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Wirtschaftsförderer: Nicht auf "kurze Deals" aus?

26.03.2002 - Wirtschaftsförderungsgesellschaften wehren sich gegen den Vorwurf der Arbeitsplatzvernichtung

vh Auf der Berliner CallCenterWorld waren auch in diesem Jahr wieder zahlreiche Wirtschaftsförderungsgesellschaften vertreten. Eine erfreuliche Sache, kümmert sich damit doch jemand von offizieller Stelle um gute Konditionen für Call-Center-Betreiber. Doch die Idee, mit staatlicher Unterstützung die Ansiedlung von Call Centern zu fördern - und damit Arbeitsplätze zu schaffen - stößt bei Branchen-Experten nicht mehr auf ungeteilte Begeisterung.

So kolportiert heute mancher, einige Wirtschaftsförderungsgesellschaften seien letztlich eher Arbeitsplatzvernichter als Arbeitsplatzförderer. Es herrsche eine Art "Subventionswettbewerb", der dazu führe, dass manche Call-Center-Betreiber den "Lockangeboten" unterliegen, also von einem Bundesland in ein anderes umsiedeln, das ihnen eine höhere finanzielle Unterstützung zusagt. Liefen dort dann die Subventionen aus, könnten die Betreiber den Standort oft nicht weiter unterhalten und würden das Call Center wieder schließen. Auf diese Weise würden zeitversetzt gleich zweimal Arbeitsplätze vernichtet.

Die Vertreter dieser These stellen den Wirtschaftsförderern ein schlechtes Zeugnis aus. Aber stimmt's? ONEtoONE hat Wirtschaftsförderer mit dem provokativen Statement konfrontiert und um ihre Meinung gebeten.

Die Call-Center-Betreiber, die den Standort Schleswig-Holstein wählen, legen in erster Linie Wert auf hoch qualifizierte Mitarbeiter, die im Unternehmen weiter spezialisiert und intensiv geschult werden. Daher stellt sich das von Ihnen skizzierte Problem bei uns nicht. Neben dem Personal, der guten Infrastruktur und der hohen Lebensqualität in Schleswig-Holstein wird der Aspekt der finanziellen Förderung oft als eher nachrangiger Standortfaktor von den Unternehmern eingestuft.

Reinhard Just von der Wirtschaftsförderung

Schleswig-Holstein in Kiel

www.wsh.de



Da Mecklenburg-Vorpommern eine strukturschwache Region ist, die mit einer sehr hohen Arbeitslosigkeit zu kämpfen hat, sind die Fördermöglichkeiten auch sehr hoch. Ein Kriterium zum Erhalt von Fördergeldern besteht darin, dass das Unternehmen darstellen muss, dass es beabsichtigt, sich langfristig in dem Bundesland zu engagieren. Hier ist beispielsweise die Vorlage eines Mietvertrages von mindestens fünf Jahren zwingend notwendig.

Das Argument, dass man mit Call Centern beliebig von einem Standort zum nächsten "wandern" kann, ist nicht nachvollziehbar. Das Potenzial eines guten Call Center liegt im erfahrenen Personal. Eine geringere Fluktuation und ein insgesamt niedrigeres Lohnniveau sind natürlich Anreize für Investoren in MV.

Bei der Struktur der Call Center zeigt sich, dass sich viele große Unternehmen in diesem Land angesiedelt haben, die bereits Standorte in den alten Bundesländern hatten und noch immer haben. Dabei ist es meist so, dass neben den bestehenden Centern im Westen weitere Arbeitsplätze im Osten geschaffen wurden. Die Tatsache, dass es vereinzelt in Mecklenburg-Vorpommern dazu gekommen sein mag, dass neue Arbeitsplätze im Osten zu Lasten von Arbeitsplätzen im Westen geschaffen wurden, kann nicht dazu führen, die Wirtschaftsfördergesellschaften als Arbeitsplatzvernichter zu titulieren.

Aufgrund der Unternehmensstruktur im Land habe ich festgestellt, dass man auch hier langfristig denkt, das heißt über den Zeitraum hinaus, in dem man Fördergelder bekommt. Von einem "Standort-Hopping" ist mir, zumindest für Mecklenburg-Vorpommern, nichts bekannt.

Frank Leisten von der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung Mecklenburg-Vorpommern www.gfw-mv.de





Niedersachsen hat sich in der Vergangenheit nie an dem Subventionswettbewerb beteiligt und immer auf die Nachhaltigkeit der unternehmerischen Engagements geachtet. Wir haben dabei in der Regel kompetente Kunden gewinnen können, so die Citibank in Nordhorn mit etwa 700 Arbeitsplätzen oder Bertelsmann Marketing Services in Wilhelmshaven mit rund 900 Arbeitsplätzen.

Wir haben in Niedersachsen bisher keinerlei Probleme damit gehabt, dass Unternehmen, die wir ins Land geholt haben, nach Auslauf des Förderzeitraumes aufgrund der dann nicht mehr vorhandenen Förderung geschlossen worden sind oder einen anderen Standort gewählt haben. Wenn es Probleme gab, lagen die ausschließlich im wirtschaftlichen Umfeld der Branche. Ich glaube, dass solche Vorwürfe die Strukturpolitik eines Landes, die ja bekannterweise in Niedersachsen sehr stark auch von Ministerin Dr. Knorre gerade auf die Branche Customer-Relationship-Management und Dienst- leistung ausgerichtet ist, eher konterkarieren. Wir sind sehr stark daran interessiert, die Unternehmen langfristig zu entwickeln, und keinesfalls nur auf den kurzen Deal aus.

Holger Ansmann von der IPA

- Investment Promotion Agency Niedersachsen in Hannover

www.ipa-niedersachsen.de





Das Investor Center Ostbrandenburg verfolgt einen strategischen Ansatz in der Wirtschaftsförderung. Wir entwickeln Produkte für Investoren, mit denen sie vom Standort Ostbrandenburg aus neue Geschäftsfelder oder Märkte erschließen können.

Hier bietet die Grenzlage zu Polen Vorteile, die besondere Entwicklungschancen beinhalten. Ein Beispiel sind Twin-Call-Center. Das Modell eines Doppelstandorts, das wir auf der CallCenterWorld beworben haben, eröffnet den Unternehmen Marktbearbeitung in Deutschland und Polen. Eine mögliche Förderung binden wir in diese neuen Konzepte für die Branche ein.

Letztendlich ist die Fördersituation an vielen Standorten vergleichbar und bildet keinen echten Wettbewerbsvorteil. Investoren, die wir mit unseren Produkten überzeugen, siedeln sich in Ostbrandenburg an. Ein gutes Beispiel hierfür ist die d+s online AG mit zwei Standorten und mittlerweile 680 Beschäftigten in Frankfurt/Oder.

Stephan Lubomierski vom Investor Center Ostbrandenburg c/o Technologiepark Ostbrandenburg in Frankfurt/Oder

www.icob.de



Durch die Wirtschaftsförderung Sachsen sind zurzeit 103 Call Center in Sachsen mit circa 5.000 Agents erfasst. Seit 1998 erfolgten 60 Neugründungen! Wir sind optimistisch, dass dieser Trend sich auch 2002 fortsetzen wird. Nach unseren Erkenntnissen ist keines dieser Call Center aus einem anderen Bundesland nach Sachsen umgesiedelt!

Die Struktur der Unternehmen ist mittelständisch. Nur 14 Call Center beschäftigen mehr als 80 Mitarbeiter. Besondere Anziehungskraft übt Sachsen gegenwärtig auf Firmen aus, die herstellerunabhängige, kompetente Beratung und Service rund um die Uhr anbieten.

Das Vorhandensein von hervorragend qualifiziertem und motiviertem Personal sowie der gleichzeitige europaweite Mangel und ebenso wachsende Bedarf an entsprechenden Service-Leistungen sind die Gründe für Neuansiedlungen. Es ist aus heutiger Sicht deshalb nicht zu erwarten, dass Firmen mit oben genanntem Charakter Standorte kurzfristig schließen beziehungsweise verlagern werden. Für regional gebundene sächsische Mittelständler stellt sich die Frage der Verlagerung ebenso wenig.

Besonders wohl fühlen sich diese in der Interessengemeinschaft Call Center Netzwerk Sachsen (CCNetSachsen). Welches Bundesland bietet schon eine derartige, vor allem gut funktionierende und kostenneutrale "Heimat" für Unternehmen der Branche?

Andreas Gensmann von der Wirtschaftsförderung Sachsen in Dresden

www.wfs.sachsen.de

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