Praxiswissen

Programmatic Printing: So schafft Orion 60 Prozent mehr Werbemittelumsatz

Nicole Brösel, beim Orion-Versand verantwortlich für Print Marketing & Controlling, erklärt im OtO-Interview, warum sie auf programmatische Printmailings setzt. (Bild: Orion)
Nicole Brösel, beim Orion-Versand verantwortlich für Print Marketing & Controlling, erklärt im OtO-Interview, warum sie auf programmatische Printmailings setzt.

16.01.2024 - Wie Orion Versand eine Klappkarte mit Programmatic Printing aussteuerte und damit die Umsätze steigerte - sowohl in den Warenkörben als auch aus dem Werbemittel selbst.

von Christian Gehl

Die Orion Versand GmbH betreibt seit 1981 ein Kataloggeschäft mit Erotikartikeln. Anfangs noch unter dem ursprünglichen Namen "Beate Uhse Versand", später dann unter dem heutigen Firmennamen "Orion Versand   ", weil die Sexshop-Pionierin den Distanzhandel aus ihrem Unternehmen ausgegliedert hatte. Dirk Rotermund, Beate Uhses Stiefsohn, übernahm die neue Unternehmenssparte und entwickelte das Geschäft zu einer festen Größe in der Erotikbranche. 1995 baute Orion einen der ersten Online-Shops Deutschlands auf und versendet seitdem als Hauptwerbemittel einen Produktkatalog an BestandskundInnen, dazu in regelmäßigen Abständen ein Printmailing. Seit diesem Jahr setzt Orion Versand erstmals auf Programmatic Printing. ONEtoONE sprach mit Nicole Brösel, verantwortlich für Print Marketing & Controlling bei Orion Versand, über die Gründe für diese Entscheidung und erste Ergebnisse des Programmatic Printmailings.

OtO: Welche Rolle hat Printwerbung in der Geschichte von Orion gespielt?

Nicole Brösel: Print haben wir immer schon gemacht. Vor dem Internet war es unser einziger Werbekanal. Zweimal jährlich haben wir unsere neuen Produktkataloge an BestandskundInnen versandt, hinzu kamen in kurzen Abständen, etwa alle drei bis vier Wochen, Printmailings in Form von Postkarten und Flyern.

Und heute?

Inzwischen versenden wir den Katalog nur noch einmal jährlich, im Herbst, mit einer Auflage von etwa 100.000 Exemplaren innerhalb von Deutschland und Österreich. Vor einigen Wochen ging der aktuelle raus. Neukundenbewerbung machen wir nicht im Print, das machen wir über andere Kanäle. Auch die Printmailings verschicken wir weiter, setzen dafür aber ganz neu auf Programmatic Printing. Vor einigen Wochen haben wir die erste Sendung von volladressierten Klappkarten verschickt.

Der Warenkorbumsatz, den Orion über die Klappkarte in individuellen Ausführungen erzielte, lag um 35 Prozent höher, als jener, der mit herkömmlicher Werbung per Post erreicht wurde.  Auch der Umsatz mit Produkten direkt aus der Programmatic-Printing-Kampagne heraus war deutlich höher als  der mit konventionell beworbenen Artikeln: um 60 Prozent. (Bild: Orion)
Der Warenkorbumsatz, den Orion über die Klappkarte in individuellen Ausführungen erzielte, lag um 35 Prozent höher, als jener, der mit herkömmlicher Werbung per Post erreicht wurde. Auch der Umsatz mit Produkten direkt aus der Programmatic-Printing-Kampagne heraus war deutlich höher als der mit konventionell beworbenen Artikeln: um 60 Prozent.

Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Die Selektion unserer Zielgruppen nehmen wir bei Orion schon länger selbst in die Hand. Außerdem haben wir Segmente erstellt, versucht herauszufinden, in welchem Rhythmus wir welche Kund-Innen am besten bewerben, um einen möglichst hohen Ertrag aus den Mailings zu generieren. Das Ganze ist immer kleinteiliger geworden und irgendwann hatten wir mit eigenen Mitteln nicht mehr die Möglichkeit, weiter herunterzuselektieren oder den Versand per Hand noch kundenspezifischer zu gestalten. Ohne technische Hilfsmittel war das zuletzt einfach nicht mehr handelbar.


ONEtoONE 6/2023 - Programmatic Printing

In welcher Form kommt Ihre Printwerbung in die Briefkästen?

Wir verschicken Karten und Wickelfalzflyer, manchmal auch 16-Seiter. Aber das muss eben alles eine bestimmte Auflage haben, damit eine Selektion noch möglich ist, die Druckerei muss mit den Aufträgen noch zurechtkommen, der Lettershop und auch wir müssen die Selektion noch handeln können, um am Ende Aussagen über den Erfolg des Mailings treffen zu können. Zuletzt war das nicht mehr machbar. Hinzu kommen noch die gestiegenen Papierpreise und Portokosten. Da sind wir an den Punkt gekommen, an dem wir eine Entscheidung treffen mussten: Entweder wir machen jetzt etwas anderes oder wir sparen uns im Print kaputt, weil wir mmer mehr weglassen. Wir haben keine Optimierungsmöglichkeiten mehr gesehen mit der bisherigen Vorgehensweise.

Und Programmatic Printing schien Ihnen einen Ausweg zu bieten?

Ja, wir wollten den Versand datengetriebener angehen und haben recherchiert, was es in dem Bereich für Print gibt. Diese Recherche führte uns immer wieder zum Thema Programmatic Printing und seinen Vorteilen. Da dachten wir, das könnte genau das sein, was wir brauchen. Danach bin ich gezielter auf die Suche gegangen und habe mir angesehen, was es für Anbieter gibt und bin dann unter anderem auf die Firma Smartcom     gekommen.

Wie ist es dann weiter gegangen?

Wir haben uns getroffen und der Dienstleister hat vorgestellt, was er kann, was er macht und was er damit erreicht. Insbesondere der vorhandene Erfahrungsschatz im Versandhandel hat uns überzeugt.

Wann hat die Kooperation zwischen Smartcom und Orion Versand begonnen?

Im März 2023, lustigerweise hat ein Artikel in der ONEtoONE den letzten Anstoß zu der Auswahl von Smartcom gegeben. Ich habe ihn ausgedruckt, die für uns wichtigen Stellen markiert und ihn meinem Chef auf den Schreibtisch gelegt. So ging das los.

Welche Zielsetzung haben Sie für die Programmatic-Printing-Mailings vorgegeben?

Zuallererst wollen wir mit Programmatic Printing eine Response-Steigerung erreichen. Dann ist es auch schön, wenn der Warenkorb erhöht wird dank der neuen Technologie. Ein Gradmesser ist für uns auch der Umsatz, den wir mit Artikeln direkt aus dem Werbemittel machen. Das ist für uns ein Indiz dafür, dass wir es richtig gemacht haben. Je höher der Umsatz mit Artikeln aus den Werbemitteln, umso höher schätzen wir natürlich auch die Leistungsfähigkeit von Programmatic Printing ein.

Wann haben Sie zum ersten Mal Werbemittel mithilfe von Programmatic Printing verschickt?

Ende September. Die Kampagne bestand aus einer Klappkarte in individuellen Ausführungen, abgestimmt auf Kaufhistorie und Kaufwahrscheinlichkeit der KundInnen. Jede Karte enthielt elf Produktempfehlungen, vom Algorithmus speziell für den jeweiligen Kunden und die jeweilige Kundin ausgesucht.

Was waren die Resultate?

Wir haben einen A/B-Test gemacht. Die eine Hälfte der Zielgruppe wurde auf die übliche Weise beworben, die andere erhielt Next-Best-Offer-Karten dank Programmatic Printing, also individuell zugeschnittene Postsendungen. Der Warenkorbumsatz lag in einer bestimmten Zielgruppe, die mit Programmatic Printing beworben wurde, um 35 Prozent höher als in der gleichen, aber traditionell beworbenen. In einer anderen Zielgruppe betrug der Unterschied beim Werbemittelumsatz sogar 60 Prozent zugunsten der Programmatic-Printing-Kampagne. Programmatic Printing löste in dieser Zielgruppe also einen Umsatz mit Produkten aus dem Werbemittel aus, der um 60 Prozent höher lag als bei der konventionell beworbenen Zielgruppe aus dem A/B-Test. Das war also sehr erfolgreich, diese beiden Sachen haben schon sehr gut funktioniert. Aber wir haben erst einmal versendet und dort, wo unsere traditionellen Mailings noch besser waren, arbeiten wir jetzt nach.

Es wird also weitere Mailings mit Programmatic Printing geben?

Ja, auf jeden Fall. Eine zweite Sendung haben wir tatsächlich inzwischen auch schon verschickt, am 1. Dezember, da haben wir noch keine Resultate. Zum technischen Hintergrund kann ich aber einiges sagen. Wir haben die auf Print spezialisierte Recommendation-Engine zu Testzwecken anders parametrisiert, sodass die kundenindividuellen Empfehlungen nicht mehr absatz-, sondern umsatzgetrieben erfolgen. Das wird sicher weitere spannende Erkenntnisse liefern. Eine Recommendation Engine basiert ja auf dem Kaufverhalten aus der Vergangenheit und trifft Prognosen darüber, was bei einem bestimmten Kunden als nächstes eine Verkaufschance haben könnte. Der Unterschied zum Algorithmus eines Online-Shops besteht darin, dass er im E-Commerce auf Basis des Klickverhaltens der UserInnen arbeitet, in Print auf Basis von historischen Daten.

Und von Wahrscheinlichkeiten.

Natürlich, ja. Wenn ein billiges Produkt eine Kaufwahrscheinlichkeit von 80 Prozent bei einem ganz bestimmten Kunden hat und ein wesentlich teureres Produkt nur von 50 Prozent, dann würde der Algorithmus bei einer umsatzorientierten Vorgabe tendenziell das teurere Produkt zur Empfehlung auswählen.

Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung von Programmatic Printing?

Ein Nischenmarkt wird es definitiv nicht mehr lange bleiben. Das war Programmatic Printing, als es noch kaum jemand kannte. Aber langfristig kommt man gar nicht mehr daran vorbei, weil man den anderen Unternehmen gegenüber, die es schon machen, einfach ins Hintertreffen gerät. Bei Print denken ja die meisten Menschen immer noch an ein Massenvervielfältigungsverfahren, also an etwas, dass sie nur manchmal etwas angeht. Massendrucksachen sind meistens Zufallstreffer. Aber wenn sich bei den Verbraucher-Innen die Einsicht durchsetzt, dass Printwerbung im Briefkasten eine große Relevanz für sie hat, dann bringen sie diese auch wieder mit etwas Positivem in Verbindung, mit etwas, das sich an ihren ganz persönlichen Wünschen und Bedürfnissen orientiert. Das war ja bei Print lange Zeit nicht so. Viele Unternehmen haben einfach ihre neuen Produkte möglichst breit "rausgeknallt", ungeachtet dessen, ob das für die EmpfängerInnen auch gerade wichtig ist.

Wie lautet Ihre aktuelle Planung hinsichtlich Programmatic Printing?

Wir haben uns auf ein gemeinsames Projekt für ein Jahr verständigt, um Programmatic Printing in verschiedens­ten Ausprägungen auszuprobieren. Wir wissen, dass Programmatic Printing nicht nach dem Prinzip "ein Schuss - ein Treffer" funktioniert. Man muss erst eine Spielwiese schaffen und viel testen, um herauszufinden, was denn überhaupt die variablen Stellschrauben sind, die in der Zielgruppe, die man erreichen will, auch wirklich funktionieren. Erste Erfolgshebel, die uns Rückenwind geben, haben wir mit der positiven Umsatzentwicklung und der Steigerung der Warenkorbwerte in der ersten Kampagne erfreulicherweise schon gefunden. Wir sind also ganz guter Dinge.

Wenn wir nach der Testphase genau wissen, wo wir ansetzen müssen, werden Ausleitungsgeschwindigkeit und Effizienz weitere Hebel sein.

Was ist aus Ihrer Sicht der Schlüssel für einen erfolgreichen Einstieg in Programmatic Printing?

Neben einer gesunden Portion Pragmatismus, Lernbereitschaft und Testfreudigkeit braucht es vor allem einen erfahrenen Programmatic-Printing-Experten.

Wir sind froh, einen kompetenten Partner an unserer Seite zu haben, der uns durch seine besonderen Projektmanagement-Skills in Verbindung mit unserem Know-how und unserer Erfahrung hilft, es noch besser zu machen.

Das Gespräch führte Christian Gehl

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