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Erfolgsmessung in Data Clean Rooms: Der Weg zum wahren Gipfel

15.11.2023 - Laut einer von Deloitte weltweit durchgeführten Umfrage unter 500 MarkenmanagerInnen sind 95 Prozent der Werbetreibenden mit Data Clean Rooms vertraut. Mehr als ein Drittel nutzt Data Clean Room-Technologien für mindestens einige ihrer Marketingaktivitäten.

von Ben Chivers

Aber nutzen die Werbetreibenden auch das volle Potenzial der Technologie? Nein. Ein großer Teil der Marketer zieht noch nicht den größtmöglichen Nutzen aus ihrer Investition in Data Clean Rooms.

Welches Potenzial von Data Clean Rooms Werbetreibende bisher ungenutzt lassen, welche Möglichkeiten sich ihnen bieten und was es zu beachten gilt, um dieses Potenzial auszuschöpfen, vergleicht Ben Chivers , Manager bei der Data Collaboration Platform InfoSum   mit seiner ganz persönlichen Erfahrung bei der Besteigung des Kilimandscharo.

Über den ersten Gipfel hinaus

Vor einigen Jahren habe ich den Aufstieg auf den Kilimandscharo gewagt. Als begeisterter Wanderer glaubte ich, gut vorbereitet zu sein. Doch nach sechs anstrengenden Tagen in immer dünner werdender Luft konnte ich es kaum erwarten, den Gipfel zu erreichen. Als der Gipfel endlich in Sicht kam, sammelte ich meine letzten Kräfte, und als ich oben angekommen war, riss ich jubelnd die Arme in die Höhe - nur um festzustellen, dass der Weg wieder nach unten führte, zu einem noch höheren Punkt in der Ferne. Ich stand am "Gilman's Point", einem der drei Gipfel, aber nicht auf dem höchsten Punkt des Kilimandscharo. Der richtige Gipfel, der "Uhuru Peak", war noch über eine Stunde entfernt. Diese letzte Stunde war die anstrengendste Wanderung, die ich je gemacht habe. Das Gelände war nicht besonders schwierig, aber nach der Enttäuschung über den falschen Gipfel war ich völlig erschöpft. Seitdem habe ich aus dieser Erfahrung gelernt.

Man kann sich die derzeitige Nutzung von Data Clean Rooms durch Marketer wie meine Tour auf den Gipfel des Kilimandscharo vorstellen. Die meisten wähnen sich - wie ich während der Wanderung - bereits auf dem falschen Gipfel am Ziel zu sein. Der Großteil der Werbetreibenden nutzt Data Clean Rooms derzeit hauptsächlich zur Aktivierung von Kampagnen: Indem sie ihre First-Party-Daten mit dem Ökosystem eines Publishers abgleichen, können sie Neu- und Bestandskunden ansprechen - ohne dabei die Privatsphäre der NutzerInnen zu gefährden. Dabei setzen sie auf Data Clean Room-Technologien, die ihnen diesen Abgleich datenschutzrechtlich und technisch sicher ermöglichen. Das ist zweifellos ein effektiver Anwendungsfall, aber noch nicht der ganze Aufstieg.

Den wahren Gipfel erreichen Werbetreibende erst, wenn sie Data Clean Rooms nicht nur zur Aktivierung, sondern auch für die Erfolgsmessung von Kampagnen einsetzen. Erst dann schöpfen Marketer das volle Potenzial von Data Clean Rooms aus, indem sie den Marketingkreislauf schließen und die Kampagnen-Performance optimieren. Laut IAB hängt jedoch mindestens ein Viertel der Marketer bereits am "Gilman's Point" die Wanderschuhe an den Nagel und wandert nicht auf den eigentlichen Gipfel - ob dieser nun Attributions-, Propensity-, Marketing-Mix-Modellierung oder nur ROI-/ROAS-Messung heißt. Aber warum sollten sich Marketer gerade heute dazu entscheiden, den Measurement-Gipfel zu erklimmen?

Measurement ist nicht mehr wegzudenken

Ein hart umkämpftes wirtschaftliches Umfeld, eine fragmentierte Medienlandschaft, neue Konsumgewohnheiten, Datenschutzbestimmungen und die Komplexität von Adtech-Infrastrukturen - in der heutigen Werbewelt ist es für Marketer nicht immer einfach, mit den Entwicklungen Schritt zu halten. Der zusätzliche Budgetdruck seitens einiger Vorstandsetagen macht es Werbetreibenden nicht gerade leicht, neue Chancen zu nutzen, die sich beispielsweise durch Retail-Media-Netzwerke oder CTV-Plattformen bieten. Dabei sollte sie die Erfolgsmessung, den Gipfel einer Kampagne, jedoch nicht aus den Augen verlieren.

Traditionell lag der Schwerpunkt einer Marketingkampagne auf der Aktivierung. In der Vergangenheit war die Erfolgsmessung oft nur ein nachträglicher Gedanke am Ende vieler Pitches, wenn sie denn überhaupt erwähnt wurde. Man hatte das Gefühl, dass es nicht so schlimm wäre, wenn auf das Measurement verzichtet würde, oder nur rudimentär betrieben wurde. Denn offenbar gingen viele EntscheiderInnen davon aus, dass es ohnehin zu schwierig, zu teuer und zu zeitaufwendig wäre, in eine laufende Kampagne einzugreifen - und folgten daher blind den oft generischen Empfehlungen.

Das ist heute nicht mehr der Fall, denn das Measurement ist mittlerweile zentraler Bestandteil einer Marketingstrategie. Denn in einer sich ständig verändernden Werbewelt können sich Werbetreibende nicht mehr auf generische Empfehlungen verlassen. Sie müssen wissen, ob sie die richtige Zielgruppe erreichen, ob sie die entsprechenden Ressourcen auf den passenden Kanälen einsetzen und ob sie die geeigneten Werbemittel gewählt haben. Und sie müssen mittels einer End-to-End-Plattform in der Lage sein, den eingeschlagenen Kurs auch während einer laufenden Kampagne zu ändern, um so die Konkurrenz auf Distanz zu halten.

Data Clean Rooms eröffnen neue Messmöglichkeiten

Dabei gibt es nicht nur den einen Pfad für die Messung des Kampagnenerfolgs, sondern verschiedene Routen, die zum Gipfel führen.

  1. Messung der Inkrementalität
  2. Die zunehmende Komplexität und Fragmentierung des Marketing-Ökosystems führt dazu, dass große, ganzheitliche Messungen wie Marketing Mix Modeling (MMM) und Multi-Touch Attribution (MTA) schwieriger umzusetzen und gleichzeitig unzuverlässiger geworden sind. Für eine flexible Messlösung setzen viele Marketer daher auf eine inkrementelle Erfolgsmessung. Dazu isolieren sie bestimmte Inventare auf einem spezifischen Medienkanal und testen deren Wirkung im Vergleich zu Verbraucher:innen in einer Kontrollgruppe, die der Werbung nicht ausgesetzt waren. Das ist in etwa vergleichbar mit randomisierten Studien, die WissenschaftlerInnen beispielsweise in der klinischen Forschung durchführen.

    Damit diese inkrementellen Tests effektiv sind, müssen die Marketingverantwortlichen strenge Regeln für die Zusammensetzung der verschiedenen Test- und Kontrollgruppen und damit auch für den Zugriff auf sensible Kundendaten definieren. Ein dezentraler Data Clean Room, der die Datenzusammenarbeit zwischen Partnern im Zeitalter des Datenschutzes und eine Datenanalyse ermöglicht, ohne dass die Daten bewegt werden müssen, erleichtert Marketern die inkrementelle Erfolgsmessung. So konnte beispielsweise eine globale Fintech-Plattform einen Anstieg ihrer App-Downloads um 18 Prozent auf eine Kampagne beim britischen Streamingdienst ITVX zurückführen.

  3. Cross-Channel-Reichweite und -Frequenz
  4. Reichweite und Frequenz über die verschiedenen Kanäle hinweg bilden das Rückgrat der Werbung. Werbetreibende wollen ihre Zielgruppen mit minimalen Streuverlusten und ausreichender Frequenz ansprechen, um möglichst effizient die größtmögliche Wirkung zu erzielen. Das war schon in den Anfängen der TV-Werbung so und gilt auch heute, in Zeiten eines zunehmend fragmentierten Werbeökosystems. Marketer stehen heute vor der Herausforderung, Reichweite und Frequenz über zahlreiche Werbeplattformen hinweg zu messen. Gleichzeitig müssen sie dabei vermeiden, dass die VerbraucherInnen zu oft einer wiederkehrenden Werbebotschaft ausgesetzt sind. Und das müssen sie über Tausende von Websites hinweg sicherstellen: Laut einer Studie der Association of National Advertisers (ANA) läuft eine programmatische Kampagne im Durchschnitt auf 44.000 verschiedenen Webseiten.

    Selbst wenn sich Marketer bei der Erfolgsmessung nur auf die wichtigsten Medienpartner konzentrieren, müssen sie herausfinden, wie diese die Kampagnenleistung messen, und sie davon überzeugen, ihnen die entsprechenden Metriken zur Verfügung zu stellen. Eine vollständige Übersicht und Kontrolle sind aufgrund der Komplexität heutiger Kampagnen jedoch nahezu unmöglich. Um zu verhindern, dass Werbetreibende für Ad Impressions bezahlen, bei denen ein Großteil der Werbung nicht sichtbar war, müssen Marketer in der Lage sein, Sichtbarkeitsdaten auf granularer Ebene zu erhalten. Ein Data Clean Room kann Unternehmen dabei helfen, die verschiedenen Datenpunkte in einer datenschutzsicheren Umgebung miteinander zu verknüpfen und die Zielgruppenreichweite über verschiedene Medienplattformen hinweg zu erhöhen.

  5. Zielgruppenoptimierung
  6. Erfolg im Marketing steht und fällt mit der Ansprache der richtigen Zielgruppen. Selbst die besten Angebote und die kreativsten Werbekampagnen nützen wenig, wenn sie nicht die richtigen Menschen erreichen. Auf Basis der Erfolgsmessung vergangener Kampagnen können Marketer Zielgruppenprofile erstellen und die Verbrauchersegmente identifizieren, die am ehesten auf die Werbebotschaft reagieren. Wenn Werbetreibende ihre First-Party-Daten mit weiteren Datenquellen anreichern, kann ihnen das Measurement helfen, den Wert und die Kosten dieser Datenpartnerschaften sowie des Mediaeinkaufs im Allgemeinen besser einzuschätzen.

    Vertrauen und Transparenz sind für diese Form der Zusammenarbeit unerlässlich. In der Vergangenheit waren solche Datenpartnerschaften in der Regel in der Aufsetzung langwierig und riskant. Data Clean Rooms haben diese Dynamik grundlegend verändert, indem sie eine Zusammenarbeit ohne Weitergabe von Kundendaten ermöglichen und Marketer die VerbraucherInnen mit relevanten Botschaften ansprechen können, ohne ihre Privatsphäre zu gefährden. Ein Beispiel dafür ist eine Kampagne, die Renault durchgeführt hat, um die Demografie und Verhaltensmuster seiner wichtigsten KundInnen besser zu verstehen und so eine ähnliche potenzielle Kundschaft in den Medien der Axel Springer Gruppe zu identifizieren. So konnte Renault Zielgruppen erreichen, die mit einer um 38 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit ein Auto kaufen würden als andere Nutzer:innen, und die Conversion Rate im Vergleich zu Cookie-basierten Kampagnen um 18 Prozent steigern.

Den wahren Gipfel erklimmen

Marketer, die gerade erst damit beginnen, sich mit Data Clean Room-Umgebungen zu beschäftigen, sollten sicherstellen, dass die Erfolgsmessung einen zentralen Platz in ihrer Strategie einnimmt - denn hier werden die größten Vorteile der Technologie sichtbar. Und diejenigen, die bereits einen Data Clean Room nutzen und die Aussicht vom "Gilman's Point" genießen, sollten ihre Kräfte sammeln und sich auf den Weg zum wahren Gipfel machen.


Ben Chivers ist Vice President Client Services bei InfoSum und leitet dort die globalen Teams von InfoSum für Solutions Engineering, Technical Support und Customer Success. Zuvor war Chivers Partner bei SilverBullet, fokussiert auf Digital Video, wo er die Entwicklung von Datenstrategien und die Evaluation von Datentechnologieplattformen für Broadcaster und Marken vorantrieb.

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