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Freiraum

Dr. Arnd Zschiesche: Marke ohne Mythos

13.01.2014 - Marken sind anti-kreativ, behauptet Dr. Arnd Zschiesche, Geschäftsführer des Büros für Markenentwicklung. In unserem Freiraum-Beitrag erläutert er seine These.

Marke spiegelt Zeitgeist.
Marke ist ein Must have.
Marke benötigt Werbung.
Mumpitz.

Wer - wie ich - seit vielen Jahren Manager, Berater und Werbeprofis beobachtet, kommt zu dem Schluss: Es gibt keinen Bereich des Wirtschaftslebens, der derart von Schwätzern, Blendern und Wichtigtuern geprägt ist wie der Bereich Markenführung. Die zeitgeistige Faszination für "Originalität", "Kreativität" und neudeutsch "Emotions" hat ein Umfeld erschaffen, in dem schnöde ökonomische Kennziffern scheinbar außer Kraft gesetzt sind. Man glaubt an "Gespenster", wie es der US-Werber Rosser Reeves bereits vor über 50 Jahren formulierte. In allen Bereichen wirtschaftlichen Handelns orientieren wir uns an Tatsachen und entscheiden unter Einbeziehung von Fakten. Selbst Vorstände, die den ganzen Tag Fakten, Fakten, Fakten fordern, werden urplötzlich ganz verzärtelt, wenn es um das Thema Marke geht: "Ich glaube ... Ich denke ... Ich meine ..." Ohne jede Vorwarnung ist im emotional ach so frostigen Wirtschaftsbetrieb Meinung statt Wissen gefragt. Marke hat sich zu einer Spielwiese märchenhafter Freiheiten entwickelt - ohne wirksame Kontrollmechanismen. Auch, weil viele Menschen Marke mit Werbung gleichsetzen beziehungsweise verwechseln (was es nicht besser macht). Kein Wunder, dass bei so viel Meinung und so wenig Tatsache kluge Entscheider auf "Ratschläge" so genannter Markenprofis verzichten. Zu Recht! Dunkler Anzug und elaborierte Handbewegungen zu perfekten Power-Point-Präsentationen auf illustren Kongressen scheinen mehr zu verdecken denn zu erhellen.

Warum erscheint das Thema Marke so schwer (be-)greifbar? Weil Marke ein sozialer Vorgang ist, der betriebswirtschaftlich relevant ist. Nicht umgekehrt. Soziale Vorgänge erscheinen Menschen, die meist unter Einbeziehung von Zahlenreihen und Kennziffern agieren, nicht als Grundlage für Entscheidungen geeignet. Marke ist somit ein echtes Wunder in der Wirtschaftswelt: nicht messbar, aber irgendwie immens wichtig. Deswegen gibt man das Thema auch so gern an Werbeagenturen ab: Die verstehen doch was von Marke. Nein, tun sie meistens auch nicht, viele reden nach wie vor von "kreativer Umsetzung der Marke" oder faseln von "emotionaler Aufladung der Marke". Finger weg und raus aus der hübschen Hütte, wenn solche Phrasen fallen!

Marken sind anti-kreativ

Gerade weil jede Marke ein eindeutig definierter (!) sozialer Vorgang ist, sind die meisten Marken anti-kreativ. Sie geben dem Unternehmen und den mit Marketing und Kommunikation beauftragten Personen einen engen stilistischen Korridor vor, in dem sie zu agieren haben. Marke ist altmodisch, egal wie jung oder alt sie ist: Sie erfordert Unterordnung - in einer Zeit, in der das Individuum und seine Individualität gefeiert werden. Sie ist undemokratisch - in einer Zeit, in der die westliche Welt die Mitbestimmung als Nonplusultra ansieht. Sie erfordert Grenzziehung - in einer Zeit, in der alle von Öffnung sprechen. Anders funktioniert es nicht. Sonst bauen Marken, die Volks-Wagen heißen, auf einmal Luxus-Wagen oder Marken, die für Prestigelimousinen stehen, wackelige Kleinwagen.

Ob Red Bull, Dönereck Bodrum seit 2009 oder Kölnisch Wasser seit 1875: Jede Marke ist ein individuelles System mit ureigenen Ge- und Verboten. Während für den Discounter Penny aufgerissene Kartonagen Erfolgsgarant sind, bilden sie für den Edelsupermarkt das Worst-Case-Szenario. Wer sich seriös mit einer Marke beschäftigen möchte, der muss zunächst das System dahinter analysieren. Beflissenes Durchblättern von Unternehmensbroschüre und Firmenchronik reichen dafür nicht. Richtig ist, dass der Blick sich primär nach innen richtet, es geht um Fragen wie: Welche Leistungen sind ursächlich für den Erfolg des Unternehmens? Welche Leistungen und Handlungen wiederholen sich innerhalb der Historie? Welche Leistungen sind einmalig (Patente, Services ...)? Welche Leistungen besitzen besonders hohe Resonanz in der Kundschaft (historisch/aktuell)? Welche Leistungen generieren den höchsten Anteil am Gewinn? Welche Leistungen konnten sich nicht durchsetzen? Die Antworten auf solche Fragen führen Sie zu den konkreten Ursachen eines Markenerfolges - und nur Ursachen lassen sich managen oder bewerben. Leider bleiben die meisten Markendiskussionen auf der abstrakten Image-Ebene, es wird über Wirkungen gemutmaßt. Wenn Marke erfolgreich geführt werden soll, muss der Verantwortliche um die faktischen Erfolgsursachen seiner Marke wissen und diese rigoros durchsetzen - auf allen Unternehmensebenen.

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