03.12.2015 - Die Werbungtreibenden in Deutschland beklagen sich über ungeeignete Reportings im Bereich Programmatic- und Realtime Advertising. Wir haben uns bei Programmatic-Experten und Agenturen umgehört, woran das liegen könnte.
Die werbenden Unternehmen blicken optimistisch auf das Jahr 2016. Sie rechnen mit höheren Umsätzen und wollen ihre Werbeausgaben steigern, hieß es im November bei der Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM). Dabei beschäftigt die Unternehmen aber offenbar das Thema Transparenz. 41 Prozent der befragten OWM-Mitglieder vermissen Einblicke in die Arbeitsweise und das Abrechnungsmodell ihrer Agentur und nur 16 Prozent geben an, geeignete Reportings zu Realtime Advertising (RTA) und Programmatic Advertising zu erhalten. OMW-Geschäftsführer Joachim Schütz zu den Ergebnissen: "Die Aussagen unserer Mitglieder zeigen, dass ein Graben besteht, der überwunden werden muss. Um den Missstand zu beheben, arbeitet bei der OWM derzeit eine Taskforce Transparenz an verschiedenen Maßnahmen. Dazu zählen unter anderem die Überarbeitung der Musterverträge, die Nachschärfung des Code of Conducts sowie Workshop-Angebote für unsere Mitgliedsunternehmen."
Offenbar gibt es noch gewisse Übersetzungsprobleme in den Programmatic-Mechaniken. Hendrik Kempfert, Commercial Director DACH bei dem dänischstämmigen Ad-Tech-Anbieter Adform, der auch eine an Agenturen und Werbetreibende angeschlossene Demand-Side-Plattform (DSP) betreibt, sagt dazu: "Leider können viele Anbieter die gewünschte Transparenz, die sich mit der Nutzung von RTA technisch eigentlich ergibt, nicht ohne Weiteres wiedergeben. Anstatt wie früher ein Reporting nach Gewicht des Werbemittels zu bekommen - also - `x` Ad Impression mit 100 KB, `y` mit 500 KB und `z` mit 2 MB -, erhält der Kunde über die DSP heute die Summe aus x, y und z als Rich Media in einem Betrag. Das Problem des "nicht Könnens" liegt meiner Meinung nach vor allem daran, dass die aus dem normalen Adserving erlebten und gewohnten KPIs teilweise von den Realtime-Advertising-Anbietern gar nicht oder nur teilweise unterstützt werden. Denn diese kommen aus den USA und kennen solche Wünsche nach KPIs schlichtweg nicht. Das heißt, sie müssen erst noch nachrüsten. Gerade europäische Anbieter hingegen gehen hier für ihre Kunden deutlich tiefer ins Detail. Einfordern sollten die Werbungtreibenden die detaillierten Reportings allemal. Und wenn Anbieter diese nicht liefern können oder wollen, sollte man schnellstens wechseln."
Frank Bachér, Managing Director bei dem amerikanischen Automation-Anbieter Rubicon Project, der an verschiedene DSPs angeschlossen ist, meint: "Die großen Plattformen im Programmatic Advertising liefern auf der Einkaufs- und Verkaufsseite alle relevanten Kampagneninformationen in entsprechenden Reportings. Es stellt sich von daher die Frage, ob die Agenturen aus Ressourcenmangel die entsprechenden Reportings den Werbungtreibenden nicht zur Verfügung stellen. Aufgrund der Vielzahl an Devices und Systemen müssen die Zahlen erst zusammengeführt werden. Vielleicht haben einige Agenturen aber auch aufgrund ihres Einkaufsverhaltens kein Interesse an der Transparenz ihrer Media-Transaktionen. Aus unserer Sicht bietet Programmatic Advertising alle relevanten Kampagnen-Informationen, und wir unterstützen jede Initiative, die die Transparenz besonders auch für Werbungtreibende erhöht."
Viktor Zawadzki, Geschäftsführer DACH beim amerikanischen DSP-Anbieter Mediamath, sagt: "Die Zahlen zeigen uns, dass der Großteil Werbetreibender einen großen Bedarf hat, geeignete Online-Marketing-KPIs, ein geeignetes Framework, entsprechende Mechanismen und abgeleitete Handlungsanweisungen zu definieren, um Ausgaben fürs Online-Marketing seinen Kostenstellen zuzuordnen und den Erfolg zu messen. Prinzipiell können wir alles messen. Das Ergebnis der Umfrage zeigt aber, dass es schwierig ist, die gemessenen Resultate in Online-Marketing-KPIs zu evaluieren. Pixellogiken, Look Back Windows, Offline-Spillover-Effekte, Earned Media, ROPO-Effekte etc. führen zu einer hohen Komplexität und verzerren die klassischen Kennzahlen wie CPO, ROI oder CPC. Dies kann zu einem Punkt führen, bei dem eine Aussteuerung auf ein bestimmtes, scheinbar gutes Online-KPI sogar schädigend und sich eher negativ auf die Entwicklung des Unternehmens auswirken kann."
Offenbar haben die Anbieter also noch einige Hausaufgaben zu erledigen. Aber ob die Unzufriedenheit der Werbungtreibenden aus unkooperativen Agenturpartnern resultiert oder den eigenen Ansprüchen geschuldet ist, hängt sicherlich auch vom Einzelfall ab. (db)
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