Programmatic Printing

Ergänzend zu Digital First: Wie Printwerbung den B2B-Erfolg vollendet

Isabell Rösch ist bei Grenke für die crossmediale Strategie zur Kundenbindung und -entwicklung verantwortlich. (Bild: Isabell Rösch)
Isabell Rösch ist bei Grenke für die crossmediale Strategie zur Kundenbindung und -entwicklung verantwortlich.

05.03.2024 - Der Finanzierungsdienstleister Grenke erhöht mit einer klugen Kampagne die Zweitkaufraten seiner Geschäftskunden - und profitiert dabei auch von Print.

von Dominik Grollmann

Der teuerste Teil des Marketings ist meist die Neukundengewinnung. Potenzielle KäuferInnen müssen das Produkt erst kennenlernen, Vertrauen und Sympathie zur Marke entwickeln sowie im richtigen Moment mit einem attraktiven Angebot überzeugt werden. Bestehende Kundenbeziehungen sind daher eine wertvolle Investition in die Zukunft, die gehegt und gepflegt werden will. Das gilt erst recht in der B2B-Welt, in der Partnerschaften lange halten und die Geschäftsvolumina hoch sind.

ONEtoONE 6/2023 - Programmatic Printing

Exakt in diesem Umfeld bewegt sich die Firma Grenke   aus Baden-Baden. Das Unternehmen ist mit seinen rund 2.000 MitarbeiterInnen auf Finanz- und Leasingdienstleistungen für kleine und mittelständische Unternehmen spezialisiert. Trotzdem hat das Unternehmen eine ganz andere Herausforderung zu meistern: Im Leasinggeschäft hat das Unternehmen sehr viele, sogar sehr treue KundInnen - die aber keinerlei Beziehung zur Firma haben.
Diesen Umstand zu ändern, hat sich CRM-Managerin Isabell Rösch zur Aufgabe gemacht. Den nötigen Klebstoff zwischen Grenke und den KundInnen will sie auch mit Programmatic Printing erzeugen, erzählt Rösch im Gespräch mit ONEtoONE.

Was ist die besondere Herausforderung Ihrer Kampagne?
Grenke ist ein global tätiger B2B-Finanzierungspartner, der auf Leasing, Factoring und Banking für kleine und mittelständische Unternehmen spezialisiert ist. Gerade im Leasing-Segment ist es oft der Fall, dass die Kunden über Händler an die Dienstleistung Leasing herangeführt werden. Hier ein Beispiel: der Entscheider eines Unternehmens bestellt Hardware für seine Mitarbeiter. Er will die Hardware leasen, um seine Liquidität zu schonen. Also bietet der IT-Händler dem Kunden die Möglichkeit, die Hardware zu leasen statt zu kaufen. Grenke kauft die Hardware beim Händler und bietet somit ein Finanzierungsangebot, welches der Kunde nutzt und dem Händler den Kaufpreis direkt zukommen lässt. Auf diese Weise kommt ein Vertrag zwischen Grenke und dem Kunden zustande, obwohl der Kunde ausschließlich Kontakt mit dem Händler hatte. Der Kunde kennt unseren Namen dann oft gar nicht oder hat ihn nur am Rande wahrgenommen. Daraus folgt, dass er, wenn er später in einer anderen Angelegenheit Finanzierungsbedarf hat, nicht unbedingt an uns denkt. Für diese Fälle haben wir eine Kampagne entwickelt, die uns in das Relevant Set des Kunden bringen soll, indem wir proaktiv und automatisiert eine Kommunikation initiieren.

Es geht also um das Folgegeschäft?
Genau. Wir wollen die positive Ersterfahrung mit Leasing nutzen, damit die Kunden das Produktportfolio von Grenke bewusst wahrnehmen. Denn wir haben festgestellt, dass Kunden, die zeitnah einen zweiten Vertrag mit uns abschließen, sich tendenziell besser an uns binden und so eine langfristigere Kundenbeziehung eingehen. Unser Ziel ist es also, aus einem einmaligen Vertrag einen Mehrfachkunden zu machen. Der erste Schritt in diese Richtung ist es, die Kommunikation mit dem Kunden zu beginnen.

Wie gehen Sie dabei vor?
Wir konzentrieren uns zunächst auf Kunden, die kürzlich einen neuen Vertrag abgeschlossen haben. Wir selektieren also immer im Folgemonat die neuen Leasingkunden des vorherigen Monats. Den kurzen zeitlichen Abstand zum Vertragsabschluss haben wir bewusst gewählt, damit sich die Kunden gut daran aerinnern können, worauf wir uns beziehen.

Sie nutzen in Ihrer Kampagne sowohl E-Mail- als auch den Print-Kanal. Was hat sie dazu bewogen?
Wir möchten jeden unserer Kunden auf seinem präferierten Kommunikationskanal erreichen. Manche möchten lieber per E-Mail angeschrieben werden, andere bevorzugen einen Brief, ein Dritter mag angerufen werden. Wir bieten daher die Möglichkeit, die Kommunikationspräferenzen in einem Preference Center anzugeben.

Wie sind E-Mail und Print anteilsmäßig in etwa verteilt?
Für ganz Deutschland kann man im Moment pauschal sagen, dass circa 40 Prozent der Kunden eine Kommunikation per E-Mail erhalten. Der Rest verteilt sich auf andere Kanäle, wie eben postalische oder Telefonkommunikation.

Weniger als die Hälfte Ihrer Kunden wünschen E-Mails!?
Ja, das setzt sich aus unterschiedlichen Punkten zusammen. Aus Grenke-Sicht ist die E-Mail selbstredend der präferierte Kommunikationskanal - nicht zuletzt aus Nachhaltigkeitsgründen. Oftmals liegt aber keine E-Mail-Adresse vor. Außerdem ist es im B2B-Geschäft auch nicht selten der Fall, dass zentrale Postfächer wie beispielsweise "info@"-Adressen vorliegen, die nicht eindeutig einem Ansprechpartner im Unternehmen zuzuordnen sind. In solchen Fällen ist die Postadresse vielversprechender. Ein Brief mit Klarnamen wird intern richtig weitergeleitet. Man darf unsere Quoten aber nicht verallgemeinern. Wir bewegen uns in einem B2B-Umfeld. Im direkten Verbraucherkontakt kann das ganz anders aussehen. Dort lassen sich E-Mail-Adressen zum Beispiel viel einfacher einer Person zuordnen, weil kaum allgemeine Adressen verwendet werden.

Apropos Zielgruppen: Sprechen nach Ihrer Erfahrung manche Gruppen besonders gut auf einen bestimmten Kanal an?
Wir haben eine sehr heterogene Kundenstruktur, was sich dadurch ableiten lässt, dass unsere Finanzierungsangebote sehr breit gefächert sind. Sie reichen von der IT-Ausstattung über den Kopierer und der Kaffeemaschine bis zur Büropflanze. Genauso haben unsere Kunden ganz verschiedene betriebliche Hintergründe - vom Klein- und Familienunternehmen bis zum großen Mittelständler. Deshalb ergibt es Sinn, diese Kunden nicht alle gleich anzusprechen, sondern zu segmentieren und eine personalisierte Ansprache zu gestalten.

Zur Person

Isabell Rösch verantwortet die crossmediale Strategie zur Kundenbindung und -entwicklung bei Grenke. Sie startete bei Grenke zunächst in einer operativen Rolle als Customer Relationship Management Specialist. Zuvor sammelte sie beim Fashion-Retailer Orsay CRM- und Bestandskundenmarketing-Erfahrung in der B2C-Welt.

Wir sehen Unterschiede in der Reaktion einzelner Segmente auf unsere Kampagnen. Ein simples Beispiel hierfür ist ein Segment, welches Kunden beinhaltet, die nicht über einen Händler, sondern über einen Direktkontakt in den Grenke-Kundenstamm gekommen sind. Das bedeutet, dass sie in der Vergangenheit schon Kontakt mit unserem Vertrieb hatten. Daran können sie sich in der Regel auch noch gut erinnern. Diese Kunden sprechen wir natürlich anders an als diejenigen Kunden, die noch gar keinen Kontakt zu uns hatten.

Sie haben gesagt, dass Sie selbst Ihre Kunden am liebsten per E-Mail kontaktieren. Was spricht für diesen Kanal?
Für uns gilt: Digital first! Wenn es einen sinnvollen digitalen Weg gibt, mit den Kunden so persönlich wie möglich zu interagieren, dann hat dieser immer den Vorrang. Das hat mit Effizienz-, aber auch mit Nachhaltigkeitsaspekten zu tun. Wir streben es an, Papier nur dann einzusetzen, wenn es nachweislich notwendig ist. Zum anderen sind digitale Kanäle aber auch deutlich besser mess- und nachvollziehbar. Wir erleben Reaktionen und Öffnungsraten viel unmittelbarer und können sie in der Kommunikation schneller berücksichtigen. Aber auch hier spielen wieder Besonderheiten aus der B2B-Welt hinein. Wenn wir beispielsweise einen Selfmailer oder eine Postkarte an eine Privatperson schicken würden, könnten wir mit ziemlich großer Sicherheit davon ausgehen, dass der Empfänger sie auch gesehen hat. Im B2B-Umfeld ist das anders: Hier kann es vorkommen, dass die Sendung schon im Vorzimmer entsorgt wurde, ohne dass der Entscheider sie zu sehen bekam. Deshalb hat die digitale Öffnungsrate hier für uns einen höheren Stellenwert und die können wir bei einer E-Mail besser messen.

Von Programmatic Printing wird gerne behauptet, es ließe sich ebenso nahtlos in digitale Marketingprozesse einbinden wie ein digitales Medium. Wie ist Ihre Erfahrung?
Das würde ich grundsätzlich bejahen, allerdings mit kleinen Einschränkungen. Insgesamt war die Einbindung in unser Marketing Automation System sehr einfach. Ich habe ähnliche Erfahrungen auch schon im B2C-Bereich gemacht. Die technische Umsetzung macht mittlerweile kaum noch Aufwand. Ich würde sogar sagen: im Gegenteil. Wer schon herkömmliche Mailings umgesetzt hat, wird seinen Aufwand schnell reduzieren können.

Ausgangslage
Ein Großteil der Leasingverträge wird durch Partner (meist Händler) vermittelt.
Dabei zeigt sich, dass für KundInnen meist das zu leasende Objekt sowie der Händler im Fokus steht. Der Finanzierungsdienst­leister wird nur wenig wahrgenommen.
Dadurch liegt wertvolles Potenzial brach: Obwohl die Kunden positive Erfahrung mit der Grenke-Finanzierung gemacht haben, taucht die Firma bei weiteren Finanzierungsfragen nicht im Relevant Set auf.

Umsatzung
Bei Vertragsschluss wird der präferierte Kommunikationskanal abgefragt.
Maximal einen Monat später bittet Grenke um Teilnahme an einer Umfrage zur Kundenzufriedenheit. Zugleich macht sich Grenke proaktiv beim Kunden bekannt.
Die Mailings sind personalisiert und die Ansprache an drei Kundensegmente individualisiert.
Reagiert der Kunde nicht auf die Mail, wird im Lettershop ein Selfmailer (Print) erzeugt.


Adressen selektieren, Mailing-Varianten erstellen, postalische Aspekte abstimmen, Druckerei und Versanddienstleister koordinieren, Druckvorlagen freigeben und den Versand anschließend kontrollieren - das alles erfordert durchaus einen erheblichen Aufwand, der bei einer programmatischen Lösung entfällt. Das ist schon eine merkliche Erleichterung und schafft Kapazitäten für weitere Tests und Verbesserungen. Was sich dann aber nicht so nahtlos einbettet, ist das eben schon besprochene Responsethema. Wir messen deswegen ganz klassisch mit Kontrollgruppen, um einen Uplift-Vergleich zu sehen. Es gibt also immer eine Gruppe, die nicht mit der Kommunikation bespielt wurde und deren Verhalten wir mit der anderen Gruppe vergleichen. Auf diese Weise lässt sich auch die Performance der einzelnen Kanäle, Tests und Varianten vergleichen. Die Gesamtperformance kann man so messen. Aber bei anderen Kennziffern - etwa dem Klickverhalten oder der Öffnungsrate - stößt man bei Print naturgemäß an Grenzen. Selbst bei einer Incentivierung ist die Response über Print nicht so direkt wie bei einem digitalen Medium. Das sind Einschränkungen, die das Medium Papier mitbringt. Daran kann auch Programmatic Printing nichts ändern.

Wie schwierig war es für Sie, sich erst einmal in das Print-Thema einzufuchsen?
Ich selbst hatte in der Vergangenheit schon Berührung mit Print und kannte das gesamte Vorgehen aus einer Zeit, als es noch wenig Automation gab. Das bedeutete: Staffelpreise selbst errechnen, Segmente auswählen, verschiedene Personalisierungen erstellen, prüfen und freigeben, Drucker und Post koordinieren, Versandslots buchen und schließlich versenden. Das war jedes Mal ein kleines Projekt. Dieser ganze Aufwand entfällt nun komplett. Klar, auch heute muss man die wichtigsten Begriffe und Regeln der Print-Welt einmal gehört und verstanden haben. Aber vieles erschließt sich recht schnell.

Wie viel Zeit mussten Sie aufwenden, bis Ihre jetzige Kampagne so weit auf der Spur war, dass sie lief und erste Learnings hinter Ihnen lagen?
Es hat schon einige Zeit gedauert, bis wir erste Erkenntnisse nachweislich sehen konnten. Das liegt aber vor allem auch daran, dass wir ein relativ langwieriges Geschäft betreiben. Von einem Kundenerstkontakt bis zum Vertragsabschluss dauert es, und auch ein Vertrag erstreckt sich über mehrere Jahre. Entsprechend lange müssen wir auf finale Ergebnisse warten. Wir haben mehrere Monate getestet und ausprobiert, und auch das jetzige Set-up wird stetig optimiert.

Wie gehen Sie bei der Optimierung vor? Bekommen Sie Beratung oder probieren Sie selbst?
Am wichtigsten ist: Test and learn. Das beginnt bei den Selektionskriterien, geht über Kommunikationskanäle, Gestaltung, Tonalität bis hin zu den Printformaten, bei denen man sich die Frage stellt: Brief, Selfmailer oder Postkarte? Wir haben das Feedback erhalten, dass ein geschlossenes Format - also ein Kuvert oder ein Selfmailer-Format - bei unserer Kundengruppe deutlich besser ankommt, als beispielsweise eine Maxi-Postkarte. Eine geschlossene Sendung wirkt weniger werblich und dadurch seriöser. Aber auch hier gilt: Jedes Unternehmen, jede Kundengruppe und jede Branche tickt anders. Je nach Branche und Kundengruppe kann es sein, dass eine Maxi-Postkarte mit einem tollen Angebot vielleicht besser funktionieren würde als ein Selfmailer. Sobald es um vertrauliche Daten geht, werden nach unserer Erfahrung aber geschlossene Formate mit wenig Informationen außen und vielen, detaillierten und personalisierten Information innen bevorzugt. Bei Grenke kommt noch dazu, dass wir international in mehr als 30 anderen Märkten tätig sind. Jeder Markt - und dort wiederum jede Kundengruppe - reagiert anders. Ich kann also gar nicht ausschließen, dass in unserem Fall beispielsweise in einem bestimmten Land eine Postkarte besser als der Selfmailer funktionieren würde. Das werden wir jetzt herausfinden.

Über das Unternehmen

Grenke wurde 1978 von Wolfgang Grenke gegründet und firmiert heute als Aktiengesellschaft mit Sitz in Baden-Baden. Das Kerngeschäft des Unternehmens ist Leasing von Produkten der Bürokommunikation. Daneben ist Grenke im Bereich Factoring tätig und verfügt über eine Banklizenz. Die Service-Palette der Grenke-Gruppe deckt zum einen das Small Ticket Leasing und Factoring ab und zum anderen - über die Grenke Bank AG - als digitale Bank das klassische Business Banking für kleine und mittlere Unternehmen.


Gibt es ein Learning, von dem sie gerne früher gewusst hätten?
Ein Basic ist: Man sollte immer beachten, dass der Printkanal andere Wirkungszeiträume hat. Das beginnt schon bei Druck und Versand, hält aber auch noch an, wenn das Mailing schon zugestellt ist. Print hat einfach eine andere Reaktionsgeschwindigkeit. Bei einer E-Mail kann man in der Regel nach drei Tagen ein valides Ergebnis messen. Bei Print ist das nicht möglich. Diesen Umstand muss man unbedingt bedenken, um keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Und natürlich muss das Tempo auch zum Geschäftsmodell und der Kampagne passen. Ein Gutschein oder ein Rabatt muss beispielsweise entsprechend lange gültig sein. Wenn man sich also dazu entschließt, den Weg in Richtung Programmatic Print zu gehen, hat dies auch zur Folge, dass die Messung angepasst werden muss.

Was planen Sie für die Zukunft auszuprobieren?
Unser Ziel ist es, jeden Kunden durch Marketing-Automation bestmöglich anzusprechen und mit den richtigen Infos zur richtigen Zeit über den richtigen Kanal zu versorgen. Wir probieren uns entlang der der Customer Journey und werden so beispielsweise Aktivierungskampagnen testen, um zu sehen, an welcher Stelle der Customer Journey oder bei welcher Kundenaktivität wir uns bestmöglich ins Spiel bringen können. Daran werden wir - neben der Internationalisierung bestehender Kampagnen - als nächs­tes arbeiten. Außerdem arbeiten wir natürlich an der ständigen Verbesserung unserer bestehenden Kampagnen. Wir wollen die Personalisierung vorantreiben und unsere Daten diesbezüglich optimieren.

Indem Sie die verschiedene Branchen individuell ansprechen?
Exakt. Wir haben einige Möglichkeiten, wie beispielsweise nach Branchen, Vertragsdauer, Objektkategorie, etc. zu clus­tern und auszuspielen. Deshalb haben wir noch einiges an Potenzial, um auszuprobieren und zu personalisieren.

Das Gespräch führte Dominik Grollmann

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