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"Die Rezession ist unser bester Vertriebsmitarbeiter"

18.02.2003 - ks Kostensenkung, Prozessoptimierung, Kundenentwicklung und Effizienzsteigerung. Das sind nur einige der Themen, über die Vertreter der Call-Center-Branche vom 18. bis 20. Februar 2003 auf der Berliner Kongressmesse Call Center World diskutierten. In Zeiten von Wirtschaftsflaute, Standortschließungen und Restrukturierungen im Call-Center-Markt gilt es mehr denn je, Kosten und Prozesse zu verschlanken, Kunden maßgeschneiderte Lösungen anzubieten, multimedial zu kommunizieren, aber auch Lobby-Arbeit zu leisten. ONEtoONE hat Branchenvertreter nach ihren Einschätzungen zu Chancen, Potenzialen und Risiken im Call-Center-Markt gefragt.



Die Polarisierung der Dienstleisterlandschaft in die Disziplinen Massen- und Klassegeschäft wird sich auch in diesem Jahr fortsetzen. Immer mehr Entscheider werden sich - insbesondere nach den Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre - wieder von der primär preisgesteuerten Entscheidung stärker dem Kriterium bestes Preis-Leistungs-Verhältnis zuwenden. Die sehr positive Marktresonanz auf die Neupositionierung unseres Dienstleistungsspektrums zu einem Netzwerk von Kompetenzankern mit Lösungen aus einer Hand stützt unsere Einschätzung. Insofern sehen wir für buw sehr vielversprechende Marktpotenziale.

Ein Problem der Branche ist die teilweise massive Subventionierung neuer Aufträge seitens einiger Marktteilnehmer, Aufträge werden "eingekauft". Die buw ist ein Wirtschaftsunternehmen und beteiligt sich nicht an dieser "Geldwechselei".

Jens Bormann ist geschäftsführender Gesellschafter der buw Unternehmensgruppe in Osnabrück

www.buw.de

Kundenservice an einen Call-Center-Dienstleister auszulagern, birgt nach wie vor großes Potenzial, wenn der Anbieter den gesamten Kundenlebenszyklus betreut und Unternehmen so einen Mehrwert bietet. Dabei ermöglicht Outsourcing beides: Kostenersparnis und Prozessoptimierung. Call-Center-Dienstleister werden nicht als verlängerte Werkbank begriffen, sondern als Partner, die durch optimalen Service helfen, ein Unternehmen vom Wettbewerb zu differenzieren. Außerdem ermöglichen sie ihm, sich im kostenträchtigen Direktvertrieb auf die wichtigsten Kunden zu konzentrieren, während die Outsourcer zum Beispiel Business- und Consumer-Kunden betreuen.

Manche Unternehmen orientieren sich bei der Wahl eines Call-Center-Dienstleisters in der derzeit schwierigen wirtschaftlichen Lage ausschließlich am Preis. Stattdessen sollte gelten: Qualität vor Preis. Denn bei sinkendem Service-Niveau droht Image-Verlust, der sich schwer und nur durch noch höhere Ausgaben wettmachen lässt.

Zudem behindert die restriktive deutsche Gesetzgebung im Outbound-Geschäft die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Die Regelung, Kunden im B-to-C-Bereich nur nach ihrem Einverständnis kontaktieren zu dürfen, ist nicht zeitgemäß. Im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn hinken wir hier hinterher und vernachlässigen ein hohes Umsatzpotenzial.

Jörg Diepenseifen ist Vice President Business Development von Sitel in Krefeld

www.sitel.com

Der Faktor Kundenbindung als Beitrag zum Unternehmenserfolg wird immer wichtiger und Call- bzw. Contact-Center werden von immer mehr Unternehmen als geeignetes Instrument für diese Kundenbindung erkannt - gerade in der aktuellen Konjunkturlage. Die Aussichten der Branche schätze ich deshalb durchaus als gut ein.

Da die Ansprüche der Kunden an Service und Erreichbarkeit sowie die Anforderungen an den Contact-Center-Betrieb immer komplexer werden, bedarf es allerdings weiterer technischer Prozessoptimierungen, deren Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft ist. Die Contact-Center-Verantwortlichen in Deutschland sind sich dieser Herausforderungen bewusst. Eine im Auftrag von Aspect kürzlich durchgeführte Marktbefragung hat ergeben, dass der Wandel vom reinen, Sprachtelefonie-orientierten Call-Center zum multimedialen Contact-Center mit zusätzlichen Kommunikationskanälen zu den vordringlichen Projekten der Unternehmen zählt.

Statt von Risiken sprechen wir vielleicht besser von Erfordernissen, die die insgesamt schwache Konjunktur den Contact-Centern abverlangt. So steht das Thema Investitionsschutz in deutlicherem Umfang als bisher beim Auf- und Ausbau von Contact-Centern im Mittelpunkt. Denn eins ist klar: Investitionen müssen sich auch rechnen.

Ruben van den Herik ist Managing Director Mainland Europe von Aspect Communications

www.aspect.com



Im Outbound-Bereich gewinnen der Direktverkauf per Telefon und die systematische Marktbearbeitung zur Ermittlung von zusätzlichen Absatzchancen an Bedeutung. Im Inbound-Bereich blieb T.D.M. von den Restrik- tionen deutlicher Etatkürzungen großer Unternehmen verschont - dank der Konzentration auf folgende Marktnischen: 1) Bestellannahme für mittelständische Unternehmen. 2) Help-Desks für den technischen Kundendienst von Herstellern. 3) Kampag- nenmanagement durch eine Web-basierte Datenbank. Im Outbound-Bereich konzentriert sich T.D.M. auf Telefon-Dialoge im B-to-B-Bereich. Der Vertriebsweg über Tele-Sales wird rasante Zuwachsraten erzeugen, besonders in der Kombination mit der E-Mail-Kommunikation. Die Wachstumschancen für die Kommunikation im großen Absatzraum Europa beurteilen wir als sehr positiv.

Risiken sehen wir in den Rahmenbedingungen - im generellen Verbot der so genannten Kalt-Akquise per Telefon und in der Betriebsverfassung.

Dietmar Klug ist Geschäftsführer der Sarstedter T.D.M.

www.tdm.de

Die Entwicklung des Customer-Relationship-Managements hat ihren Höhepunkt noch lange nicht erreicht: Das große Potenzial des Cross- und Upselling sowie der Kundenbindung über prompten und effizienten Service ist inzwischen zwar gängige Managementlehre, wird aber noch immer nicht ausgeschöpft. Angesichts der momentanen Wirtschaftsschwäche und strapazierter Kapitalausstattung scheuen viele Unternehmen davor zurück, selbst in ver- stärkten Vertrieb und Kundenbindung zu investieren. Call-Center-Dienstleister können von dieser Situation profitieren - vorausgesetzt sie haben ein schlüssiges Gesamtkonzept zur Kundenkommunikation entwickelt, das den greifbaren Nutzen für den Auftraggeber in den Mittelpunkt stellt.

In der jetzigen Wirtschaftslage sparen viele Unternehmen an der Kundenkommunikation. Mittel- bis langfristig wirken sich diese Einsparungen negativ auf die Kundenentwicklung aus. Das kann zu drastischen Umsatzeinbußen führen. Unternehmen sollten sich antizyklisch verhalten, um ihre Kunden zu sichern und Potenziale hinzuzugewinnen.

Michael Raum ist CEO von Sellbytel in Nürnberg

www.sellbytel.de

Das letzte Jahr war für die meisten Branchen schwierig und hat auch vor der Call-Center-Branche nicht Halt gemacht. Dennoch sehe ich immer noch sehr gute Entwicklungsmöglichkeiten für diesen Markt. Der Kommunikationsbedarf der Unternehmen wächst, und Kundenservice wird zu einem zunehmend wichtigeren Erfolgskriterium für die Anbieter unterschiedlichster Produkte und Leistungen.

Der Markt wird sich weiter konsolidieren, und es werden sich große Player und Nischenanbieter herausbilden, die von der Entwicklung der Branche profitieren werden. Wir blicken mit großen Erwartungen in die Zukunft.

Thomas-Marco Steinle ist Geschäfts- führer von adm in Mannheim

www.adm-group.com

In Zeiten schrumpfender Budgets und hohen Effizienzbewusstseins hat das Direktmarketing und insbesondere das Telemarketing eindeutige Vorteile gegenüber dem klassischen Marketing: Erfolgs- und Response-Quoten sind messbar, Historie und Bedürfnissituation des einzelnen Kunden sind per Datenbank dokumentiert, und für den Kunden selbst ist der direkte Kontakt mehr und mehr Anspruch und Entscheidungskriterium. Davon profitiert die Call-Center-Branche im Inbound- und Outbound-Bereich zurzeit und auch in Zukunft.

Die derzeitige Marktkonsolidierung verstärkt den Wettbewerb der Call-Center-Dienstleister. Eine Konsequenz ist, dass dem Markt Calls und Kontakte zu Dumping-Preisen - teilweise unter Kostendeckung - geboten werden. Hier ist zu hoffen, dass alle Beteiligten in Kürze wieder zu langfristig tragbaren Angebotsstrategien kommen, um der notwendigen Qualität und Komplexität von Telemarketing-Dienstleistungen Rechnung zu tragen.

Anne Stahl-Weiß ist Geschäftsführerin von Viafon in Berlin

www.viafon.de

Ich bin zuversichtlich, denn: Die Rezession ist unser bester Vertriebsmitarbeiter. Vielen Unternehmen war zwar schon in der Vergangenheit bewusst, dass ein professioneller Call-Center-Dienstleister ihre Kundenkontakte besser und preiswerter abwickeln kann, doch erst jetzt zwingt der extreme Kostendruck die Verantwortlichen, konsequent und freigesprochen von internen Hemmnissen über Outsourcing nachzudenken. Unterdessen mehren sich auch die Anzeichen, dass vor allem in der Konsumwirtschaft die Bereitschaft steigt, die Wertschöpfung aus den Kunden durch Investitionen in ein fortschrittliches Kundendatenmanagement zu erhöhen.

Wie früher in der Autoindustrie, die durch Sportcabriolets, Vans und Freizeitfahrzeuge zu neuer Blüte gelangte, gibt es auch in der Call-Center-Branche unentdeckte Dienstleistungsnischen, deren Größe das Wort Nische eigentlich gar nicht richtig beschreibt. Vor allem sehe ich einen noch weitestgehend unerschlossenen Kundenkreis: die kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU). Unsere gesamte Branche hat diese Klientel bisher komplett vernachlässigt. Immerhin erwirtschaften die KMU etwa drei Viertel unseres Bruttoinlandsprodukts. Und genau wie unsere Großkonzerne sind die KMU auf der Suche nach neuen Vertriebsmodellen. Deshalb glaube ich, dass wir hier einen großen Markt vor uns haben, für den wir Lösungen brauchen, die auf die Bedürfnisse der KMU zugeschnitten sind.

Die Rezession ist leider nicht nur unser bester Vertriebsmitarbeiter, sondern auch der schlechteste Berater für unsere potenziellen Auftraggeber. Deshalb sehe ich die Gefahr, dass Unternehmen, die sich für die Zusammenarbeit mit einem Call-Center-Dienstleister entschlossen haben, wider besseren Wissens den niedrigsten Preisen hinterherlaufen. Das ist riskant, weil die Dumping-Anbieter mit Preisen agieren, bei denen schon jeder Branchenfremde wissen müsste, dass man zu diesen Konditionen nicht arbeiten kann. Die oft beobachtete Folge ist, dass diese schwarzen Schafe zunächst viel Ärger verursachen und durch minimierte Qualität reihenweise Endkunden verprellen, ehe sie vom Markt verschwinden. Den Schaden haben am Ende die Auftraggeber.

Um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, müssen wir eine Akzeptanz für ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis erwirken. Die Voraussetzung dafür ist, dass es unserer Branche gelingt, den Wert unserer Leistungen - zum Beispiel mit Quality-Scorecards - zu dokumentieren. Das Risiko allerdings ist, dass auch dieser Qualitätsmesser durch eine unverantwortliche Preispolitik der No-Quality-Anbieter untergraben werden könnte und dadurch auch weiterhin nicht zwischen billig und preiswert unterschieden wird.

Zu einem weiteren Risiko wird die fehlende Lobby unserer Branche in der Politik. Ich höre in den Medien immer nur "Autoindustrie, IT-Branche, Bauindustrie, Reisebranche". Dabei sind es doch die Call-Center, die immer mehr qualifizierte Arbeitsplätze schaffen werden. Wo werden zunehmend die Bank-, Versicherungs- und Reisekaufleute beschäftigt, wenn Kundenservice immer mehr von Call-Centern gemacht wird und immer weniger auf der Straße? Unsere Branche hätte es mehr als verdient, von der Politik deutlicher wahrgenommen und bei arbeitsmarktpolitischen Entscheidungen stärker berücksichtigt zu werden.

Ralf Thomas ist Bereichsvorstand Business Development von d + s online in Hamburg

www.ds-online-ag.de

Als wir vor neun Jahren begannen, brauchten wir eine Telefonanlage für sechs Mitarbeiter. Heute liefern wir mit 2.300 Mitarbeitern Full-Service-Konzepte in der Kundenkommunikation. Das bedeutet eine breite Aufstellung - etwa bei IT-Strukturen oder Add-on-Leistungen wie Training, Dokumentenmanagement und Lettershop. Unsere Chance sehen wir im immens gestiegenen Kostendruck auf Auftraggeberseite. Hier können wir komplexe betriebliche Prozesse mit einer wesentlich günstigeren Kostenstruktur abbilden, und das eben nicht nur bei der eigentlichen Kundenkommunikation, sondern auch bei prozessimmanenten Vorgängen wie Credit- und Risk-Management oder dem Postein- und -ausgang.

Gerade große und komplexe Projekte erfordern heute einen immensen Zeitaufwand und viel Überzeugungsarbeit bei der Akquisition. Ein Risiko - zumal angesichts des konstant steigenden Preisdrucks - mag das für mittelgroße Anbieter sein, die finanziell kurzfristiger planen müssen. In diesem Zusammenhang wird sich der Konzentrationsprozess in der Branche sicherlich fortsetzen.

Philipp J. N. Vogel ist stellvertretender Vorstandsvorsitzender von SNT Deutschland in Frankfurt

www.snt-ag.de

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