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Anpfiff fürs Steuerreformgesetz: Fouls und Tacklings inklusive

29.08.1999 - Von Stefan Buschmann

Nicht nur die neue Bundesliga-Saison hat begonnen, auch im Kampf des Steuerzahlers gegen den Fiskus ist mit dem Steuerreformgesetz eine neue Runde eingeläutet worden. Bei diesem Spiel geht es um viel, versteckte Fouls und harte Tacklings sind an der Tagesordnung.

Die Finanzgerichte haben alle Hände voll zu tun, um für einen ordnungsgemäßen Spielablauf zu sorgen. Mit der neuen Regelung in Paragraph 4 Absatz 4a Einkommensteuergesetz zur Verhinderung des sogenannten "Zwei- oder Mehrkontenmodells" hat der Gesetzgeber nun zur Blutgrätsche angesetzt.

Das Steuerrecht ging bislang davon aus, jeder Unternehmer dürfe selbst bestimmen, ob er sein Unternehmen mit eigenen oder fremden Mitteln finanziert. Betriebseinnahmen konnten von einem Konto I für private Finanzierungen entnommen, und die jetzt zur Finanzierung der Betriebsausgaben über Konto II zu zahlenden Zinsen steuermindernd abgezogen werden. Somit waren Zinsen für den Kauf einer Yacht auf einmal steuerlich abzugsfähig.

Nach der Neuregelung werden alle betrieblichen Konten zusammengefasst. Guthaben von 50.000 Mark auf Konto I und ein Minus von 100.000 Mark auf Konto II ergeben einen Saldo von -50.000 Mark. Die Zinsen auf eine Entnahme von 20.000 Mark für Privatzwecke sind wegen der Erhöhung des negativen Gesamtsaldos nicht abzugsfähig.

Finanziert ein risikofreudiger Unternehmer Investitionen über einen Kontokorrentkredit, sind die anfallenden Zinsen betrieblich veranlasst und damit abzugsfähig. Der Unternehmer erzielt bescheidene Gewinne. Für seinen Lebensunterhalt und für laufende Steuerzahlungen tätigt er Entnahmen. Diese notwendigen, jedoch privaten Entnahmen erhöhen seinen negativen Gesamtsaldo. Die Zinsen sind also nicht abzugsfähig. Der Unternehmer wird dafür bestraft, dass er die in seinem Betrieb erwirtschafteten Erträge unter anderem für Steuerzahlungen verwendet.

Dieser Sachverhalt kann sich noch weiter zuspitzen: Nach Ziffer 2 Satz 6 der Vorschrift müssen betriebliche Einnahmen zuerst mit betrieblichen Schulden verrechnet werden. Entnimmt der Unternehmer regelmäßig nur seinen Gewinn bei negativem Gesamtsaldo, so wird der anfangs betriebliche Kredit im schlimmsten Fall zu einem reinen Privatkredit.

Die Gesetzesvorschrift könnte sich als verfassungswidrig herausstellen. Es fehlt an der notwendigen Präzision: Die Vorschrift spricht nur von 'Konten‘. Welche Konten? Nur die Kontokorrente bei den Banken oder auch bei Lieferanten? Was ist mit den Gesellschafterkonten bei Personengesellschaften? Die Aufteilung der Zinsen soll nach der Zinsstaffelmethode erfolgen. Die wenigsten können schlichte Zinsrechnung.

Mit Sicherheit wird sich in einigen Jahren der Bundesfinanzhof mit diesem Thema beschäftigen müssen. Wer heute auf einen Sieg des Fiskus setzt, dürfte beim Wettmacher eine gute Quote erhalten. Aber: Der Ball ist rund und ein Spiel dauert 90 Minuten. Die Beraterseite versucht mit geschicktem Dribbling Lücken in der Abwehr des Fiskus zu finden.

Zum Beispiel: Betriebseinnahmen bar über die Kasse vereinnahmen. Bei einer Bar-Kasse handelt es sich vermutlich nicht um ein Konto im Sinne der neuen Vorschrift.

Bei schwankenden Banksalden sollten Privatentnahmen bei positiven Gesamtsalden erfolgen. Erst die betrieblichen Investitionen dürfen den Kontokorrent ins Minus treiben. Nach Möglichkeit Investitionen über echte Darlehen finanzieren.

Sollten nur einige dieser Ansätze Erfolg haben, dann dürfen wir uns jetzt schon auf das nächste Spiel gegen den Fiskus mit einem neuen Steuerreformgesetz freuen.

Stefan Buschmann, Rechtsanwalt und Steuerberater, ist Sozius bei der Hamburger Kanzlei Reuther & Schaefer,

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