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Interview mit Ernst Prost

Liqui Moly: "Begeistern, nicht bescheißen"

18.02.2021 - Marketing ist nichts für Feiglinge. Schon gar nicht in Pandemiezeiten. Ernst Prost, Geschäftsführer des Schmiermittelherstellers Liqui Moly, hat damit keine Probleme und eckt schon mal gerne an. Wie kaum ein anderer verkörpert er die Bandbreite zwischen "ganz schön abgehoben und dreist" und extrem bodenständig. Das macht ihn zu unserem "Marketingkopf 2021".

von Christina Rose

Erstmal herzlichen Glückwunsch! Überrascht?
Warum sollte ich überrascht sein? Ich weiß, wie unsere Unternehmenspolitik, unsere Vertriebsleistung, die Qualität unserer Produkte und alles, was halt so zu einem erfolgreichen Unternehmen gehört, bei unseren Kunden ankommt. Ich bin Tag und Nacht an vorderster Front im Kontakt mit Endverbrauchern, Werkstätten, Großhändlern und sehr vielen Menschen, die mir schon sagen, was ihnen an uns passt und was nicht. Daraus schnitzen wir auch unsere Konzepte. Nicht im Wolkenkuckucksheim, sondern ganz pragmatisch mit beiden Beinen auf dem Boden für unsere Kunden.

Sie haben im vergangenen Jahr Ihre Werbekampagne gestartet, als die meisten anderen Unternehmen im Zuge der Pandemie erst mal auf die Marketingbremse getreten sind - warum?
Weil ich den Reflex sehr vieler Unternehmer kenne, wenn ein Gewitter aufzieht, erst mal den Schwanz einzuziehen und einen auf Vorsicht zu machen.

Dieses Zurückziehen unserer Marktrivalen ins Schneckenhaus ist dann in jeder Krise für uns die willkommene Gelegenheit zuzuschlagen. Stärke ist immer relativ. Und wenn die anderen nachlassen, muss man einfach nur mehr tun, um Marktanteile zu gewinnen, Kunden ins eigene Lager zu lotsen und Umsätze zu steigern. Das ist alles, was wir getan haben und in jeder Krise tun und immer wieder tun werden.

Vor einigen Jahren habe ich uns zur Weltmarke erklärt. War ganz schön abgehoben und auch dreist. Aber möglich ist alles, wenn man nur daran glaubt und dafür arbeitet.

Das erklärte Ziel war "eine Milliarde Kontakte in über 100 Ländern" - Haben Sie die erreicht? Und was machen Sie nun mit den Kontakten?
Wir sind heute in 150 Ländern dieser Erde eine Macht. Mal größer, mal kleiner, aber immer bissig. Eine Milliarde Kontakte sind genau die richtige Größenordnung. Wenn wir aus diesen Kontakten nur einen Bruchteil Kaufkunden machen, hat sich das ganze ja schon rentiert. Und natürlich pflegen wir unsere Kunden auf allen Ebenen. Im mehrstufigen Vertrieb eine echte Kärrnerarbeit. B to b und B to C. Unser tägliches Brot in 150 Ländern. Dem Internet sei Dank, dass wir dies auch wirklich schaffen.

Die Kampagne lief unter anderem über das Google-Netzwerk, Youtube, Facebook und Instagram: Was "tun" diese Kanäle für Ihre Marke?
Mein Gott, was tun die für uns? Nichts. Wir tun was und nützen halt diese diversen Kommunikationskanäle des 21. Jahrhunderts. Unsere Marketing-Rhapsodie spielen wir mit vielen Instrumenten in einem großen Konzert. Nur so erreicht man eine sehr heterogene Zielgruppe.

Ich denke, wir lassen kein einziges Medium aus, das uns hilft, unsere Botschaft an die Frau und an den Mann zu bringen. Bei diesem Job helfen uns viele junge Leute in unseren Reihen, die mit diesem ganzen modernen Zeugs aufgewachsen sind.

Was halten Sie von Tiktok und Clubhouse?
Tik Tok kenne ich nicht und Clubhaus habe ich die Tage zum ersten Mal gehört im Zusammenhang mit einem Ministerpräsidenten, der stolz verkündet, dass er lieber irgendwelche Schwachsinnsspiele spielt, als sich um die Bekämpfung der Pandemie zu kümmern. Ich werde demnächst mal einen unserer Jungen fragen was ich davon halten soll.

Sie sagen: "Alles, was man im Marketing so treibt, kostet ein paar Millionen und dauert ein paar Jahrzehnte, wenn man Erfolg haben will" - Zeit und Geld macht also das Wesen erfolgreichen Marketings aus? Noch etwas?
Alle wollen Marke machen und Marke sein und glauben, dass dies mit ein paar Euros in kurzer Zeit möglich ist. Unsinn. Es mangelt ja nicht an guten Ideen und auch nicht an kreativen Sonderwegen. Es mangelt schlichtweg den meisten Firmen an langem Atem, um nachhaltig Bekanntheitsgrad, Image, Distribution und natürlich auch Umsatz zu steigern. Ich habe noch nie so viele Eintagsfliegen und Strohfeuer gesehen wie im Marketing.

Das Wesen des Marketings ist die Kundenorientierung der gesamten Firma. Marketing ist keine Abteilungsaufgabe sondern die Einstellung eines Unternehmens zu Kunden, Konkurrenten, Märkten und Aufgaben.

Echte "Marketingtypen" gibt es auf Unternehmensseite in Deutschland nicht viele - von Ihnen und Trigemas Wolfgang Grupp mal abgesehen. Woran liegts? Zu wenig Traute?
Also bitte nicht mit diesem Herrn vergleichen. Wir haben keinerlei Gemeinsamkeiten. Aber abgesehen davon mag sich halt in unserer kritikfreudigen Zeit niemand mehr persönlich vorne auf die Bühne stellen und für sein Produkt und seine Firma auftreten. Diese berüchtigten Scheißestürme im Internet treffen einen dann eben auch ganz persönlich. So was mögen sich die wenigsten antun und bleiben dann lieber in der Deckung eines anonymen Konzerns.

Wie stellen Sie sich den Marketer und das Marketing der Zukunft vor?
Ich mach jetzt hauptberuflich seit 42 Jahren Marketing, Vertrieb, Unternehmens -Politik und was sonst noch alles Spaß macht im Geschäftsleben. Und ich sage Ihnen, in diesem knappen halben Jahrhundert hat sich an den grundlegenden Aufgaben des Marketings absolut nichts geändert. Wahrscheinlich nicht einmal in den letzten 1000 Jahren.

Und das ist gut so. Marketing ist eine Konstante. Richtig eingesetzt bringt Marketing nicht nur bunte Bilder und geile Texte hervor, sondern Stabilität, Nachhaltigkeit, Berechenbarkeit und Vertrauen. So aber sehen Marketing die wenigsten. Deshalb wird oft genug der alte Wein in neuen Schläuchen als Innovation angepriesen. Bullshit. Natürlich ändern sich die handwerklichen Aufgaben aber Inhalte, und vor allem Werte bleiben gleich. Wenn ein Unternehmen Marketing bis in die letzte Zelle verinnerlicht hat, wird der Kunde von allen als König behandelt, nicht beschissen sondern bestens bedient und begeistert. Ehrliche und nützliche Produkte werden erfunden, die vom Vertrieb zu fairen Preisen an Menschen verkauft werden, die diese Produkte auch brauchen.

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