Marketing-Automation

Die crossmediale Effizienz-Maschine

05.10.2020 - Marketingautomation ist weit mehr als reine Technik. Sie ist in erster Linie ein Businessprozess, der Workflows im Unternehmen klar definiert und strukturiert. Im Idealfall so, dass Marketingverantwortliche wieder mehr Zeit für strategische Aufgaben haben. Doch dahin ist noch eine Strecke Wegs zu gehen, wie die von uns befragten Experten einräumen.

von Joachim Graf

Marketing-Automation kann der Massenkommunikation ein Ende setzen und sie durch massenhafte 1:1-Kommunikation quer über die Kanäle ersetzen. Millionenfach lassen sich Konsumenten gezielt und individuell ansprechen. Eine Maschine kann in Sekundenbruchteilen entscheiden, ob sie einem Nutzer eine Werbung für Katzen- oder Hundefutter, für eine Bahn- oder eine Flugreise anzeigen soll - und auch, ob diese besser per EMail verschickt wird oder als gedruckter Brief.
Häufig wird die Strategie der Marketingautomation mit der Installation einer Softwareplattform gleichgesetzt, die unter anderem aus den Funktionen Datenbank, Segmentierung, Web-Controlling, Kommunikation, Workflows und CRM-Synchronisation besteht. Diese Definition greift jedoch zu kurz: "Tatsächlich ist Marketingautomation direkte und maßgeschneiderte Kommunikation mit Interessenten und Kunden durch automatisierte Marketingprozesse" , betont Dominik Rudloff . Der Director Strategy bei Digitas Pixelpark sieht in Marketingautomation einen "Technologiegestützten Prozess, der auch über Leadgenerierung oder EMail- Marketing hinausgeht: "Es ist die zentrale Drehscheibe für die Durchführung der Marketingstrategie." Prozesse und Aufgaben laufen automatisiert im Hintergrund ab und ersetzen bisherige manuelle Vorgänge. Durch die ganzheitliche Betrachtung unter Einbezug aller Daten kann auf die Vorlieben, Interessen und Bedürfnisse der Kunden/ Interessenten reagiert werden. Interaktionen zwischen Marke und Kunde werden auf Basis von Daten besser aufeinander abgestimmt und dadurch relevantere Botschaften und Call-to-Actions an die Zielgruppe übermittelt. Mit Marketing-Automation- Lösungen bietet sich die Option, den Kunden eine auf sie zugeschnittene Customer Experience entlang des Marketing-Funnels anzubieten - und das unabhängig vom Medium.

Grundlage ist eine saubere Architektur zwischen Marketing-Automations- Lösung und CRM.
(Wolfgang Straßburger, Managing Director , Onemedia Consulting)


Interessenten und Kunden werden mithilfe einer Marketingplattform durch die verschiedenen Phasen begleitet, um somit die Effektivität und Messbarkeit der Marketinginstrumente und der Marketing-/Vertriebsprozesse zu optimieren. Grundlage ist eine saubere Architektur zwischen Marketing-Automations- Lösung und CRM, erklärt Wolfgang Straßburger , Managing Director des Marketingdienstleisters Onemedia Consulting   .

Wolfgang Straßburger (Bild: Onemedia Consulting)
Wolfgang Straßburger

"Die meisten Unternehmen, die mit Marketing- Automation starten, haben allein dadurch einen unglaublichen Benefit, dass relevante Marketinginformationen direkt an den Sales weitergeleitet werden." Das heißt: Schon die Basics bringen einen großen Boost, sind laut Straßburger aber "natürlich kein Goldstandard". Wenn die Grundlagen stehen, gehe es im nächsten Schritt darum, Kundenerlebnisse noch tiefer zu begleiten.

Das können laut Straßburger etwa zusätzliche Kontaktpunkte wie ein Chat auf der Website oder die Anbindung weiterer Themen an die Architektur der Customer Experience sein; zum Beispiel Webinar-Lösungen, um virtuelle Events abzudecken, oder Social-Media-Lösungen, um die Kundeninformation auch dort zu führen: "Alles, was Kundenerlebnisse verbessert, zahlt sich für Unternehmen aus und ist die Investition definitiv wert."

So auch die Omnichannel Experience, also die Erweiterung des Kauferlebnisses über mehrere Kanäle und Geräte, ergänzt Dominik Rudloff und führt eine um 91 Prozent höhere Kundenbindungsrate bei den Unternehmen an, die inhaltlich einheitlich und nahtlos kommunizieren. Als Next Steps zählt er auf:

  • Interaktivere E-Mail-Kampagnen mit integrierten Videos, Spielen, beweglichen Bannern, GIFs, Hover- Effekten und/oder Bildern mit Popover- Bewegungen.
  • E-Mails werden persönlicher zugeschnitten durch individuelle Ansprache, Schreibstil und Inhalt.
  • Automatisierte Strategie- Optimierung: Das Verhalten der Nutzer wird mit AITechnologie gemessen, deren Interessen daraus abgeleitet und personalisierte Inhalte bereitgestellt.
  • Predictive Lead Scoring: maschinelles Lernen, das den Lead-Scoring-Prozess verfeinert.
  • Künstliche Intelligenz, auch Chatbots, in der Marketing- Automation.
Ein absolutes Must-have in der Marketing-Automation ist laut Jonas Zinnöcker , Senior Manager Activation & Tech Consulting bei der Mediaagentur Essence Deutschland   , die Strukturierung der eigenen Daten anhand der geschäftsrelevanten KPIs und die Fähigkeit, diese tagesaktuell auslesen zu können: "Also in einem Wort: Live-Dashboard." Nice to have und in der Regel sehr nützlich für die tägliche Arbeit seien darüber hinaus "Drill-Down-Features", die Möglichkeiten bieten, tiefere Analysen durchzuführen, ohne dass jeder Mitarbeiter über Programmierkenntnisse verfügen muss.

"Darauf aufbauend wird in Zukunft nicht nur die Frage'Was haben wir gemessen?' relevant sein, sondern vor allem die Frage: 'Mit welchem Businessergebnis können wir, basierend auf unseren Daten, in Zukunft rechnen?'. Dementsprechend ist das Predictive Modelling ein Trend, der im Marketing zunehmend an Bedeutung gewinnt" , prognostiziert Zinnöcker.

Datenbank zur Marketingautomation (Bild: GM)
Datenbank zur Marketingautomation



Welche Maßnahmen Unternehmen etablieren sollten, hängt dabei von der Branche ab. Sinnvoll ist, sich mit den Wettbewerbern zu vergleichen, rät Straßburger: "Aus der Analyse ergibt sich sehr schnell, wie man sich über die Customer Experience von der Konkurrenz abheben kann." Dabei werden zukünftig Künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen eine immer entscheidendere Rolle spielen. Welche Inhalte für welche Zielgruppen relevant sind, kann eine KI beispielsweise viel schneller und genauer analysieren als ein Mensch.

Tatsächlich besteht nicht selten eine Diskrepanz zwischen tatsächlichem Kundenwunsch und dem, was Marketingteams dafür halten. "Die KI unterstützt Marketingteams also darin, ihre Kunden noch besser zu verstehen" , schlussfolgert Straßburger.

Amelie Timm, Direktor Marketing Canto (Bild: Canto)
Amelie Timm, Direktor Marketing Canto



DooH, Meta-Toolsund Self-Tracking

Amelie Timm , Direktor Marketing beim Software-Anbieter Canto   Canto, sieht vor allem drei Trends, wie sich Marketing-Automation weiterentwickeln wird:
Trend 1: Content-Bausteine, die automatisch je nach Touchpoint ausgespielt werden. Content steht heute vor der Herausforderung, dass er überall funktionieren muss, digital oder analog, über alle Plattformen hinweg. Gerade im Online-Marketing hat sich die Automatisierung schon durchgesetzt, indem Inhalte als flexible Bausteine im Content-Marketing- Mix betrachtet und ausgespielt werden. In den kommenden Jahren werden auch im Offline- Bereich immer mehr Prozesse automatisiert werden. Digital Out Of Home (DooH) gewinnt wieder mehr an Bedeutung und birgt großes Potenzial, mittels Marketing-Automatisierung zu einem personalisierten
Werbeerlebnis zu werden.
Trend 2: Meta-Tools mit Schnittstellen zu Marketing und Enterprise Software. Die Dichte an Marketing- Tools wird jährlich größer, ein Überblick über die Tool-Landschaft fällt zunehmend schwerer. Meta- Tools wie Digital-Asset-Management- Systeme fungieren als Content Hub. Sie bieten den Vorteil, durch Anbindungen an CRM-Systeme, Grafiksoftware, Social-Media-Kanäle und Enterprise Software wie ERP und PIM-Systeme sonst zeitraubende Zwischenschritte einzusparen und damit Übersicht in den Software-
Dschungel zu bringen.

In Zukunft wird, so glaube ich, der Kunde durch sein individuelles Verhalten bestimmen, wo es lang geht ? und das ganz wörtlich, wenn wir uns die Customer Journey verbildlichen.
(Marc Bohnes, Product management director, Episerver)


Trend 3: Self-Tracking von Marketing-Bausteinen. Marketing hatte aufgrund fehlender Messbarkeit lange einen schweren Stand. Mit Marketing-Automation, die oft auch umfangreiche Analyse- und Reporting- Funktionen beinhaltet, hat sich das Blatt gewendet. Nun können die Leistungsdaten selbst einzelner Fragmente wie Bilder, Texte oder Videos durch integriertes Self-Tracking messbar und Kampagnenerfolge dadurch noch detaillierter auswertbar gemacht werden.
In Zukunft wird zudem immer wichtiger werden, dass erfolgreiche Omnichannel-Ansätze verfolgt werden können, betont Marc Bohnes , Product Management Director beim Software-Anbieter Episerver   . Und das im besten Fall natürlich auch über verschiedene Kanäle hinweg.
Denn das Shopping-Erlebnis des Kunden hört ja nicht im Ladengeschäft auf oder fängt ausschließlich im Onlineshop an.

Marc Bohnes (Bild: Episerver)
Marc Bohnes

"Die Zukunft wird dann von den Kanälen bestimmt, die immer wichtiger werden beziehungsweise sogar noch hinzukommen. Hier sehen wir zum Beispiel das Internet der Dinge oder auch virtuelle Sprachassistenten als wichtige Kanäle an."
Im Zuge der Weiterentwicklung von Marketing-Automations- Tools wird es laut Bohnes ebenfalls unabdingbar sein, dass sogenannte Sweet Spots, also die Kanäle und lokalen Möglichkeiten der relevantesten Kundeninteraktion, identifiziert werden können - automatisch und skalierend. "In Zukunft wird, so glaube ich, der Kunde durch sein individuelles Verhalten bestimmen, wo es lang geht - und das ganz wörtlich, wenn wir uns die Customer Journey verbildlichen" , skizziert er.
So könnten beispielsweise automatisierte Prozesse, die mithilfe von KI Lösungen vorschlagen (Next Best Action, Kaufwahrscheinlichkeit eines bestimmten Produktes oder einer Produktgruppe), hilfreich sein, um Marketer auf Grundlage von Big-Data-Analyse bestmöglich zu unterstützen. Hier sei der Weg das Ziel. Und dieses werde vom Kunden bestimmt.
Mehrstufige verhaltensbasierte Automations-Kampagnen im Crosschannel gewinnen an Bedeutung. Auch das Testing von Kampagnen-Variationen spielt eine immer größere Rolle, pflichtet Michael Diestelberg bei. Er ist VP Product & Marketing bei der Marketingplattform Mapp Digital   . Noch nicht ausgeschöpftes Anwendungspotenzial sieht er vor allem im Cross- und Upselling, z. B. durch automatisierte Produktempfehlungen, die Folgeverkäufe anstoßen sollen.
Auch das Ansprachekonzept, also die Banner-Kreation, verändert sich, schätzt Frieder Neidlinger , Co- Founder und CPO von Marketingdienstleister Twins Digital   : "Eine Auswahlan Bannern wird vorproduziert, die dann individuell, zielgruppenspezifisch und automatisiert ausgespielt werden können. Das Motiv bleibt beispielsweise bestehen, der Text/ die Message wird angepasst und die Kreation auf verschiedene Kontexte und Zielgruppen adaptiert."
Wer Empfehlungsmarketing ernsthaft einsetzt, kommt um Marketingautomation nicht herum, sind sich die Experten einig. Nur damit funktioniere es richtig und in dem Moment, in dem sich das Kundeninteresse manifestiert. Doch der Weg dahin ist steinig, weil er an vielen Stellen des Unternehmens Änderungen verlangt.

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Vorträge zum Thema:

  • Bild: Michael Poganiatz
    Joachim Graf (ibusiness.de)
    Bild: Martin Nitsche
    Martin Nitsche (DDV Deutscher Dialogmarketing Verband e.V.)

    Man muss alles wie immer machen. Nur ganz anders.

    Was zeichnet wirklich erfolgreiches Marketing aus? Wie unterscheidet man Technologiehypes von nachhaltigem Unternehmenserfolg? DDV-Präsident Martin Nitsche und Herausgeber Joachim Graf sprechen darüber, was wahre Exzellenz ausmacht, wenn es um Dialogmarketing, Kundenkommunikation und Vertriebsoptimierung ausmacht. Und sie erklären, warum gerade die zwei Preisträger des EDDI-Award prädestiniert sind, Marketingentscheidern zu zeigen, welche Budget- und Projektentscheidungen sie wirklich treffen müssen.

    Vortrag im Rahmen der Dialog.Konferenz.24 am 03.09.24, 09:00 Uhr

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