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Datenschutz

Automatisiertes Schufa-Scoring verstößt offenbar gegen Europarecht

20.03.2023 - Die private Wirtschaftsauskunft Schufa stellt die Kreditwürdigkeit von BürgerInnen und möglichen Geschäftspartnern als Punktewert dar, der automatisiert berechnet wird. Diese Praxis und die Speicherung bestimmter Daten sind laut einem Gutachter des Europäisches Gerichtshofs aber rechtswidrig. Nun verkürzt die Schufa immerhin die Speicherdauer für die Einträge zu abgeschlossenen Privatinsolvenzen von drei Jahren auf sechs Monate.

von Frauke Schobelt

Finanzhäuser, Telekommunikationsanbieter oder auch Energieversorger fragen vor Vertragsabschlüssen meist bei privaten Auskunfteien wie der Schufa   nach der Kreditwürdigkeit einer Person. Die Schufa liefert ihre Einschätzung in Form eines sogenannten Score-Werts, der mit Hilfe einer automatisierten Datenverarbeitung ermittelt wird. Dieser Wert soll zeigen, wie gut und zuverlässig die betreffende Person ihre Zahlungsverpflichtung erfüllt. Je höher der Score, desto wahrscheinlicher die Zahlungsfähigkeit.

Einem neuen Gutachten des Europäischen Gerichtshofs (EuGH)   zufolge verstößt die Schufa mit dieser Praxis jedoch gegen Europarecht. Das teilte der EuGH-Generalanwalt Priit Pikamäe in seinen Schlussanträgen in Luxemburg mit   . Außerdem dürfe die Schufa Daten aus öffentlichen Verzeichnissen - wie die Register der Insolvenzgerichte - nicht länger speichern als das öffentliche Verzeichnis selbst. Daten zur Privatinsolvenz müssten damit zügiger gelöscht werden als bisher.

Hintergrund des Verfahrens vor dem EuGH sind mehrere Klagen aus Deutschland. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hatte Fälle dem EuGH vorgelegt, um grundsätzlich das Verhältnis zur europäischen Datenschutzgrundverordnung klären zu lassen. In einem Fall aus Hessen hatte ein Kläger, dem ein Kredit verwehrt worden war, die Schufa aufgefordert, einen Eintrag zu löschen und ihm Zugang zu den Daten zu gewähren. Die Schufa teilte ihm jedoch nur seinen Score-Wert und allgemeine Informationen zur Berechnung mit. Ein schon Jahre zurückliegendes Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) hatte bestätigt, dass die Berechnungsmethode ein Geschäftsgeheimnis ist.

Die Datenschutzgrundverordnung schreibt jedoch vor, dass Bewertungen, die für Betroffene rechtliche Wirkung entfalten und erhebliche Auswirkungen haben können, nicht nur durch die automatisierte Verarbeitung von Daten getroffen werden dürfen. Laut dem Generalanwalt stelle aber bereits die automatisierte Erstellung eines Wahrscheinlichkeitswerts über die Kreditwürdigkeit - der Score-Wert - eine solche verbotene automatische Entscheidung dar. Das gelte auch, wenn dann noch Dritte wie beispielsweise Banken endgültig entschieden, ob die Person kreditwürdig sei.

Die Schufa selber äußerte sich auf ihrer Website   zu dem Gutachten wie folgt: "Das Verfahren betrifft nicht nur die Schufa. Die Auslegungen des EuGH werden wahrscheinlich für alle Auskunfteien in Europa bindend sein. Im Wesentlichen geht es darum, ob die Berechnung eines Scores für eine Privatperson schon als automatisierte Entscheidung über eine Kreditvergabe zu verstehen ist und wie lange Auskunfteien über eine Restschuldbefreiung informieren dürfen. Der Generalanwalt des EuGH vertritt die Auffassung, dass eine Restschuldbefreiung von der Schufa nur so lange beauskunftet werden darf, solange sie auch in öffentlichen Registern veröffentlicht ist. Das sind in Deutschland sechs Monate. Das Gericht wird ferner entsprechend des Gutachtens des Generalanwaltes darüber entscheiden, unter welchen Voraussetzungen Scores an die Vertragspartner übermittelt werden dürfen. Für uns entscheidend: Die Art der Berechnung des Scores wird vom Generalanwalt in seinem Schlussantrag nicht beanstandet."

Vor dem Hintergrund des Verfahrens verkürzt die Schufa ab sofort die Speicherdauer für die Einträge zu abgeschlossenen Privatinsolvenzen von drei Jahren auf sechs Monate. Damit wolle man Klarheit und Sicherheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher schaffen, teilte eine Sprecherin in Karlsruhe mit.

Ein Urteil zur Schufa-Praxis wird im Sommer erwartet. Das Gutachten ist für die Richter nicht bindend, oft folgen sie ihm aber.

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