25.11.2015 - Der Programmflyer der diesjährigen dmexco hat es gezeigt: Da stehen wir mal wieder und krempeln die Welt um. Ein Superlativ jagt den nächsten: Bridging Worlds, Bridging Imagination. Ein Freiraum-Beitrag von Matthias Postel, CEO von iCompetence.
Wir verbinden alte und neue Welt, transformieren digital am Point of Sale, platzieren Marken erfolgreich, machen erfolgreiche Kampagnen, werden ein Love Brand oder verlieben uns in die Customer Data. Wir bekommen einen Performance-Uplift und schauen Advanced TV. Alles weist nach oben und voran. Die Zukunft ist analysierbar und wir sind uns sicher: in jedem Fall besser. Wir Helden.
Und dann schaffen wir es nicht, uns auf einen einzigen Begriff zu einigen. Was optimieren wir hier eigentlich? Multi-Channel? Omni-Channel? Cross Device oder doch Cross Plattform, wahlweise auch Multi- oder Omni-Plattform? Nehmen wir den Weg als Messeinheit oder den Ort, das "Device"? Babylonische Sprachkonfusion einer Branche, in der jeder sein eigenes Beratungssüppchen kocht.
Eigentlich könnte es uns ja egal sein. Hauptsache, wir haben ein paar groß klingende Ausdrücke im Gepäck, seien es omni, multi und plattformübergreifend. Doch das Gegenteil ist der Fall: Was hier passiert, ist kein linguistisches Problem, sondern das Grundproblem des ganzen "Omnichannel"-Business. Denn wie will man all die Kanäle zusammenbringen, die traditionell am unterschiedlichen Sprachgebrauch kranken - unser Unternehmen predigt seit Jahren die Notwendigkeit eines unternehmensweit einheitlichen Sprachgebrauchs für eine saubere Datenbasis (i.e. Single Point of Truth / SPoT) - wenn noch nicht mal die Experten in der Lage sind, sich auf eine Sprache zu einigen? Ob es dann das Endgerät oder doch der Kanal ist, oder vielleicht ja auch beides, mag auf den ersten Blick nicht relevant scheinen, ist letztendlich aber doch verschieden genug, um für Chaos zu sorgen.
Nein, nicht im Ernst Esperanto. Aber die Grundidee dahinter ist richtig. Wenn wir einem Unternehmen die richtige Sprache für Omni-Channel-Handel und Omni-Channel-Analyse beibringen wollen, müssen wir sie erst mal selbst lernen. Wir brauchen einen übergreifenden einheitlichen Sprachgebrauch, sonst stürzt unser wunderbarer digitaler Datenturm irgendwann so geschichtsträchtig zusammen wie der zu Babel.
Doch die Forderung "lernt endlich sprechen" hilft hier auch nicht weiter - denn solange jeder seine eigene Sprache definiert, wird das Chaos nur größer, nicht kleiner. Die Branche als Ganze braucht einen einheitlichen Sprachgebrauch für einen internationalen Single Point of Truth, sonst bleibt Erfolg ein schöner Zufall.
Wenn wir Unternehmen in der Sprachfindung für die eine Datenwahrheit beraten, fragen wir in der Regel nach dem bislang unternehmensüblichen Sprachgebrauch der verschiedenen Abteilungen - und stoßen schon hier auf zum Teil überraschend große Differenzen. Dann analysieren wir die zukünftig anvisierten Kanäle und die international üblichen - und zum Teil auch durch die Toolhersteller definierten - Begriffe. Die Aufgabe, vor der die Online-Branche steht, ist ungleich größer, denn sie muss international denken. Schon im Kleinen stellt der Prozess Unternehmen vor große Herausforderungen: In dem Bemühen, ihre Werbemaßnahmen kanalübergreifend aufzustellen, Messungen, Analysen und Werbemaßnahmen für einen geschlossenen Blick auf die Customer Journey abzustimmen, sind sie sogar bereit, Unternehmensstrukturen neu zu denken. Der Sprache geht die Koordination und ihr die Struktur voraus.
Doch gleich den Abteilungen im Unternehmen, die im Kleinen mit den üblichen Abstimmungsschwierigkeiten ringen, stehen sich nun internationale Interessensgemeinschaften gegenüber: Hersteller, Nutzer, und jene, die für sich in Anspruch nehmen, Vordenker zu sein. Der internationale Makrokosmos zum Mikrokosmos der einzelnen Unternehmen. Und diese Frage betrifft nicht allein die dmexco mit ihren Konferenzbeiträgen und Podien, die ein hervorragender Ausgangspunkt für diese Diskussion wären, sie stellt sich auch Organisationen wie der Digital Analytics Association (DAA), die international ausbildet, Maßstäbe setzt und den Sprachgebrauch prägt.
Die Liste ließe sich um zahlreiche länderspezifische und nationenübergreifende Organisationen erweitern. Sie alle sind aufgefordert, die Notwendigkeit zu erkennen und endlich eine einheitliche Sprache zu schaffen. Wichtig ist dabei, international zu denken und zu planen. Dabei mangelt es nicht am Willen, sondern am Anstoß. Denn wer über dieses Thema noch nicht nachgedacht hat, kann sich ihm auch nicht verweigern.
Also: Experten aller Länder, werdet Euch endlich einig und definiert Eure Begriffe! Damit wir die Welten, die wir digital verbinden wollen, auch verstehen.
[k]Der Autor Matthias Postel ist Gründer und CEO der Digitalberatung iCompetence.[/k]
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