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"Outsourcing ist ein heikles Thema"

28.01.2002 - Outsourcing ist oft günstiger als ein Inhouse-Call-Center, aber bleibt die Qualität gewahrt?

Beim Outsourcing von Call-Center-Dienstleistungen gehen die Meinungen der Experten auseinander. Während die einen sich eigentlich nur noch die Frage stellen, an wen outgesourct werden sollte, haben die anderen ein echtes Problem mit der Qualität outgesourcter Dienstleistungen. Einig sind sich alle Experten darin, dass nie pauschal zum Outsourcing oder zur Inhouse-Lösung geraten werden kann. Beratung ist gefragt.


"Outsourcing ist ein heikles Thema", meint Gabriele Nowatzyk, Manager Business Development bei Call-Center-Infrastruktur-Anbieter Avaya Deutschland in Hamburg. "Die Unternehmen hängen es meist nicht an die große Glocke, wenn sie Call-Center-Dienstleistungen outsourcen. Die Kunden denken dann, die Agents hätten keine Kompetenz, weil sie nicht direkt für den Hersteller arbeiten."

Agents müssten sich täglich unter bis zu zehn verschiedenen Firmennamen melden. Da sei es oft unmöglich, für jedes Unternehmen die gleiche Beratungskompetenz an den Tag zu legen, und eine Verbundenheit zum einzelnen Unternehmen enstehe auch nicht. So ist für Nowatzyk ein Outsourcing denkbar, das sich auf Inhalte und Produktinformationen beschränkt - Beratung, Verkauf und Kundenbindung sollte man ihrer Ansicht nach aber nicht aus den Händen geben.

Das sieht Bernhard Reindel, geschäftsführender Gesellschafter von Industrial Synergie in Hamburg, anders. Der Dienstleister, der neben Outsourcing auch den Aufbau von Inhouse-Call-Centern anbietet, untersucht permanent die Qualität von150 Call-Center-Firmen. Fazit: Outsourcen ist nicht nur wirtschaftlicher, da die Arbeitskräfte günstiger zu haben sind und keine Infrastruktur aufgebaut werden muss, sondern kann auch hohen Qualitätsmaßstäben genügen, wenn der Call-Center-Partner gut gewählt ist.

Reindel sagt: "Zunächst haben wir die Call Center unter den Gesichtspunkten Preis und Leistung untersucht. Dann haben wir gemerkt, dass es eigentlich nur auf eines ankommt: Wie zufrieden sind die Kunden?" Bei Referenz-Interviews kam Industrial Synergie dann zu einem unerwartet schlechten Ergebnis: Nur 20 Prozent der Auftraggeber zeigten sich mit ihren Call-Center-Dienstleistern zufrieden. Die wenigen Dienstleister, die durchweg gute Noten erhielten, nahm Industrial Synergie in seine Empfehlungsliste auf. Von den rund 30 Firmen, denen von Kunden gute bis sehr gute Leistungen bescheinigt wurden, sind laut Reindel übrigens nur sechs größer als 100 Arbeitsplätze. Kleine Firmen bieten also offenbar durchaus feine Dienstleistungen an.

Doch auch Reindel sagt: "Wir plädieren nicht zwingend fürs Outsourcing! Bestimmte Bereiche sollten im Unternehmen bleiben, weil sonst keine Erreichbarkeit gewährleistet ist. Stellen Sie sich vor, das Call Center kann Fragen nicht beantworten und leitet Sie ans Unternehmen zurück. Hier ist aber der Ansprechpartner gerade nicht am Platz. So wird der Anrufer mehrmals weiterverbunden - und immer unzufriedener."

Bei T-Mobil in Hamburg wird nur im Sonderfall outgesourct. Philipp Schindera, Pressesprecher bei T-Mobil, sagt: "Qualität ist nur inhouse möglich. Externe setzen wir nur bei Sonderaktionen und in Spitzenzeiten ein. Da haben wir unsere Stammdienstleister, die kennen uns genau. Da gibt es dann auch keine Probleme."

Rainer Kolm, Solution-Marketing-Manager EMEA bei Aspect Communications in Hamburg, sagt hingegen: "Outgesourcter Service muss nicht schlechter sein." Man müsse jedoch die Erwartungen der Anrufer im Voraus analysieren und die Agents entsprechend schulen.

Früher, so Kolm, habe man in Call Centern "Fußbälle zur Europameisterschaft verkauft", heute überlegten die Unternehmen, wie sie am effizientesten mit ihren Kunden kommunizieren können. Das bedeute auch abzuwägen, wo outgesourct werden kann. "Unternehmen werden künftig kaum noch Teilbereiche outsourcen", meint Kolm. Der Trend gehe zum technisch perfekt ausgestatteten Call Center, dessen Infrastruktur mit der des Auftraggebers verknüpft werde, sodass ein perfekter Informationsfluss gewährleistet sei. Es sei immerhin sehr umständlich und kostenintensiv, Inhouse-Call-Center aufzubauen.

Entscheidet man sich fürs Outsourcen, so muss man sich laut Gunther Jahn, zuständig für Outsourcing-Assistance bei c-business in Frankfurt, konsequenterweise darüber im Klaren sein, nicht nur die Aktivitäten, sondern auch das erforderliche Wissen auszulagern.

Carsten Mikhart, verantwortlich für Marketing und Vertrieb der Service Center bei den Hamburgischen Electricitäts-Werken HEW, sieht die Vorteile des Outsourcing bei der Einsparung von Personalkosten, außerdem sei ein externes Call Center häufig schneller aufzubauen als ein eigenes. Nachteilig sei allerdings, die Kompetenz aus der Hand zu geben.

Klaus Thieme, Geschäftsführer von XTRA3 Communication Center in München, sieht das pragmatisch: "Sind Workflows auf beiden Seiten klar definiert, dann gibt es keine Nachteile."

Welche Unternehmen ihre Call-Center-Dienstleistungen outsourcen sollten - da sind sich alle von ONEtoONE befragten Experten einig -, ist situationsabhängig zu entscheiden. So sollten große Unternehmen eher an einen Dienstleister outsourcen oder ein eigenes Unternehmen für die Kundenbetreuung gründen, während bei kleinen Unternehmen ein besserer Informationsfluss gewährleistet ist, wenn der Kundendienst im Haus bleibt.

Jahn will die Entscheidung über ein Outsourcing weniger von der Unternehmensgröße als von der Aufgabenstellung abhängig machen. Es gäbe traditionelle Branchen wie Finanzdienstleister, Verlage oder den Versandhandel, in denen Outsourcing nicht mehr wegzudenken sei.

Outsourcen sollte man laut Mikhart immer bei befristeten Aktionen, wenn ein Call Center nicht dauerhaft genutzt wird. Auch bei einer Größenordnung von zehn bis 30 Agents rechne sich ein eigenes Call Center noch nicht. Unternehmen, die zu einem bestimmten Bereich, zum Beispiel der Annahme von Anzeigen, DRTV- oder Internet-Response, keine Kompetenz im Haus haben, werden eher outsourcen.

Nicht outsourcen sollte ein Unternehmen laut Mikhan, wenn es sich ausschließlich um die Annahme von Response auf Marketingaktionen handelt oder eine hohe Sachkompetenz erforderlich ist. Auch wenn das Unternehmen eine ganz besondere Corporate Identity hat, die Dienstleister nicht vermitteln könnten, sollte man den Service inhouse abwickeln.

Laut Jahn muss folgende Regel beherzigt werden: Kernkompetenzen dürfen nicht ausgelagert werden. Kernkompetenz sei gegeben, wenn ein unmittelbarer Kundennutzen oder ein Wettbewerbsvorteil entstehe oder Lerneffekte die Grundlage für neue Produkte und Dienstleistungen ergäben. Trifft nur eine dieser Definitionen zu, so Jahn, sollte man vom Outsourcing absehen.

Beim Outsourcing fallen Initialisierungskosten und laufende Kosten an. Zu den Initialisierungskosten zählen Briefing, Konzeption, Gesprächsleitfäden oder Schulungen. Laufende Kosten setzen sich zusammen aus Fixkosten, zum Beispiel für das Projektmanagement, und den Abwicklungskosten, etwa Preisen pro Kontakt und Zeiteinheit, sowie aus Drittkosten für Telekommunikation, Porti oder Kopien. Jahn sagt: "Abhängig von der Aufgabenstellung können die Initialisierungskosten in der Startphase die laufenden Kosten sogar zunächst überschreiten." Nur wer Angebote vergleiche und Initialisierungskosten hinterfrage, könne das günstigste Preis-Leistungsverhältnis herausfiltern.

Die Qualität sollte durch eine strenge Auswahl des Call Center und durch Schulungen sicher gestellt werden. Während man im Inhouse-Call-Center eher Rhetorik und Freundlichkeit schulen sollte, heißt es beim Dienstleister Fachkenntnisse zu vermitteln.

Fällt die Entscheidung schließlich zu Gunsten des Outsourcing, könnte sich die Überlegung anschließen, ob man den Service nicht ins Ausland verlegt. Laut Kolm ist Outsourcing ins Ausland ein Trend, sofern die Arbeitslöhne geringer und die Fremdsprachenfähigkeiten gegeben seien. So gliedern britische Unternehmen ihren Service gern mal nach Indien und Südafrika aus, Amerikaner nach Mexiko und Franzosen nach Marokko. Für Deutschland wären die Ukraine und Kasachstan echte Alternativen.

Merke: Analyse ist alles, auch bei der Implementierung von Call Centern. go

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