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Künstliche Intelligenz

Künstliche Intelligenz: Deutschland ist schlecht bei KI, na und?

25.11.2019 - Zahlreiche Studien sehen einen deutlichen Nachholbedarf bei Künstlicher Intelligenz (KI) in Deutschland. Ist die deutsche Wirtschaft dadurch bedroht? Nein, Deutschland hat dadurch sogar einen Vorteil, den es zu nutzen gilt.

von Oliver Schonscheck

Deutschland ist nur im Mittelfeld bei KI, so der Status quo. "Wir wollen Deutschland und Europa zu einem führenden KI-Standort machen und so zur Sicherungder künftigen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands beitragen", erklärte die Bundesregierung in ihrer "Strategie Künstliche Intelligenz". Noch scheint dafür aber einiges getan werden zu müssen. "Fast zwei Drittel unserer Fachleute sind der Auffassung, dass uns in Deutschland die Kompetenzen fehlen, KI-Technologien effizient einzusetzen", sagte VDI-Präsident Dr. Volker Kefer zum Auftakt der Hannover Messe 2019. Eine aktuelle VDI-Mitgliederumfrage zur Künstlichen Intelligenz (KI) zeichnet dieses ernüchternde Ergebnis: Nur noch 14 Prozent der Befragten sehen Deutschland in einer Führungsposition im internationalen Wettbewerb - ein Minus von 53 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. "Das deutet stark darauf hin, dass Deutschland den Anschluss im globalen KI-Wettbewerb verliert", so Kefer weiter.

Fast zwei Drittel unserer Fachleute sind der Auffassung, dass uns in Deutschland die Kompetenzen fehlen, KI-Technologien effizient einzusetzen.
(Volker Kefer, Präsident, VDI)
Volker Kefer, Präsident, VDI (Bild: HighText Verlag) Bild: HighText Verlag

Deutschland muss sich ranhalten, so werden auch die Ergebnisse der Studienreihe "Vergleich nationaler KI-Strategien zur Förderung Künstlicher Intelligenz" der Konrad-Adenauer- Stiftung (KAS) zusammengefasst . Deutschland besitzt laut der Studie große Potenziale als KI-Standort, hat eine vielschichtige KI-Strategie, liegt aber im internationalen Vergleich mit den führenden Industrienationen in mehreren untersuchten Dimensionen nur im Mittelfeld.

Folglich gelte es jetzt, die KI-Strategie der Bundesregierung entschlossen umzusetzen, teils zu schärfen und an einigen Stellen auch auszubauen. Besonderen Handlungsbedarf für Deutschland sehen die Autoren bei der Kommerzialisierung von Künstlicher Intelligenz mit Schwerpunkt auf den Mittelstand, der Einrichtung einer zentralen und digitalkompetenten Steuerungsstruktur, der Bindung und Rekrutierung von KI-Talenten, der Stärkung der Fähigkeiten im Bereich Super und Quantum Computing und dem verbesserten Zugang zu Datenpools.
Mit diesem Urteil über KI in Deutschland steht die KASStudie nicht alleine, ganz im Gegenteil. Auch die Studie "Notes from the AI frontier: Tackling Europe's Gap in Digital and AI" des McKinsey Global Institute (MGI) hat ergeben, dass Deutschland mit seiner KI-Einsatzfähigkeit im globalen Mittelfeld liegt. Auf den Spitzenreiter USA folgen Großbritannien, Schweden, Finnland, Irland, Estland und China. Zur Spitzengruppe der Top-25-Prozent gehört Deutschland bei Automation, Innovation sowie menschlichen Fähigkeiten und Kompetenzen. Unterdurchschnittlich ist laut MGI hingegen der Wert bei der Gründung junger KI-Unternehmen.

Aber: Deutsche Unternehmen sind an KI auch nur zum Teil interessiert


Für viele Unternehmen ist es aber gar kein akutes Problem, dass Deutschland keine führende Position bei KI einnimmt. Obwohl Deutschland als innovative Industrienation gilt, beschäftigt sich bislang nur knapp die Hälfte aller deutschen Unternehmen aktiv mit dem Thema "Künstliche Intelligenz" (KI), so das Ergebnis der Studie "Mind the (AI) Gap: Leadership Makes the Difference" der Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG). Demnach nutzen in Deutschland aktuell lediglich 20 Prozent aller Unternehmen konkrete KI-Anwendungen, knapp 30 Prozent entwickeln diese gerade erst.

Auch die Unternehmen in Deutschland, die sich bereits mit KI befassen, tun dies meist noch ohne übergreifende Vision für das Unternehmen, wie die Studie "State of AI in the Enterprise Survey 2019" von Deloitte besagt. So verfügen erst 26 Prozent der für die Studie befragten Unternehmen über eine umfassende, detaillierte und unternehmensweite AI-Strategie. Hier sind viele ausländische Firmen bereits weiter, wo in den Vergleichsmärkten immerhin 35 Prozent eine derartige Strategie etabliert haben.
Selbst die Unternehmen in Deutschland, die KI eine wichtige Rolle für Geschäftsmodelle in der Digitalen Wirtschaft zugestehen, glauben nicht, dass die deutsche Wirtschaft eine globale Vorreiterrolle einnehmen wird. Nur sieben Prozent der befragten Experten trauen Deutschland diese Vorreiterrolle zu, 78 Prozent glauben nicht daran, wie der Bundesverband Digitale
Wirtschaft berichtet hat.

Bremsen Bequemlichkeit, Selbstgefälligkeit und fehlender Mut Deutschland aus?

Neben der Wirtschaft hat auch die Wissenschaft in Deutschland bei KI aufzuholen, meinen Experten. Wunsch und Wirklichkeit klaffen in Deutschland bei der Königsdisziplin KI auseinander, erklärt der Technologieverband VDE. Nur zehn Prozent der Unternehmen und sieben Prozent der Hochschulen sind laut VDE-Umfrage überzeugt, dass deutsche Hochschulen in der KIForschung mit den USA und China mithalten können. Es fehlt, so die Studie, an Überzeugung, an Investments, Infrastruktur und vor allem an Experten.

Es stellt sich aber die Frage: Ist die aktuelle Situation, dass Deutschland gerade einmal im Mittelfeld der KI-Nationen angesiedelt ist, wirklich ein Problem? Um das zu beantworten, sollte man sich verdeutlichen, was KI gegenwärtig kann, welche Probleme KI selbst noch hat und wie Deutschland von der aktuellen KI-Situation sogar Vorteile generieren kann.

KI im Check: Wie steht es um KI und um KI in Deutschland?


KI ist für viele Anwendungen noch nicht reif genug
Die meisten Diskussionen zu KI in Deutschland drehen sich um die Reife von Deutschland für KI. Doch es darf nicht vergessen werden, dass KI selbst nicht so reif ist, wie es für viele Anwendungsbereiche sein müsste. Das Fehlen von KI-Anwendungen sollte also nicht nur als Problem in einem Land gesehen werden. Zum Beispiel für die Verwendung von KI in der Cyber Security stehen einem umfassenden Einsatz der Technologie noch einige nicht ganz unwesentliche Hürden im Weg. Das hat eine Umfrage von BlackBerry Cylance in Zusammenarbeit mit dem SANS Institute ergeben: Im Wesentlichen sind es zwei große Hindernisse, die dem flächendeckenden Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Cybersicherheit im Wege stehen. Diese liegen auch in unzureichend ausgereiften KIbasierten Technologien selbst und damit nicht nur im Zeitund Ressourcenmangel der betreffenden Abteilungen und Unternehmen begründet.

Wir beobachten hier oftmals eine zunächst abwartende Haltung deutscher CIOs
(Christian Werner, CEO, Logicalis)
Christian Werner, CEO, Logicalis (Bild: HighText Verlag) Bild: HighText Verlag

Die CIO-Studie von Logicalis beleuchtete ebenfalls den Einsatz von Business Intelligence, Analytics, IoT und KI in Deutschland. Christian Werner, CEO der Logicalis GmbH, kommentierte die Studie so: "Wir beobachten hier oftmals eine zunächst abwartende Haltung deutscher CIOs, bis die Lösungen ausgereifter, die Anwendungsszenarien klarer und der Nutzen offensichtlicher sind. Erst dann werden Technologien adaptiert, dies jedoch meist zielgerichteter und im Ergebnis erfolgreicher." Man kann also sagen: Deutsche Unternehmen warten nicht nur auf den richtigen Moment, sie können ihn auch für sich nutzen, denn die Vorbereitungen laufen bereits.

Deutsche Unternehmen investieren gezielt in KI

Die eingangs erwähnte Studie "Notes from the AI frontier: Tackling Europe's Gap in Digital and AI" des McKinsey Global Institute (MGI) nennt Deutschland als eines der führenden Länder bei Automation. Genau hier investieren 77 Prozent der deutschen Unternehmen und können so ihren Vorsprung in der Automation ausbauen, wie die Studie "Artificial Intelligence" von DXC Technology ergab. Stärken werden also weiter gestärkt.

Deutsche Unternehmen arbeiten an KI-Innovationen

Bundeswirtschaftsminister Altmaier berichtete von einer Rekordbeteiligung beim KI-Innovationswettbewerb des BMWi:Über 130 Konsortien aus Wissenschaft und Wirtschaft haben demnach Konzeptideen für den Innovationswettbewerb "Künstliche Intelligenz als Treiber für volkswirtschaftlich relevante Ökosysteme" des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) eingereicht. Die eingereichten Ideen stammen aus Bereichen wie Mobilität, Gesundheitswirtschaft, Industrie, Smart Living, Landwirtschaft, Handel und Bauen. Es mangelt also nicht an KI-Ideen.

Deutsche Universitäten sind nicht allesamt abgeschlagen

Welche Universitäten sind führend in der Erforschung Künstlicher Intelligenz? Das britische Magazin "Times Higher Education (THE)" hatte untersucht, wie oft die Studien der einzelnen Universitäten zitiert werden, wie viel Beachtung sie also bei anderen Forscherinnen und Forschern finden. Die Technische Universität München (TUM) steht auf Rang sechs weltweit.

Deutschland ist Teil einer KI-Initiative auf EU-Ebene

KI hat weltweite Bedeutung und sollte deshalb auch nicht nur auf nationaler Ebene bewertet werden. "Wir brauchen eine europäische Strategie", sagte Bundeskanzlerin Merkel zur Entwicklung Künstlicher Intelligenz. Die Kooperation mit Frankreich sei dabei besonders wichtig.

Im Vergleich zu anderen Regionen wie den USA oder China muss Europa bei der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz noch aufholen.
(Dr. Oliver Grün, Präsident, BITMi)
Dr. Oliver Grün, Präsident, BITMi (Bild: HighText Verlag) Bild: HighText Verlag

Dazu passend trat der Bundesverband IT-Mittelstand e.V. (BITMi) der European AI Alliance bei. "Im Vergleich zu anderen Regionen wie den USA oder China muss Europa bei der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz noch aufholen, um Schritt halten zu können, insbesondere in der praktischen Umsetzung. Dennoch stellen europäische digitale KMU bereits KI-Lösungen, auf die ihre Verbraucher vertrauen: sie bieten mehr Sicherheit, Datenschutz und eine höhere Qualität. Wir möchten diese Erfolge fördern, weiter mit relevanten Stakeholdern zusammenarbeiten und die öffentliche Diskussion über KI mit anführen. "Der European AI Alliance beizutreten wird zu dieser Mission beitragen", kommentierte Dr. Oliver Grün, Präsident des BITMi.

Empfehlung: Bei KI nicht nur abwarten, aber auch nicht einfach "Gas geben"

Was zeigen nun die zahlreichen Umfragen, Studien und Expertenkommentare? Man kann zur KI-Lage der Nation folgendes sagen:
  • Deutschland gehört gegenwärtig nicht zu den führenden KI-Nationen, es fehlt insbesondere an den KI-Anwendungen.
  • Allerdings sind KI-Anwendungen auch nur bedingt möglich, denn KI-Technologien sind selbst nicht so reif, wie sie für ihren praktischen Einsatz sein müssten.
  • Wer jetzt KI-Anwendungen vorantreibt, hilft dabei, dass praktische Erfahrungen gesammelt werden. Wirtschaftliche Erfolge sind dabei aber nicht garantiert.
  • Die Wirtschaft in Deutschland zeigt sich abwartend, die Forschung jedoch ist nicht so abgeschlagen, wie manchmal behauptet wird.
  • Wenn Ideen ausgereift und damit marktreif sind, ist der Moment da, in dem es auf die richtige Position auf dem Markt ankommt. Darauf muss sich die deutsche Wirtschaft vorbereiten, dabei bringt es mehr Vorteile, auf KI-Lösungen hoher Qualität zu setzen, als einfach nur "vorne bei KI dabei zu sein".

Es kommt darauf an, Künstliche Intelligenz genau im Auge zu behalten, selbst KI-Forschung zu betreiben und mit reifen KI-Technologien wirtschaftlichen Erfolg zu haben. Der Einsatz nicht ausgereifter KI bringt Erfahrung, kostet aber viel Aufwand und bringt auf längere Sicht wenig wirtschaftliche Vorteile. Es ist also nicht schlimm, wenn man im Mittelfeld bei KI ist, wenn man darauf achtet, zum richtigen Zeitpunkt aufzuschließen.

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