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Der Absturz der Bonusmeilen

20.05.1999 - Viele von Ihnen hatten sich sicherlich schon gefreut: Nur ordentlich mit der Kreditkarte Umsätze machen, und der nächste Urlaub in Miami ist gesichert. Diesem Traum so manches Sonnenhungrigen hat wieder einmal der Bundesgerichtshof mit seiner Auffassung vom deutschen Wettbewerbsrecht eine Bruchlandung beschert. So bot ein amerikanisches Kreditkartenunternehmen auch für seine europäischen Kunden sogenannte "Membership Miles" als Nebenleistung zur Kreditkarte an.

Von Rechtsanwalt Thomas Rieche

Interessierte Kunden sollten bei Erfüllung einiger Voraussetzungen für je 10 Mark mit ihrer Karte getätigte Umsätze eine Meile gutgeschrieben bekommen. Diese Meilen hätten dann im Rahmen der üblichen Vielfliegerprogramme bei den Kooperationspartnern in Flüge oder auch Übernachtungen umgewandelt werden können. Dieses Angebot hielt die Zentrale zur Bekämpfung Unlauteren Wettbewerbs für sittenwidrig und irreführend, wodurch Teilnehmer in übertriebener Weise angelockt würden.

Daneben läge ein Verstoß gegen die Zugabeverordnung vor, weshalb der Anbieter auf Unterlassung in Anspruch genommen wurde. Der erklärte - überrascht von den Untiefen des deutschen Wettbewerbsrechts -, das Bonusmeilensystem würde in Frankreich, Großbritannien, der Schweiz, Schweden und Italien unbeanstandet angeboten. Außerdem sehe man keinen Unterschied zu dem zum Beispiel von der Lufthansa angebotenen miles & more-Programm, das schließlich auch nicht abgemahnt würde.

Nach Ansicht der höchsten deutschen Zivilrichter sei die Gewährung von in Flüge oder Übernachtungen umzuwandelnde Bonusmeilen zur Erfüllung der Hauptleistung eines Kreditkartenunternehmens weder nötig noch förderlich und gehe über das vom Kunden Gewünschte oder Erwartete weit hinaus. Die vom Kunden erwartete Leistung sei, mit der Karte bargeldlos zahlen zu können. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß nahezu alle Kartenunternehmen kostenlose Unfall- oder Gepäckversicherungen offerierten. Ohne Belang sei ferner, daß der Erwerb von Bonusmeilen in anderen Branchen (Luftverkehrsgesellschaften, Autovermietern, Hotels) bereits handelsüblich sei.

Vorliegend handele es sich jedenfalls um einen klassischen Fall der zugabewidrigen Nebenleistung. Die Zugabe sei in ihrer derzeit unklaren Ausgestaltung ersichtlich darauf gerichtet, den Kunden anzulocken und von einem Preis- und Leistungsvergleich abzuhalten, um so den Kartenumsatz zu steigern. Ferner habe der freie europäische Wettbewerb mit Waren und Dienstleistungen hinter den Schutz der Verbraucher vor unsachgemäßer Beeinflussung, wie er von der Zugabeverordnung bezweckt werde, zurückzutreten.

Richtig ist - und insoweit ist dem BGH zuzustimmen: Zugaben, die sich in Wirklichkeit als Mogelpackungen herausstellen, sind für den Verbraucher nicht nur ärgerlich, sondern sollten auch nach wie vor wettbewerbsrechtlich sanktioniert werden. Ob die hier versprochenen Bonusmeilen tatsächlich für den Verbraucher keinen Wert hatten, konnte wegen der frühzeitigen Abmahnung jedoch nicht festgestellt werden.

Bedenklich ist die Ausgangsüberlegung, den Verbraucher als unmündiges und bei jeder kleinen Zugabe sofort in Kaufrausch verfallendes Objekt zu betrachten. Ihm wegen dieser meines Erachtens falschen Prämisse die durchaus gewünschten Zugaben von vornherein zu verwehren halte ich für falsch. Der Verbraucher ist sowohl willens als auch in der Lage, sich adäquat zu wehren, wenn er sich betrogen fühlt.

Problematisch ist außerdem die Handelsüblichkeit der Zugabe. Sobald mehrere Kreditkartenunternehmen die Bonusmeilen anbieten würden, müßte das Gericht mit Sicherheit zu einer anderen Beurteilung kommen.

Thomas Rieche ist Sozius der Hamburger Kanzlei Reuther & Schaefer, Tel. 040/386085-0

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