce und Media. Bei Mercury Media Technology (MMT)   ist er mit seinem Team für die Entwicklung und Weiterentwicklung von datengetriebenen SaaS-Marketinglösungen wie zum Beispiel dem Self-Service Marketing Mix Modelling verantwortlich.

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